Die zweite VBE-Fachtagung für Schulaufsicht, Schulverwaltung und Schulleitung in Fellbach kann der VBE als vollen Erfolg verbuchen. Bei der gut besuchten Veranstaltung kamen Schulpraktiker, Beamte und Gäste aus Politik und Wissenschaft ins gemeinsame Gespräch. Gerhard Brand, Landesvorsitzender des VBE Baden-Württemberg, hielt eine lebhafte Eröffnungsrede, die mit musikalischen Einlagen bereichert wurde. Als Hauptrednerin präsentierte Kultusministerin Susanne Eisenmann neue Einsichten zum Qualitätskonzept und zum Umbau in der Kultusverwaltung.
Rund 200 Besucher folgten der Einladung des VBE Baden-Württemberg in die Schwabenlandhalle. Neben der Kultusministerin konnte der Landesvorsitzende Gerhard Brand weitere hochrangige Vertreter aus der Bildungspolitik, Bildungsforschung und Bildungsverwaltung begrüßen. Moderatorin Tina Kraus führte humorvoll und charmant durch den Tag. Als Landesvorsitzender des VBE Baden-Württemberg war es Gerhard Brand vorbehalten, den Reigen der Rednerinnen und Redner zu eröffnen.
Brand mahnt zunehmenden Druck im Bildungssystem auf der VBE-Fachtagung an
Brand mahnte, „der Druck im Bildungssystem steigt, nicht nur im Lehramt, sondern auch in den Leitungs-, Aufsichts- und Verwaltungspositionen“. Als Gründe nannte er zum einen die steigende Aufgabendichte: „eine Flutwelle von Abfragen kommt auf die Schulen zu“. Zum anderen verwies Brand auf den anhaltenden „Personalmangel in allen Bereichen“. Eindrücklich beschrieb Brand die Missstände im Schulwesen: „die Arbeitsbedingungen an den Schulen sind bekannt. Über die Unterversorgung an den Grundschulen und den Sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentren besteht kein Zweifel. Über den regional unterschiedlich auftretenden Mangel in den Haupt- und Werkrealschulen und Realschulen, sowie an den Gemeinschaftsschulen ebenfalls nicht.“
Brand wies allerdings darauf hin, dass nicht nur in den Schulen Personal fehlt, sondern auch in den zuständigen Behörden: „Die Arbeitsbedingungen an den Staatlichen Schulämtern und in den Regierungspräsidien und an anderen Behörden sind Wenigen bekannt. Und dennoch sind sie nicht weniger von Bedeutung und nicht weniger prekär in der personellen Ausstattung“. Angesichts der Personalnot in allen Bereichen des Bildungssystems, forderte der VBE-Vorsitzende zum gemeinschaftlichen und vertrauensvollen Handeln auf und „die einen nicht auf Kosten der anderen zu versorgen. Nur gemeinsam, im vertrauensvollen Umgang miteinander kann die aktuelle Misere bewältigt werden. Nur wo Vertrauen herrscht kann Bildung gelingen!“
Nachbesserungen beim Qualitätskonzept gefordert
Als guter Gastgeber fand Brand in seiner Eröffnungsrede auch lobende Worte für die anwesende Kultusministerin: „Heute vor einem Jahr standen Sie hier, bei der ersten VBE-Fachtagung und haben uns zugesagt, sich um die Schulleitungen zu kümmern. Sie haben Wort gehalten, das Konzept liegt vor. Respekt!“ Der VBE-Chef lobte einzelne Punkte des Konzepts und forderte zugleich Nachbesserungen: „Hervorragend ist, dass die Leitungen kleiner Grundschulen endlich eine Besoldungsstufe aufsteigen. Dennoch muss die Bemessungszahl von 41 Schülern an Grundschulen, für die Einstufung der Schulleitung nach A 13, fallen. Durch den Wegfall der Bemessungszahl entstehen keine nennenswerten Kosten für den Landeshaushalt.“
Die Einführung einer Zulage für kommissarische Schulleitungen begrüßte Brand sehr. Wenig Verständnis zeigte er dagegen für die Wartefrist von drei Monaten für Lehrkräfte und von vier Monaten für stellvertretende Schulleiter bevor die Zulage greift. Applaus spendete Brand für die Absenkung der Bemessungszahlen für ein Konrektorat. Damit alle Schularten profitieren, forderte Brand „die zweite Stufe des Qualitätskonzepts rasch umzusetzen: Erhöhung der Leitungszeit und Abbau der Schulverwaltungsassistenz für große Schulen.“
Abschließend betonte Brand die wertvolle Arbeit aller Mitarbeiter der Verwaltung, aller weiteren Beschäftigten, der Schulräte und Schulamtsdirektoren in den Staatlichen Schulämtern und in den Regierungspräsidien. Ebenso die Arbeit von Regierungsschulräten und Regierungsschuldirektoren, Regierungsräten und Regierungsdirektoren, Abteilungsleitern beziehungsweise Schulpräsidenten in den Regierungspräsidien. „Sie stehen weniger im Scheinwerferlicht und gerade deshalb muss die immense Bedeutung, die die Arbeit dieser Menschen für gelingende Bildung ausmacht, hervorgehoben werden. Sie schaffen die Rahmenbedingungen, damit das stattfinden kann, was wir Bildung nennen!“
Kultusministerin präsentiert neues Qualitätskonzept
Kultusministerin Dr. Susanne Eisenmann lobte in ihrer Rede die Leistung aller Lehrerinnen und Lehrer sowie aller Schulleiterinnen und Schuleiter in Baden-Württemberg: „Schulqualität stellt und fällt mit der Arbeit der Schulleitung und der Lehrer. Unsere Zielsetzung ist es, sie in ihrer Arbeit zu unterstützen!“ Entscheidend sei es „einheitliche, wissenschaftliche Standards zu entwickeln, um wirkungsvolle Unterstützungssysteme aufbauen zu können“.
Neben den Unterstützungssystemen nannte Eisenmann die Stärkung der Kernkompetenzen Lesen, Schreiben und Rechnen als zweiten Schwerpunkt des Konzepts. Damit einhergehend sei eine neue soziale Bildungspolitik geplant: „Bildungspolitik ist immer auch Sozialpolitik!“. In Baden-Württemberg gäbe es „eine erschreckend große Gruppe von leistungsschwachen Kindern.“ Um den zu begegnen, will die Ministerin 80 Million Euro für den „Pakt für frühkindliche Betreuung und Erziehung“ aufwenden.
Eisenmann gesteht Planungsfehler beim Thema Lehrermangel
Als dritten Baustein ihres Qualitätskonzepts will Eisenmann neue Studienplätze für Lehramtsstudenten schaffen. Beim Thema Lehrermangel gestand die Kultusministerin Versäumnisse der Politik: „die Lehrerversorgung in Baden-Württemberg ist grenzwertig“. Die CDU-Politikerin verwies darauf, dass Baden-Württemberg momentan mit einer „Pensionierungswelle ungeahnten Ausmaßes“ zu kämpfen habe, teilweise müssten doppelt so viele Lehrer ersetzt werden als in normalen Jahrgängen. Eisenmann gestand, dass dies „auch auf eine Fehlplanung des Ministeriums“ zurückgehe und gelobte Besserung. Abschließend bedankte sich die Ministerin beim VBE Baden-Württemberg für seine professionelle Arbeit und die konstruktiven wenn auch meist ungemütlichen und kritischen Beiträge des Verbands zur Bildungspolitik.
Lebhafte Podiumsdiskussion
In der anschließenden Podiumsdiskussion wurde das Qualitätskonzept und der Umbau in der Kultusverwaltung kontrovers diskutiert. An der Diskussion beteiligten sich neben dem VBE-Landesvorsitzenden Brand: Volker Schebesta MdL (Staatssekretär im Kultusministerium), Prof. Dr. Hans-Georg Kotthoff (Bildungsforscher an der PH Freiburg), Maximilian Groß (Stellv. Amtsleitung SSA Albstadt) und Florian Frank (Schulleiter einer Grund-, Werkreal- und Realschule).
Ein zentraler Streitpunkt war das neue Zentrum für Schulqualität und Lehrerbildung (ZSL) und die Trennung von schulischer Beratung und Aufsicht. Brand erklärte, dass der VBE grundsätzlich gegen eine solche Trennung sei. Frank äußerte Zweifel, ob ein zentralisiertes Institut einen vertrauensvollen Kontakt zu den lokalen Schulstandorten aufbauen könne. Prof. Kotthoff wies darauf hin, dass mit dem Qualitätskonzept Standards in Baden-Württemberg umgesetzt würden, die international längst üblich seien. Groß sprach sich für konkrete Erleichterungen in der täglichen Arbeit von Schulleitungen aus, z. B. durch moderne und vor allem gut funktionierende Verwaltungssoftware. Staatssekretär Schebesta forderte die Runde dazu auf, das neue Qualitätskonzept gemeinsam mit dem Kultusministerium weiterzuentwickeln und auszugestalten.
Besucher mit Fachtagung rundum zufrieden
Zum Abschluss der Tagung hielt die renommierte Psychologin Monika Matschnig einen mitreißenden Vortrag über Körperhaltung und professionelles Auftreten. Matschnig gab wertvolle psychologische Tipps für eine positive Ausstrahlung und Körperhaltung. Hinweise, die die Rednerin offenbar selbst verinnerlicht hat, bestach sie doch durch ihr kompetentes und charmantes Auftreten.
Die Teilnehmer zeigten sich mit der Veranstaltung rundum zufrieden und diskutieren im Forum der Tagungshalle munter weiter. Gastgeber und VBE-Landesvorsitzender Gerhard Brand begrüßte den regen Meinungsaustausch und zog nach vielen Einzelgesprächen und geschüttelten Händen ein begeisterteres Fazit: „eine schöne Veranstaltung und ein positives Zeichen für die Bildungsarbeit in Baden-Württemberg“.
Alle Bilder von Herrn Michael Gomolzig. Sehen Sie unten stehend einige Impressionen. Beim Klicken auf das jeweilige Bild können Sie es auch in einer großen Ansicht sehen.