Vor den Sommerferien erreichte ein Schreiben des Ministeriums die Schule: Viele neue Schulgesetzänderungen kommen nun auf die Schulen, insbesondere auch auf die Grundschulen im Land, zu: „SprachFit“, Juniorklassen, Änderungen bei der Grundschulempfehlung, veränderte „Kompass 4“-Arbeiten … Leider wurden diese Innovationen bis zum Beginn des Schuljahres 2024/25 nicht so richtig mit Leben gefüllt. So stellte man sich die Frage: Kommt das nun alles wirklich schon in dem Schuljahr? Puh, erst einmal durchschnaufen bei all den Anforderungen! Wo in der Grundschule doch sowieso gerade alle Personen zu kämpfen haben und die Überlastung und der Lehrkräftemangel ziemliche Spuren in den Grundschulkollegien hinterlassen haben.
Dann die Information: SprachFit und die Juniorklassen starten langsam durch. Das klingt erst mal gut. Hier wird scheinbar mit Bedacht gearbeitet. So kann man in der Pressemeldung vom Ministerium lesen: „Die Sprachförderung startet hingegen langsam mit verschiedenen Regionen und freiwillig, sodass wir genügend Fachkräfte finden bzw. ausbilden können. Deshalb wird die Sprachförderung dann erst im Schuljahr 2028/2029 für alle mit intensivem Sprachförderbedarf verbindlich.“
Viele Fragen sind auch noch nicht geklärt, aber die Idee mit der Sprachförderung schon vor der Einschulung in Kita und dann weiterhin in den Juniorklassen, anschließend begleitend in den Grundschulen, das zeigt, dass die Landesregierung sieht, wo es vielerorts klemmt: an den ungenügenden Sprachkenntnissen vieler Einschulungskinder, und damit einhergehend gibt es eben keine Chancenungerechtigkeit dieser Kinder auf einen gelungenen Schulstart. Bravo! Wir in den Grundschulen fühlen uns gehört. Endlich kommt Förderung für einen gelingenden Schulanfang!
Allerdings wird es bis zur kompletten Einführung 2028/29 und zur dann verbindlichen Umsetzung noch einige Probleme geben. Wir reden hierbei von 4 Schuljahren, in denen es eine Unverbindlichkeit für die Sprachkurse vor und in der Schule und eine Unverbindlichkeit für den Besuch in den Juniorklassen geben wird. Eine Sprachförderung, die nur angeboten wird, aber nicht verbindlich ist, birgt leider große Risiken, genau daran zu scheitern. Schon heute ist man oftmals in der Beratung gegen den Elternwunsch und das vermeintlich Beste für das Kind machtlos. Gerade Familien mit Migrationshintergrund sind oftmals schwerlich dafür zu gewinnen.
Zu begrüßen ist der angedachte enge Aus- tausch zwischen Kita und Grundschule, um den Übergang mit den schon erfolgten Förderungen für das Kind gut zu begleiten. Aber: Woher kommen die Personen, die das zeitlich leisten können? Sowohl in der Kita als auch in der Grundschule fehlt es an Fachkräften. Außerdem wird der Datenschutz dem engen Austausch wieder einige Grenzen setzen, wenn die Eltern dem nicht zustimmen. Auf diesen Punkt muss dringend geschaut werden.
Schulen mit Grundschulförderklassen, die dann schon vorab in Juniorklassen umgewandelt werden sollen, stehen mit vielen Fragezeichen allein da. Die Kolleginnen und Kollegen, die dort seit vielen Jahren hervorragende Arbeit leisten, wissen nicht, wie die Perspektive für sie aussieht. Werden sie übernommen? Wie ist dann die Eingruppierung? Die dort arbeitenden Menschen hängen ziemlich in den Seilen. Hier braucht es unbedingt gute Antworten, damit diese wichtigen Personen den Grundschulen erhalten bleiben.
Umsetzung mit Bedacht, aber halt: Die veränderte Bildungsempfehlung soll schon jetzt, 2024/25, starten! Ende September:
Die ersten Elternabende Klasse 4 stehen an und damit viele Fragen der Eltern und der Kolleginnen und Kollegen: Wie müssen die Eltern und Kinder beraten werden? An welchem Termin werden die neuen Kom- petenztests geschrieben? Wie sehen diese aus? Wie werden sie bewertet und wie gibt man die Ergebnisse an die Eltern weiter? Wie geht es dann weiter mit den Potenzialtests? Und so weiter …
Fragen über Fragen und die Schulen ste- hen da ohne die notwendigen Informati- onen. Das ist eine Ungewissheit, die nicht sein muss! Dann werden dankenswerterweise durch den VBE erste Informationen in den FAQs auf der Seite des Ministeriums entdeckt und an die Schulen weitergeleitet. Aber warum bekommen die Schulen und ihre Schulleitungen nicht direkt die Information vom Ministerium? Warum wieder suchen (wer suchet, der findet!)? Hatten wir das mit dem Suchen nach Antworten nicht schon einmal?
Nun, in der 4. Woche nach Schulstart, kam das lang erwartete offizielle Schreiben an die Schulen und damit die Schwierigkeiten, den verbindlichen Termin für „Kompass 4“ frei zu bekommen. In der 4. Klasse stehen um diese Zeit viele Dinge an: Jugendverkehrsschule, Landschulhei- me, Projekte … . Alles gebucht, organisiert und wie da nun rauskommen? Solche wichtigen Termine benötigen die Schulen vor Beginn des Schuljahres! Nun haben wir ein Problem. Wie bekommt man die verbindlichen Buchungen storniert? Was passiert mit entstehenden Kosten? Es ist deprimierend, wie wenig transparent die Planung läuft. Wir dachten, aus der Co- ronaphase mit den unzureichenden und knappen Informationen habe auch das KM gelernt. Warum muss das nun auf die Schnelle durchgezogen werden? Die Gesetze sind noch nicht mal verabschiedet. Eine Möglichkeit wäre doch, einfach zu
sagen, dass man mit der neuen Grund- schulempfehlung einfach zum nächsten Schuljahr beginnt. Dann wäre allen ge- holfen. Stress und Zeitnot sind nie eine gute Gelingensbedingung. Sogar die Bro- schüren für die Erziehungsberechtigten, die wertvoll in der Beratung waren, fallen dem Zeitdruck zum Opfer. Das sollte bes- ser werden!
Und noch zum Schluss: Wenn im Infodienst für Schulleitungen Entlastung angekündigt wird, dann bitte auch wirklich entlasten. Eine Reduzierung der Mails vom Ministerium kann nicht zu einer Entlas- tung führen, wenn die Schulleitungen nun mit ihrer sowieso knappen Ressource Zeit selbstständig Informationen über diverse Portale (RP, KM und der Institute, Schulämter, Threema-Kanäle und Social Media …) einholen müssen. Das ist keine Entlastung, sondern ein Unding! An dieser Stelle muss dringend nachgesteuert werden!
Silke Siegmund, Referat Grundschule des VBE Südbaden