Pädagogen fehlt eine entsprechend starke Lobby in der Gesellschaft
Stuttgart. Der Verband Bildung und Erziehung (VBE) sieht die Sonderschulen in Baden-Württemberg zurzeit ein wenig im Abseits. Die VBE-Referatsleiterin Uschi Mittag macht bereits vor Schuljahresbeginn eine „große Not“ bei der Versorgung der Schulen mit Sonderpädagogikstunden aus.
Vor ernsten Erkrankungen sind auch Sonderschulpädagogen nicht gefeit. „Was aber besonders prekär ist“, klagt die VBE-Referatsleiterin Mittag, sei, dass es nur eine ganz kurze Liste mit Namen von Lehrern gebe, die die sonderpädagogische Ausbildung absolviert haben und als Krankheitsvertretung in Betracht kommen könnten. So müssten an Sonderschulen auch Grund- und Hauptschullehrer, Erzieher, Heilpädagogen und Physiotherapeuten als Krankheitsvertretung eingesetzt werden, sofern sie überhaupt zur Verfügung stehen. Junge Kolleginnen werden schwanger und dürfen aufgrund des Beschäftigungsverbotes schon lange vor Beginn des Mutterschutzes nicht mehr eingesetzt werden. Da dieses Fehlen aber nicht als Krankheit gilt, ist es schwierig, Ersatz für die ausfallenden Stunden zu bekommen.
Außenklassen und Kooperationsklassen haben sich intensiv auf den Weg gemacht, wissen aber teilweise nicht mehr, wie sie mit den zugewiesenen Ressourcen all die Pflichtfelder abdecken sollen – denn diese Neuerungen werden in der Lehrerstundenzuweisung nicht genügend berücksichtigt, obwohl jede Kooperationsklasse rund 12-15 Lehrerwochenstunden zusätzlich benötigt.
Die Förderschulen werden – entsprechend dem Organisationserlass – prozentual der Gesamtschülerzahl des Einzugsgebietes mit Lehrerstunden versorgt, obwohl die Zahl der Schüler in den Förderschulen nicht analog zu der der übrigen Schulen zurückgeht. „So entstehen zwangsläufig zusätzliche Defizite“, klagt Mittag.
Wenn Eltern im Zuge der Inklusionsbemühungen auf einer Beschulung des behinderten Kindes an der örtlichen Grundschule bestehen, müssen Grundschulkollegen das sonderpädagogische Bildungsangebot umsetzen, ohne dafür entsprechend ausgebildet zu sein.
Der VBE hofft nun auf die Zusage der neuen Landesregierung, mehr Sonderschulpädagogen einzustellen, die dann auch an den Grundschulen für bedarfsgerechte Angebote sorgen könnten.
28. August 2011