VBE zur forsa-Studie „Digitalisierung und digitalen Ausstattung“: Fortschritte nicht aufs Spiel setzen!

Im Auftrag des VBE hat das Sozialforschungsinstitut forsa Schulleitungen in ganz Deutschland zur Digitalisierung und digitalen Ausstattung an Schulen befragt – 253 davon aus Baden-Württemberg. „Die Digitalisierung hat in manchen Bereichen einen deutlichen Schub bekommen – nicht zuletzt wegen der Corona-Pandemie. Dennoch sind wir noch längst nicht da, wo wir sein müssten. Ein Grund dafür ist die Hängepartie von Bund, Land und Kommunen, wer die weitere Finanzierung und Wartung von digitalen Endgeräten für Lehrkräfte übernimmt. Auf dem Rücken dieser Streitigkeiten wird die Digitalisierung verschleppt oder gar zurückgefahren“, sagt der Landesvorsitzende des VBE Baden-Württemberg Gerhard Brand.

 

Eine deutliche Zunahme ist bei der Verbreitung von Breitband-Internet und WLAN an den Schulen zu verzeichnen. Waren es 2019 lediglich 40 Prozent, gaben nun knapp drei Viertel der Schulleitungen (74 Prozent) an, dass es in allen Klassen- und Fachräumen einen Zugang zum Breitband-Internet und zum WLAN gibt. Baden-Württemberg liegt hier über dem Bundesschnitt (66 Prozent).

Der stellvertretende Landesvorsitzende und Digitalexperte des VBE Baden-Württemberg, Oliver Hintzen, sagt hierzu: „Hier müssen Land, Landkreise und kommunale Träger sich schnellstmöglich mit den Leistungserbringern einigen, dass die restlichen Schulen schnellstmöglich an schnelle Datenleitungen angebunden werden und eine flächendeckende WLAN-Infrastruktur in Schulen vorhanden ist.“

Klassensätzen an Laptops, Tablet-PCs und Smartphones

Erfreulich ist der Zuwachs an Laptops, Tablet-PCs und Smartphones für digitales Arbeiten in der Klasse. Sagten 2020 lediglich 3 Prozent der Schulleitungen, dass es für alle Klassen Klassensätze für digitale Endgeräte gibt, waren es 2022 schon 11 Prozent. Noch deutlicher wird es, schaut man sich die Zahlen an, an denen zumindest teilweise Klassensätze an digitalen Endgeräten vorhanden sind. Dort wuchs die Zahl von 30 Prozent im Jahr 2020 auf 75 Prozent im Jahr 2022.

Hintzen: „Abhängig von den pädagogischen und mediendidaktischen Konzepten der Schulen dürfen sich die Kostenträger nicht mehr wegducken und müssen ihrer Pflicht als Schulträger gerecht werden. Alle Medien, egal ob analog oder digital, haben mittlerweile ihren Stellenwert in Schule gefunden und werden integrativ-kooperativ eingesetzt. Schülerinnen und Schüler, die von ihrem Leistungsträger nicht ausgestattet werden, haben einen deutlichen Nachteil gegenüber denjenigen, deren Schulen eine entsprechende Ausstattung haben.“

Dienstgeräte für Lehrkräfte und technischer Support

Insgesamt 92 Prozent der Schulleitungen sagen, dass es für alle Lehrkräfte (68 Prozent) oder zumindest für viele Lehrerinnen und Lehrer (24 Prozent) Dienstgeräte an den Schulen gibt. „Wir dürfen uns von den guten Zahlen nicht täuschen lassen“, warnt der VBE-Landesvorsitzende Gerhard Brand. Da im Doppelhaushalt des Landes keine Mittel für Schüler- oder Lehrer-Laptops eingeplant seien, setze das Land die guten Werte aufs Spiel.

„Wer Digitalisierung will, muss auch Geld dafür in die Hand nehmen. Aber anschieben und erst schauen, wie weit es geht, reicht nicht. Man muss beständig Gas geben, um vorwärts zu kommen“, erklärt Oliver Hintzen. Durch die Kompetenzstreitigkeiten zwischen Kommunen und dem Land, wer für die Wartung der Geräte zuständig ist, verstreiche wertvolle Zeit, die man dringend für die Digitalisierung brauche.

68 Prozent der Schulleitungen sagten, dass der technische Support durch zusätzliche personelle Ressourcen oder externe Dienstleister gesichert ist. Ein Wert, der ausbaufähig ist, befindet Oliver Hintzen.

„Die Verantwortlichen müssen sich im Klaren sein, dass aus den Schulbudgets alleine die Wartung und Instandhaltung nicht zu stemmen ist. Je länger es unklar ist, wer die Finanzierung übernimmt, desto mehr geraten die Schulen ins Hintertreffen. Mit Geräten von gestern kann man keine Schule von morgen gestalten“, betont Gerhard Brand.

Verfügbarkeit dienstlicher E-Mail-Adressen

Im Vergleich zum Bundesschnitt (90 Prozent) liegt Baden-Württemberg (84 Prozent) bei der Verfügbarkeit von dienstlichen E-Mail-Adressen für alle Lehrkräfte zurück. 12 Prozent erklären sogar, dass die Lehrkräfte an der eigenen Schule keine dienstliche Mail-Adresse haben. „Um professionell arbeiten und kommunizieren zu können, müssen für alle Lehrkräfte dienstliche E-Mail-Adressen eingerichtet werden“, betont Gerhard Brand.

„Seit Jahren haben Schulen die Möglichkeit, dienstliche und datenschutzkonforme E-Mailserver über landeseigene Systeme zu nutzen, müssen das allerdings aus ihren eh schon geringen Haushaltsmitteln finanzieren. Viele Schulen wussten das erst gar nicht oder ihnen wurden vom Kostenträger nicht genug finanzielle Mittel zur Verfügung gestellt“, ergänzt Oliver Hintzen. Alternative und vom Land finanzierte Systeme seien zwar in Planung, aber von der Bedienung wieder so umständlich, dass ein Nutzen jetzt schon in Frage gestellt werde.

Vorbereitung der Lehrkräfte auf den Einsatz digitaler Endgeräte

42 Prozent der Schulleitungen gaben an, dass Lehrkräfte, die frisch aus dem Referendariat kommen, sehr gut oder gut auf den Einsatz digitaler Endgeräte vorbereitet sind. Aber: Mehr als die Hälfte (53 Prozent) erklärten, dass sie weniger gut (44 Prozent) oder sogar schlecht darauf (9 Prozent) vorbereitet sind. „Hier muss sich dringend etwas ändern. Die jungen Lehrkräfte – aber nicht nur diese – müssen den Anforderungen gewachsen sein und optimal darauf vorbereitet werden, denn Kinder und Jugendliche bewegen sich heute wie selbstverständlich in der digitalen Welt“, erklärt Gerhard Brand.

Oliver Hintzen betont: „Digitale Endgeräte sind in der Schule angekommen, Hochschulen arbeiten sogar schon deutlich länger damit. Es ist unverständlich, warum die pädagogisch-didaktischen Aspekte von digitalen Medien immer noch nicht verbindlich und flächendeckend in der Lehrerausbildung angekommen sind. Hier müssen die Hochschulen schnellstmöglich etwas ändern!“

Deutlich verschoben haben sich die Zahlen bei den Fortbildungen zum Einsatz digitaler Endgeräte. Haben 2020 nur 17 Prozent der Schulleitungen betont, dass (fast) alle Lehrkräfte an der Schule in diesem Zusammenhang an mindestens einer Fortbildung teilgenommen haben, waren es 2022 bereits 38 Prozent.

Erfreulicherweise sank auch die Zahl derer, die angaben, dass weniger als ein Viertel der Kolleginnen und Kollegen an den Schulen Fortbildungen zum Einsatz digitaler Endgeräte besucht haben von 47 Prozent (2020) auf 15 Prozent (2022).

Dennoch: „Fortbildungen sind in Zeiten eines eklatanten Lehrkräftemangels nicht immer für alle zu meistern“, sagt der VBE-Landesvorsitzende Gerhard Brand. „Wer an einer Fortbildung teilnimmt, fehlt an der Schule – folglich muss der Unterricht vertreten werden oder fällt aus. Daher überlegen sich Kolleginnen und Kollegen immer wieder, ob sie eine Fortbildung wahrnehmen können“, so Brand.

Der VBE fordert: 

  • Praktikable Landeslösungen
  • Ausstattung aller Lehrkräfte mit funktional passenden Endgeräten
  • Ausbau der Infrastruktur an Schulen
  • Verlässliche Planung und tragfähige Finanzierungskonzepte in Hinsicht auf Administration, Hard- und Software
  • Ausweitung der zielgerichteten Fortbildungen
  • Finanzielle und personelle Stärkung der Medienzentren
Weitere Infos

Den forsa-Ergebnisbericht der Studie finden Sie hier.