77. Jahrestag der Befreiung des deutschen NS-Konzentrations- und Vernichtungslagers Auschwitz

Holocaust, 27. Januar, Tag des Gedenkens

„Wenn sich die Shoah im Vergleich zu allen anderen Völkermorden vor allem durch ihren zutiefst programmatischen, logistischen, fast industriellen Charakter auszeichnete, dann erreichte sie in Auschwitz ihren Höhepunkt“, sagte der Direktor der Auschwitz-Gedenkstätte Dr. Piotr M. A. Cywiński im Rahmen der Feierlichkeiten zum Internationalen Holocaust-Gedenktag am 27. Januar, der den Jahrestag der Befreiung des Lagers Auschwitz markiert.

 

Aufgrund der Corona-Pandemie konnte nur eine kleine Gruppe von Gästen, hauptsächlich Überlebende, an der Gedenkfeier am Ort des ehemaligen Konzentrations- und Vernichtungslagers teilnehmen. Das Leitmotiv des 77. Jahrestages ist der Beginn der Vernichtung im deutschen NS-Lager Auschwitz, die im Frühjahr 1942 einsetzte.

Das Jahr 1942 war entscheidend für die Funktion des Lagers als Vernichtungszentrum. Im Frühjahr desselben Jahres begannen die Deutschen mit Massendeportationen von Juden nach Auschwitz. SS-Ärzte begannen mit Selektionen unter den deportierten Juden an der Entladerampe, und die Lagerleitung beschloss, zwei provisorische Gaskammern in der Nähe von Auschwitz einzurichten, drei Kilometer entfernt entstand so ein zweites Lager: Birkenau (Auschwitz II). Nach einem Besuch von SS-Reichsführer Heinrich Himmler im Juli 1942 begann schließlich der Bau von vier industriellen Krematorien und Gaskammern. Bis November 1944 diente das Lager als eine „Fabrik“ des Massenmordes, in dem Transporte aus ganz Europa ankamen. Der Großteil der Deportierten war Juden, die sofort nach ihrer Ankunft in die Gaskammern geführt wurden. Nur ein kleiner Teil überstand die Selektion und wurde zur Zwangsarbeit im Lager selbst oder in den Rüstungsfabriken der umliegenden Nebenlager geschickt.

Überlebender schildert Ankunft im Vernichtungslager

In einer ergreifenden Rede schilderte der ehemalige Lagerinsasse Bogdan Bartnikowski, der mit zwölf Jahren nach Auschwitz-Birkenau deportiert wurde, seine schrecklichen Kindheitserinnerungen:

„Als ich mich am 12. August 1944 auf der Rampe in Birkenau wiederfand, war ich eines von über 500 polnischen Kindern, die zusammen aus Warschau hierhin abtransportiert wurden. Das Erste, was ich sah und hörte, waren deutsche SS-Soldaten, die uns eine polnische Banditenbande aus Warschau riefen. Wir waren 500 Kinder. Über 350 Mädchen und kleine Jungen wurden als Insassen in das Frauenlager abgeführt. Ich selbst und etwa 150 weitere Jungen zwischen 10 und 13 Jahren kamen als Insassen ins Männerlager Birkenau. Wir fragten die Aufseher, warum wir hierherkommen, ob wir was Böses gemacht haben, wir sind doch Kinder, wir wollen hier raus, wir wollen nach Hause. Da lachten sie freudig auf, zeigten auf die rauchenden Schornsteine und sagten, dies sei der einzige Weg, der hier rausführt. Und tatsächlich waren die Schornsteine für fast alle Insassen der einzige Weg nach draußen. Nur wenige von uns überlebten.“

Bis zur Befreiung des Lagers durch Soldaten der Roten Armee ermordeten deutsche Nationalsozialisten ca. 1,1 Millionen Menschen in Auschwitz, überwiegend Juden, aber auch Polen, Roma, sowjetische Kriegsgefangene und Menschen anderer Nationalitäten.

„Die Welt hat die Lehren aus dem Zweiten Weltkrieg nicht gezogen“

Die polnische Gewerkschaftsführerin des Bildungsverbandes ZNP, Dorota Obidniak, mahnte in ihrem schriftlich eingereichten Statement, das Gedenken an Auschwitz nicht nur hochzuhalten, sondern ebenso die entsprechenden Lehren für die Gegenwart daraus zu ziehen: „Wir können beobachten, was an den Grenzen der Ukraine passiert, und sehen, was in vielen Teilen der Welt passiert. Wir spüren die Zunahme unnötiger Spannungen und bedrohlicher antisemitischer und rassistischer Parolen. Wir spüren eine wachsende Gleichgültigkeit und Passivität. Die Welt hat die Lehren aus dem Zweiten Weltkrieg nicht gezogen. (…) Lassen Sie uns wirklich darüber nachdenken, ob jeder alles getan hat, um die Ausbreitung des Bösen in unserer Welt zu stoppen.“