– Sitzenbleiber fallen nicht plötzlich vom Himmel
Stuttgart. „Wenn es nach Auffassung der politisch Verantwortlichen noch immer zu viele Sitzenbleiber gibt, sollte man nicht das Sitzenbleiben abschaffen, sondern das pädagogische `Frühwarnsystem´ ausbauen und den Schülern rechtzeitig ausreichende Unterstützungsangebote machen“, sagt Gerhard Brand, der Vorsitzende des Verbandes Bildung und Erziehung (VBE) Baden-Württemberg. Es gehe auch nicht darum, Jagd auf Schuldige zu machen, sondern die Bedingungen an den Schulen so zu verändern, dass die Zahl der Sitzenbleiber weiter reduziert werden könne und zwar nicht durch ein Absenken des Niveaus, sondern durch eine frühzeitige Förderung, denn „Sitzenbleiber fallen nicht plötzlich vom Himmel“. Die Probleme tauchten in der Regel lange vor der Versetzungsentscheidung auf.
Brand forderte die Politik auf, mehr und nicht weniger für die Bildung zu tun. Und da die Politik Elternhäuser nicht per Erlass verändern könne, müssten die Stellschrauben in Kindergarten und Schule so gedreht werden, dass schulische Bildung auf ein solides Fundament gestellt werden könne, sagt Brand. Dazu sei es notwendig, die Gruppengröße in den Bildungseinrichtungen spürbar zu verringern, damit Schwächere intensiver individuell gefördert werden können. Schulfrust entstehe auch, weil in manchem Elternhaus der Bildung ein zu geringer Stellenwert eingeräumt werde. Es sei daher richtig, bereits in den Kindergärten verstärkt mit der Elternarbeit zu beginnen. Schulisches Lernen müsse nicht nur in den Köpfen der Bildungsbürger, sondern gerade bei bildungsferneren Familien als sehr wichtig für die künftige Lebenssituation der jungen Menschen angesehen werden. Ärgerlich sei, dass die Notwendigkeit früher Unterstützungssysteme von keinem Politiker mehr geleugnet werde, die Umsetzung jedoch an den viel zu knappen Haushaltsmitteln scheitere. Wer wirklich etwas verändern wolle, müsse eben auch Geld in die Hand nehmen, so Brand. Prävention sei schon immer besser gewesen, als ungute Sachverhalte einfach zu ignorieren und im Nachhinein ein großes Lamento anzustimmen.
24. Februar 2013