VBE: „Vera“ nervt Schüler und Lehrer gleichermaßen

Vergleichsarbeiten konterkarieren das individuelle Lernen

Stuttgart. Der Verband Bildung und Erziehung (VBE) Baden-Württemberg sieht bei vielen Lehrern noch immer wenig Akzeptanz für die bundesweit einheitlichen Vergleichsarbeiten (Vera). Denn einerseits wird das individuelle Lernen der Schüler in verschiedenen Tempi als neues Credo verkündet; andererseits sol­len Kompetenzen der Kinder zu einem bestimmten Zeitpunkt im Schuljahr einheitlich mit gleichen Aufgaben überprüft werden.

VBE Pressesprecher Michael Gomolzig

Michael Gomolzig, Sprecher des VBE

Argwöhnisch beobachten Pädagogen eine zunehmende „Testkultur und -gläubig­keit“: seien es die Vergleichs- oder Diagnosearbeiten, Vera und DVA, Bildungs­standards oder zentrale Klassenarbeiten, Selbst- und Fremd-Evaluationsbögen, Kompetenzanalysen Profil AC sowie nationale und internationale Vergleichsstudi­en wie Pisa, Timss, Iglu und wie sie sonst noch alle heißen. Dabei sollten standar­disierte Lernstandserhebungen eigentlich nicht dazu führen, dass Schüler gezielt auf diese Tests lernen, sondern dass Lehrer aus den Ergebnissen Erkenntnisse zur Verbesserung der Qualität von Unterricht erhalten.

Und da sehen die meisten Pädagogen einen Knackpunkt bei den Erhebungen. Wenn schon aufwändig diagnostiziert werden muss, sollte danach auch gezielt „therapiert“, den Schülern geholfen werden können.

Wenn in Vergleichsarbeiten obendrein Inhalte abgefragt werden, die in der Klas­se noch nicht behandelt worden sind, erzeugt dieses Nichtwissenkönnen bei Schü­lern Versagensgefühle, die keinesfalls motivierend wirken. Auch wenn nicht erwar­tet wird, dass alle Kinder alle Aufgaben lösen – und die Schüler um diese Vorgabe wissen -, lastet doch ein deutlicher Druck auf den Getesteten.

Wenn den Schulen durch neue Bildungspläne und Kontingentstundentafeln im­mer mehr Gestaltungsspielraum beim Kompetenzerwerb der Schüler zugestanden werde, andererseits aber wegen zentraler Lernstandserhebungen Inhalte zwangsläu­fig bundesweit im Gleichschritt gelernt werden müssen, passe das irgendwie nicht so richtig zusammen, bringt der VBE-Sprecher den Unmut der Lehrkräfte auf den Punkt. Im Zuge des individuellen Lernens und differenzierten Unterrichtens sei es eigentlich ein Widerspruch, an alle Schüler an einem bestimmten Tag die gleichen Anforderungen zu stellen, auch wenn vom Landesinstitut für Schulentwicklung ausdrücklich betont werde, dass „Testaufgaben, die dem Nachweis von Kompeten­zen dienen, keine Lernaufgaben sind, die Lernprozesse zum Erwerb von Kompe­tenzen anstoßen“.

25. März 2012

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