„In manchen Punkten verbessert sich die Lage, in anderen stagnieren Werte und das teilweise auf hohem Niveau. Es sind weitere Anstrengungen nötig, um die Lage signifikant zu verbessern und um eine Trendwende zu schaffen“, analysiert der Landesvorsitzende des VBE Baden-Württemberg Gerhard Brand die Schulleitungsumfrage des VBE. Im Auftrag des VBE hat forsa vom 11. September bis zum 9. Oktober bundesweit 1.311 Schulleitungen für eine repräsentative Umfrage befragt. 252 davon aus Baden-Württemberg.
Die Ergebnisse zeigen zwar leichte Verbesserungen in der Arbeitszufriedenheit, allerdings stellt der Lehrkräftemangel immer noch mehr als jede zweite Schulleitung vor Herausforderungen. Gefragt nach dem größten Problem an der Schule, beantwortet immer noch mehr als jede zweite Schulleitung diese Frage mit dem allgemeinen Lehrkräftemangel (53 Prozent). Im Vergleich zum Bund (61 Prozent) steht Baden-Württemberg hier aber besser da. Leichte Verbesserungen sieht die Umfrage auch bei der Inklusion und Integration (2024: 35 Prozent; 2023: 39 Prozent). Allerdings sagt fast jede fünfte Schulleitung (19 Prozent), dass das allgemeine Sozialverhalten der Schülerinnen und Schüler das größte Problem darstellt. In Baden-Württemberg ist dieses Problem größer als im bundesweiten Vergleich (13 Prozent).
„Dass das Sozialverhalten der Schülerinnen und Schüler zunehmend zum Problem wird, deckt sich mit der Umfrage des VBE aus dem vergangenen Jahr an den Grundschulen und den Schulen der Sekundarstufe I. Es bleibt immer weniger Zeit für das Kerngeschäft der Lehrkräfte – der Unterricht und die Arbeit mit den Kindern – übrig“, betont Gerhard Brand.
Arbeitszufriedenheit verbessert sich etwas
Die Arbeitszufriedenheit entwickelt sich insgesamt positiv: Sagten im vergangenen Jahr 77 Prozent, dass sie ihren Beruf sehr gern oder eher gern ausüben, sind es aktuell 84 Prozent. Baden-Württemberg liegt hier auf Bundestrend. „So gut die Verbesserung ist, so hat sich aber bei den Schulleitungen, die ihren Beruf wahrscheinlich nicht oder gar nicht weiterempfehlen würden, kaum etwas getan hat – das bereitet uns Sorge“, sagt der VBE-Landesvorsitzende. Rund die Hälfte aller Schulleitungen in Baden-Württemberg (48 Prozent) würde aktuell ihren Beruf wahrscheinlich nicht oder auf keinen Fall weiterempfehlen.
Auf Vorjahresniveau befindet sich ebenfalls die Erfüllung beruflicher Aufgaben, während fast zwei Drittel der Schulleitungen angeben, häufig oder sogar immer ihre beruflichen Aufgaben zur eigenen Zufriedenheit erfüllen zu können, gelingt dies mehr als einem Drittel nur gelegentlich oder nie. Am meisten Unterstützung erfahren die Schulleitungen durch das Lehrerkollegium, gefolgt von der erweiterten Schulleitung und den Schülerinnen und Schülern. Die Umfrage zeigt, dass sich die Schulleiterinnen und Schulleiter in Baden-Württemberg vermehrt durch Verbände und Gewerkschaften unterstützt fühlen (39 Prozent). Hier ist Baden-Württemberg im Vergleich zum Bund (26 Prozent) deutlich besser.
Fast keine Verbesserung bei Belastungsfaktoren von Schulleitungen
Steigende Verwaltungsarbeiten, ein stetig wachsendes Aufgabenspektrum und die Auffassung, die Politik habe bei ihren Entscheidungen den tatsächlichen Schulalltag nicht ausreichend im Blick, sind nach wie vor die Hauptbelastungsfaktoren der Schulleitungen. Baden-Württemberg liegt komplett auf Bundesschnitt. Rund 9 von 10 Schulleitungen berichten außerdem über ein mangelndes Zeitbudget, oder aber einer Überlastung des Kollegiums. „Man kann sich sehr gut vorstellen, was passiert, wenn Lehrkräfte und Schulleitungen ständig am Rande ihrer Belastungsfähigkeit arbeiten. Der Dienstherr ist gefordert, um endlich für Entlastung zu sorgen“, sagt Gerhard Brand.
Kaum Veränderung bei den Verbesserungswünschen
Eine Entlastung ist dringend nötig: Ein Blick in die Umfrage verdeutlicht, dass sich fast alle Schulleitungen (98 Prozent) – wie in den vergangenen Jahren auch – mehr Anrechnungsstunden zur Erfüllung besonderer Aufgaben wünschen, gefolgt von der Leitungszeit bei allen Schulen. Etwa 9 von 10 Schulleitungen wünschen sich eine bessere Ausstattung mit pädagogischen Fachkräften.
Lehrkräftemangel belastet Schulleitungen noch sehr
Der Lehrkräftemangel belastet die Schulleitungen etwas weniger als noch vor einem Jahr (2024: 77 Prozent; 2023: 83 Prozent). Der Wert ist aber immer noch hoch. Etwas optimistischer blicken die Schulleitungen in die Zukunft – sagten vergangenes Jahr 74 Prozent der Schulleitungen, dass sie zukünftig stark oder sogar sehr stark vom Lehrkräftemangel betroffen sein werden, sagen dies in der aktuellen Umfrage nicht einmal mehr zwei Drittel (64 Prozent). Baden-Württemberg setzt sich hier vom Bundestrend (71 Prozent) ab.
63 Prozent der Schulleitungen geben an, dass sie zu Schuljahresanfang keine unbesetzten Stellen für Lehrerinnen und Lehrer an ihrer Schule hatten. Etwa ein Drittel (32 Prozent) gab an, dass mindestens eine der zur Verfügung stehenden Lehrkräftestellen zu Beginn des laufenden Schuljahres nicht besetzt werden konnte. Gleichbleibend im Vergleich zum vergangenen Jahr (45 Prozent) ist die Anzahl der Schulleitungen, die angibt, dass an ihrer Schule mindestens eine Person ohne vorhergehende Lehramtsqualifikation beschäftigt ist.
Positive Aussichten bei Digitalisierung
40 Prozent der Schulleitungen sagen, dass sie bei digitaler Infrastruktur und der Ausstattungssituation an den Schulen, ausreichend finanzielle Mittel erhalten haben. 60 Prozent sagen, dass noch weitere Mittel benötigt werden. Im Vergleich zu 2023 haben sich die Werte deutlich verbessert (23 Prozent zu 75 Prozent). An 13 Prozent der Schulen in Baden-Württemberg gibt es für alle Klassen und an 83 Prozent zumindest für einen Teil Klassensätze an Laptops, Tablets und Smartphones. Gerhard Brand warnt: „In dieser Phase müssen sich Länder, Kommunen und Bund schnell einigen, wie die Anschlussfinanzierung des Digitalpakts gestaltet wird. Ansonsten verspielen wir diese gute Entwicklung.“
Ganztagsbetreuung an Grundschulen
Sagten im vergangenen Jahr noch 62 Prozent der Schulleitungen, dass ihre Schule für alle Kinder, die im Schuljahr 2026/2027 eingeschult werden, eine Ganztagsbetreuung gewährleisten kann, ist es aktuell nur noch jede zweite Schulleitung. „Der VBE betont schon lange, dass der kommende Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung so nicht einzuhalten ist. Auch die Zahl der Schulleitungen, die an diesen hochgesteckten Zielen zweifeln, wird größer“, sagt Brand.
Note für die Bildungspolitik nur marginal besser
Die Schulleitungen auch gefragt, welche Note sie der Bildungspolitik geben würden. Mit einem Schnitt von 4,3 in der aktuellen Umfrage ist dieser nur marginal besser als im vergangenen Jahr (2023: 4,5) und immer noch schlechter als der Bundesschnitt (4,1). „Wir sehen die Bemühungen, die das Kultusministerium unternimmt, um den Lehrkräftemangel zu beheben und Lücken zu schließen, jedoch wirkt sich dies noch nicht auf seine Reputation unter den Schulleiterinnen und Schulleitern aus“, sagt der VBE-Landeschef.
Der VBE fordert angesichts der Umfrageergebnisse:
- Den Einsatz von Schulverwaltungsassistenzen, damit sich Schulleitungen und Lehrkräfte auf ihr Kerngeschäft konzentrieren können.
- Den flächendeckenden Einsatz multiprofessioneller Teams.
- Mehr Anrechnungsstunden für die Erfüllung besonderer Aufgaben und mehr Schulleitungsstunden
- Eine dauerhafte und gesicherte Finanzierung für die Digitalisierung an Schulen.
Anhang: