Bundesverfassungsgericht verhandelt Streikverbot für Lehrkräfte

Sollen Lehrkräfte streiken dürfen? Das Bundesverfassungsgericht hat sich am 17.01.2018 in einer mündlichen Verhandlung mit dem Streikverbot für Beamte beschäftigt. Der Verhandlung wohnte neben Innenminister Thomas de Maizière auch der Bundesvorsitzende des VBE, Udo Beckmann, bei. Der Verband Bildung und Erziehung (VBE) Baden-Württemberg bekräftigt anlässlich der Verhandlung seine Auffassung, dass sich Beamtenstatus und Streikrecht ausschließen.

In einer mündlichen Verhandlung hat sich der zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts am 17.01.2018 mit der Frage beschäftigt, ob Lehrerinnen und Lehrer streiken dürfen. Dass der Streit um das Streikverbot für beamtete Lehrerinnen und Lehrer einige Bedeutung hat, machte der Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Andreas Voßkuhle, deutlich: „Die Entscheidung ist hinsichtlich ihrer Auswirkung auf das Berufsbeamtentum nicht zu unterschätzen.“

VBE durch den Bundesvorsitzenden Udo Beckmann vertreten

Bei der mündlichen Verhandlung war der Verband Bildung und Erziehung (VBE) Baden-Württemberg deswegen unter anderem durch den Bundesvorsitzenden des VBE, Udo Beckmann, und den Bundesvorsitzenden des Deutschen Beamtenbundes (dbb), Ulrich Silberbach, vertreten. Der dbb-Verfahrensbevollmächtigte, Prof. Dr. Matthias Pechstein, betonte in der Verhandlung, dass es „ein bisschen Streikrecht bei ansonsten unveränderten Rechten und Pflichten nicht geben kann“.

Prof. Pechstein führte weiter aus, dass sich das besondere Beschäftigungsverhältnis der Beamten nicht nur, aber ganz wesentlich durch die Streikfreiheit auszeichne. Falle dieser Pfeiler des besonderen Konstruktes, komme alles ins Wanken: Alimentation einschließlich Pension und Beihilfe sowie Lebenszeitprinzip und Fürsorgepflicht. Diese Einschätzung teilten Bundesinnenminister Thomas de Maizière und die Ländervertreter in ihren Ausführungen vor dem Gericht.

Vier Verfassungsbeschwerden gegen das Streikverbot

Gegen das Streikverbot für Beamtinnen und Beamte richten sich vier Verfassungsbeschwerden. Die Klägerinnen, allesamt verbeamtete Lehrkräfte, hatten während ihrer Dienstzeit an Streikmaßnahmen einer dem DGB nahestehenden Gewerkschaft teilgenommen. Diese Teilnahme wurde folgerichtig disziplinarrechtlich geahndet, wogegen die Klägerinnen aktuell gerichtlich bis zur höchsten Instanz vorgehen.

Durch das Streikverbot sehen die Klägerinnen ihr Grundrecht auf Koalitionsfreiheit aus Art. 9 Abs. 3 Grundgesetz verletzt. Sie sind der Ansicht, dass die Koalitionsfreiheit auch beamteten Lehrkräften ein Streikrecht gewähre, da diese keine hoheitlichen Aufgaben erfüllten. Die Klägerinnen argumentieren darüber hinaus, dass Art. 11 Abs 1 der Europäischen Menschenrechtskonvention ein umfassendes Streikrecht für Beamte gewährleiste.

VBE: Bildungs- und Erziehungsauftrag ist ein hoheitlicher Auftrag

Im Gegensatz zu den Klägerinnen und der sie unterstützenden DGB-Gewerkschaft ist der VBE der Auffassung, dass Lehrkräfte durchaus hoheitliche Aufgaben übernehmen. „Der Bildungs- und Erziehungsauftrag, den Lehrerinnen und Lehrer erfüllen, ist ein hoheitlicher Auftrag. Wir erziehen Schülerinnen und Schüler zu mündigen Bürgern und entscheiden mit staatlichen Zeugnissen über Berufschancen“, argumentiert der Landesvorsitzende des VBE Baden-Württemberg, Gerhard Brand.

Im Falle einer Entscheidung zugunsten der Klägerinnen sieht der VBE Baden-Württemberg den Beamtenstatus für Lehrkräfte gefährdet. „Insbesondere jungen Lehrerinnen und Lehrern muss bei diesem Verfahren vor dem Verfassungsgericht bewusst sein, dass eine Entscheidung für das Streikrecht für sie einen Verlust des Beamtenstatus bedeuten würde“, erläutert Brand. Der Landesvorsitzende kündigte an, dass man notfalls auch gegen das Streikrecht streiken würde: „Dann streiken wir, bis man uns das Streiken wieder verbietet.“

Weitere Informationen zur mündlichen Verhandlung sowie rund um das Streikrecht finden Sie auf der Homepage des Deutschen Beamtenbundes (dbb). Nachfolgend noch Impressionen vom Verhandlungstag.

Fotos (auch Titelbild): Franziska Kraufmann/dbb