Austausch mit Kultus-Staatssekretärin Sandra Boser bei der Klausurtagung des VBE

Sich klar zu positionieren, aber auch konstruktiv nach Lösungen in verschiedenen Fragen zu suchen, das ist eine Eigenschaft, die den VBE im Austausch mit verschiedenen Akteuren in der Bildungspolitik auszeichnet. Das war auch bei der Klausurtagung der Verbandsleitung des VBE in Pforzheim erkennbar. Auftakt der zweitägigen Tagung bildete das Gespräch mit Kultus-Staatssekretärin Sandra Boser und Leitender Ministerialrat Holger Philipp. Bei den Themen Arbeitszeitmodelle, Ganztag sowie der Werbekampagne zur Lehrkräftegewinnung wurde deutlich, dass man in manchen Punkten verschiedene Ansichten hatte.

Der VBE-Landesvorsitzende Gerhard Brand betonte zu Beginn des Gesprächs, dass der VBE ein Verfechter des Deputatsmodells sei. Das Modell sei zwar nicht perfekt, wäre im Vergleich zu anderen Arbeitszeitkonzepten nach wie vor das praktikablere Modell. Sandra Boser erläuterte, dass die Landesregierung nicht beabsichtige vom Deputatsmodell abzuweichen. Die Frage gehe auch eher in die Richtung, wie man die Unterrichtsversorgung sicherstellen und die Lehrerinnen und Lehrer an den Schulen durch multiprofessionelle Teams unterstützen kann.

Entlastungen für Lehrkräfte werden angesprochen

„Wenn man etwas erreichen möchte, dann geht das auch über die Reduzierung der Deputate oder der Klassengröße“, ergänzte der stellvertretende Landesvorsitzende Dirk Lederle. Es gebe zudem viele kleine Möglichkeiten, um Entlastung zu schaffen. Der stellvertretende Landesvorsitzende Walter Beyer führte aus, dass sogenannte Handschlaglehrkräfte entlasten können. „Wir müssen sicherstellen, dass Unterricht stattfindet“, sagte er.

Lob für „Lernen mit Rückenwind“

Ausdrücklich gelobt von der Verbandsleitung wurde das Programm „Lernen mit Rückenwind“ – Walter Beyer betonte, dass man sehr gute Erfahrungen damit gemacht habe. Als „Projekt mit Referenzcharakter“ bezeichnete es Dirk Lederle.

Angesprochen auf die Kampagne, um Lehr- und Unterstützungskräfte zu gewinnen, betonte Staatssekretärin Sandra Boser, dass die nun aufgelegte Kampagne nicht nur Studierende anspreche. „Sie geht viel weiter, betont die Attraktivität des Lehrerberufs und regt zum Quereinstieg an“, erklärte sie. Dirk Lederle betonte, dass Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger keine pädagogische Grundbildung mitbringen, wenn sie an die Schulen kommen. Es stelle sich die Frage, inwiefern man sie davor schon qualifizieren könne. „Unsere Seiteneinsteigerinnen und Seiteneinsteiger gehen direkt in den Vorbereitungsdienst und werden dort qualifiziert. Unsere Direkteinsteigerinnen und Direkteinsteiger werden berufsbegleitend qualifiziert“, entgegnete Boser.

Verbandsleitung diskutiert den Direkteinstieg

Dass für den Direkteinstieg an Grundschulen lediglich ein Bachelor-Abschluss als Zulassung ausreicht, lehnt der VBE kategorisch ab. „Grundschulen haben die heterogenste Schülerschaft und einen Bedarf an wissenschaftlicher Expertise“, so der Landesvorsitzende Gerhard Brand.

Zum dualen Lehramtsstudium erklärte Staatssekretärin Boser: „Durch die verstärkte Praxisnähe und die Vergütung im Studium wecken wir sicher bei noch mehr Personen Interesse für das Lehramt. Wir sind zuversichtlich, dass wir neue Zielgruppen erschließen.“

Zu der Gruppe der Personen ohne Lehramtsausbildung erläuterte Gerhard Brand, dass diese Personengruppe bei einer Entfristung dauerhaft an den Schulen sei – um die pädagogische Qualität sicherzustellen, müsse eine Entfristung an Fortbildungsangeboten gekoppelt sein.

Kontroversen beim Thema Ganztag

Uneinig war man sich beim Gespräch zum Thema Ganztag. Sandra Boser verdeutlichte, dass beim Ganztag auch in Baden-Württemberg Handlungsbedarf bestehe. „Neben der Vereinbarkeit von Familie und Beruf steht ein qualitativ hochwertiges Ganztagsangebot auch für zusätzliche, kindgerechte Fördermöglichkeiten.“

Der VBE betont, dass sich ein Handlungsbedarf nicht im Ranking der bundesweiten Ganztagsquote festmachen darf, sondern am tatsächlichen Bedarf vor Ort und den realistischen Umsetzungsmöglichkeiten. Diese Umsetzungsmöglichkeiten kann niemand besser beurteilen als die Schulkonferenz.

Rolle der Schulkonferenz

Dass die Schulkonferenz bei der Etablierung eines Ganztagsangebots nur noch angehört werden soll und keine Mitsprache mehr hat, lehnt der VBE deshalb entschieden ab. Boser entgegnete, die Schulkonferenz werde zwar nur angehört, jedoch müsse die Gemeinde bei der Etablierung eines Ganztagsangebots eine Bedarfsprognose präsentieren. Außerdem sei die Vereinfachung des Antragsverfahrens insbesondere ein Anliegen der Städte und Kommunen gewesen, dem das Land Rechnung getragen hat.

Hierzu erklärte der Landesvorsitzende Gerhard Brand: „Ich finde es schwierig, den Weg gegen die Schulkonferenz zu beschreiten.“ Brand warnte davor, Hoffnungen zu wecken, die nachher nicht eingehalten werden können.