VBE zur Zeugnisausgabe an den Schulen:

“Der Wert eines Kind definiert sich nicht über seine Noten“

„Zeugnisse können niemals die ganze Schülerpersönlichkeit wiedergeben – ganz gleich, ob diese als reine Ziffernnoten, als ausführliche verbale Beur­teilungen oder durch Kompetenzraster ausgegeben werden“, sagt Gerhard Brand, Vorsitzender des Verbandes Bildung und Erziehung (VBE) Baden-Württemberg. Ein Schüler sei immer mehr als die Summe der Zeugnisnoten.

VBE Landesvorsitzender Gerhard Brand
Gerhard Brand, VBE Landesvorsitzender

Eine Zensur setzt sich aus verschiedenen Einzelnoten zusammen, die besonders im Fach Deutsch sehr viele Bereiche abdecken. Gab es früher in Deutsch noch fünf separat im Zeugnis ausgewiesene Noten für Lesen, Aufsatz, Sprachkunde, Recht­schreiben und Schrift sowie zwei Zensuren in Mathematik für Rechnen und Raum­lehre, so geht der Trend heute zu Fächerverbünden. Da werden Unterrichtsfächer wie Musik, Sport und Bildende Kunst, die eigentlich nicht viel direkt miteinander zu tun haben, zu einem Konstrukt „MSG“ (Musik-Sport-Gestalten) verschweißt und die jeweiligen Leistungen mit einer Gesamtnote gewürdigt.

„Die Bewertung schulischer Leistungen ist grundsätzlich keine rein arithmeti­sche, sondern immer auch eine pädagogische“, versichert der VBE-Chef. Lehrer machten es sich bei der Notenfindung nicht einfach; nicht nur an Gemeinschafts­schulen berücksichtigten die Pädagogen individuelle Lernfortschritte der Schüler. Die berühmt-berüchtigte „Gauß`sche Normalverteilungskurve“ sei nicht das Maß aller Dinge und keine Richtschnur für die Leistungsbewertung, so Brand.

Ein “Versagen“ des Schülers in der Schule hat stets verschiedene Ursachen. Nicht immer sind Faulheit oder Gleichgültigkeit der Grund für schlechte Leistun­gen. Auch Krankheit, seelische Nöte oder eine ständige Überforderung durch die falsche Schulwahl spielen häufig eine Rolle.

Nach dem Wegfall der Verbindlichkeit der Grundschulempfehlung machten sich etliche Schüler auf den Weg in eine Schule, der sie leistungsmäßig (noch) nicht ge­wachsen sind. „Obendrein würden an den meisten Schulen viel zu wenig Stütz- und Förderstunden angeboten, weil die entsprechende Lehrerstundenzuweisung fehlt“, moniert der VBE-Chef, „und nicht alle Familien können und wollen sich teuren privaten Nachhilfeunterricht leisten.“ Sicher seien Zeugnisse für die schu­lische Laufbahn von Bedeutung, trotzdem rät Brand zu mehr Gelassenheit.

VBE zu den 76 Neuanträgen: Nicht die zunehmende Zahl der Gemeinschaftsschulen ist wichtig, sondern ausschließlich deren Qualität

Gymnasiasten und Realschüler sind dort weiterhin unterrepräsentiert

Der Verband Bildung und Erziehung (VBE) Baden-Württemberg sieht die „Er­folgsmeldungen“ des Kultusministeriums über die Zahl neuer Gemeinschaftsschu­len als Augenwischerei an, solange diese neue Schulart nicht die Schülermischung aufweist, die Wissenschaftler für deren Erfolg als zwingend notwendig erachten. Nach wie vor sind es vor allem Haupt-/Werkrealschulen, die sich mit viel Engage­ment auf den Weg zur Gemeinschaftsschule machen. Grundschüler mit Gymnasi­alempfehlung bevorzugen weiterhin das Gymnasium, und nicht die Gemein­schaftsschule.

VBE Pressesprecher Michael Gomolzig
Michael Gomolzig, Sprecher des VBE

„Wenn die Gemeinschaftsschule wirklich eine Schule für alle sein soll, darf diese neue Schulart nicht fast ausschließlich aus sterbenden Haupt-/Werkrealschulen wiedergebo­ren werden“, moniert der VBE-Sprecher. Insbesondere Gymnasien, aber auch die meis­ten Realschulen halten sich bei den Anträgen auf Umwandlung in eine Gemein­schaftsschule weiterhin vornehm zurück.

Wenn CDU-Bürgermeister die Schulen zu Gemeinschaftsschulen umwandeln wollen, geschieht das in den seltensten Fällen aus pädagogischer Überzeugung, sondern dient ausschließlich dem Erhalt des Schulstandortes. Viele Hauptschulen waren erst kurz zu­vor zur neuen Werkrealschule mit Ganztagesbetrieb ausgebaut worden. Dafür hatten die Kommunen sehr viel Geld in die Hand genommen, das sie jetzt nicht in den Sand ge­setzt sehen wollen. „So hat die Entscheidung für die Gemeinschaftsschule selten etwas mit dem Parteibuch des Bürgermeisters zu tun, auch wenn die Pressestelle des Kultus­ministeriums das gerne genüsslich so ausschlachtet“, versichert der VBE-Sprecher.

Das Ganze sieht momentan noch allzu sehr nach Etikettenschwindel aus: Die Schule legt zwar ein neues pädagogisches Konzept vor, dass das selbstorientierte individuelle Lernen in den Vordergrund stellt, aber ansonsten wird lediglich das Schild „Haupt­schule“ gegen die gefälligere Bezeichnung „Gemeinschaftsschule“ ausgetauscht. Eltern, deren Kinder eine Gymnasialempfehlung haben, bevorzugen weiterhin diese stark leis­tungsorientierte Schulart mit dem allgemein guten Ruf. Eltern, deren Kinder die Haupt-/Werkrealschule besuchen sollen, glauben nur allzu gerne, dass ihr Kind an der Gemein­schaftsschule bis zum Abitur geführt werden kann, selbst wenn es die Voraussetzungen gar nicht mitbringt.

VBE bedauert neue Mehrheitsverhältnisse in der Schulkonferenz

Eltern und Schüler können jetzt den Lehrern die Richtung vorschreiben

Der Verband Bildung und Erziehung (VBE) Baden-Württemberg sieht mit Sorge, dass sich durch die Schulgesetzänderung die Mehrheitsverhältnisse in den Schulkonferenzen zu Lasten der Fachleute verändern. Schüler und Eltern haben, wenn sie sich einig sind, das Zepter in der Hand und erteilen den Lehrern Auf­träge.

Schule wird heute gemeinhin als Dienstleistungsbetrieb verstanden, der sich an seinen „Kunden“, den Schülern und Eltern, auszurichten habe. Durch die Schulgesetzänderung erhalten diese Kunden die Mehrheit im höchsten Beschlussorgan der Schule, in der Schulkonferenz, und können so – auch gegen den ausdrücklichen Willen der Experten, der Lehrer an dieser Schule – die Marschrichtung vorgeben.

Der VBE hält es für überzogen und sachlich falsch, dass Eltern und Schüler den Lehrern ihren Willen aufzwingen dürfen. So könnten Eltern und Schüler mit ihrer Mehrheit in der Schulkonferenz die Lehrer nötigen, etwa die Schule zur Gemeinschafts­schule umzubauen, obwohl die Pädagogen selber gar nicht nach diesem Konzept unter­richten wollen.

Schon bisher bemühte man sich an den Schulen, bei wichtigen Entscheidungen einen Konsens herbeizuführen. Im Streitfall blieb jedoch das Konzept des Handelns bei de­nen, die die entsprechenden Vorgaben auch umsetzen müssen: bei den Lehrkräften. Eltern und Schüler haben durch die Schulgesetzänderung als „Kunden“ eine Vormachtstellung bekommen, die im Dienstleistungsgewerbe oder in der Produktion undenkbar wäre. „Dort bemüht man sich um die Zufriedenheit der Kunden, lässt sich aber die Handlungs- und Richtlinienkompetenz nicht aus der Hand nehmen“, so der VBE-Sprecher. Die Gesetzesänderung komme natürlich den Wünschen der Elternschaft entgegen, ob das für die Schule ein Segen werde oder eher zum Schaden gereiche, müsse die Zukunft zeigen.

VBE unterstützt Forderungen des Philologenverbandes: Arbeitsentlastung für Lehrkräfte dringend geboten

Aber: Stundendeputate differieren noch immer ziemlich stark

Fellbach/Stuttgart. Der Verband Bildung und Erziehung (VBE) Baden-Württemberg hat Verständnis für die Forderung des Philologenverbandes (PhV), die Wochenstundenverpflich­tung an Gymnasien zu reduzieren und unterstützt das Bemühen des Gymnasial­lehrerverbandes um eine spürbare Arbeitsentlastung der Pädagogen, möchte diese Entlastung jedoch auf Lehrer an allen Schularten ausgedehnt wissen, so VBE-Sprecher Michael Gomolzig.

VBE Pressesprecher Michael Gomolzig
Michael Gomolzig, Sprecher des VBE

Dass die Arbeit der Lehrer je nach Schulart verschieden ist, hat nach den heftigen bil­dungspolitischen Diskussionen im Land jeder verstanden. Unverständlich bleibt jedoch weiterhin, warum Lehrer nach wie vor unterschiedlich lang ausgebildet und unter­schiedlich bezahlt werden und warum sie unterschiedlich hohe Deputate von 25 bis zu 31 Unterrichtsstunden pro Woche haben. Obwohl nach dem Schulgesetz alle Schularten gleichwertig sind, werden manche Lehrer noch immer als die „etwas wertvolleren“ Lehrer gehandelt.

Noch immer wird die Arbeit der unterschiedlichen Lehrergruppen über das Alter der Schüler und deren sozialen Herkunft bewertet. Der Umgang mit jüngeren und bildungs­schwächeren Schülern wird geringer geschätzt und weniger hoch besoldet als das Unter­richten älterer Schüler und solcher aus „besseren“ Gesellschaftsschichten.

Galt die Grundschule zu früheren Zeiten als eine disziplinierende Stillsitzschule („Händchen falten, Mündchen halten, Öhrchen spitzen, stille sitzen…“), in der man Schülern das beigebracht hat, was jeder Erwachsene ohnehin beherrscht, ist man sich in jüngster Zeit der immensen Bedeutung der pädagogischen Basisarbeit in der Grund­schule bewusst geworden. Die Grundschule ist für die Bildungsbiografie aller Schüler das Fundament. Moderner Unterricht in der Primarstufe bedeutet bei einer sehr hete­rogenen Schülerschaft mit dem Erstellen individueller Lern- und Förderpläne, Portfolios und der ersten Berührung mit einer Fremdsprache alles andere als „ein bisschen Schule halten“, versichert der VBE-Sprecher. Eine Entlastung der Lehrer müsse in der Tat dringend umgesetzt werden, dürfe einzelne Lehrergruppierungen aber nicht ausgrenzen.

VBE: Gerechtigkeitsdefizit bei Realschulen vom Kultusminister erkannt – Differenzierungsstunden sollen angehoben werden

Der Verband Bildung und Erziehung (VBE) Baden-Württemberg begrüßt es, dass der Kultusminister das Gerechtigkeitsdefizit bei Realschulen erkannt hat und die­sen, ab dem Schuljahr 2015/16 zusätzlich 500 Lehrerstellen für individuelle Förde­rung von Schülern sowie für ein differenziertes Kurssystem zur Verfügung stellen wird. So zumindest hat die Ulmer Südwestpresse am Mittwoch berichtet. Im Ge­genzug sollen die Realschulen auch den Hauptschulabschluss anbieten.

VBE Landesvorsitzender Gerhard Brand
Gerhard Brand, VBE Landesvorsitzender

Der VBE hat immer darauf hingewiesen, dass es nicht sein könne, dass die Schulart mit der mittlerweile größten Heterogenität der Schülerschaft, die Realschule; was die Ver­sorgung mit zusätzlichen Differenzierungsstunden (Poolstunden) angehe, weiter so gra­vierend benachteiligt werde. Während Gymnasien und Hauptschulen über ein zusätz­liches Kontingent von 11 Stunden pro Zug verfügen können, haben die Realschulen von Grün-Rot lediglich 2,2 Stunden zugebilligt bekommen. Unter Schwarz-Gelb gab es sogar gar nichts. Der VBE fordert 12 Wochenstunden.

Der VBE besteht weiterhin auf die dringend notwendige Angleichung der Lehrer­besoldung – auch mit Blick auf die Gemeinschaftsschulen, wo Lehrer aller Schularten in einer Lerngruppe unterrichten, aber von A 9 (Fachlehrer) bis A 14 (Oberstudienrat) unterschiedlich hoch besoldet werden.

Bereits heute werden Realschul- und Hauptschullehrer an den Pädagogischen Hoch­schulen gleich ausgebildet. Trotzdem rangieren im Schuldienst Hauptschullehrer eine Gehaltsstufe unter der der Realschulkollegen.

VBE-Chef Gerhard Brand mahnt an, die Grundschullehrerkräfte gleichfalls nicht aus dem Blick zu verlieren, die das Fundament legen und heute schon alle Schüler mit unterschiedlichen Begabungen unterrichten, jedoch die höchste Wochenstundenzahl der wissenschaftlichen Lehrer, keine Beförderungsmöglichkeiten und die niedrigste Besol­dung im Vergleich zu Realschul- und Gymnasiallehrern haben. Das Einstiegsgehalt für alle Lehrer müsse bei A 13 (3.800 Euro brutto) liegen, fordert der VBE-Landesvorsit­zende

VBE: Naturwissenschaften, Technik und Sprachen sind wichtig

Schüler müssen aber auch wieder Muße für die Musen haben

Der Verband Bildung und Erziehung (VBE) Baden-Württemberg warnt davor, die Arbeit der Schulen nur noch unter dem Aspekt der „Verwertbarkeit“ des Gelern­ten für Studium und Arbeitswelt zu sehen. „In den Schulen geht es in erster Linie um eine umfassende nachhaltige Allgemeinbildung der jungen Menschen. Und da gehören die schönen Künste genauso dazu wie die Naturwissenschaften“, mahnt VBE-Landeschef Gerhard Brand an.

VBE Landesvorsitzender Gerhard Brand
Gerhard Brand, VBE Landesvorsitzender

Nicht nur G8-Gymnasiasten leiden unter einem zu großen Arbeitsdruck, auch an ande­ren Schularten haben Schüler gegen die Zeit anzukämpfen. „Schulstrukturdebatten, Bildungsstandards und Vergleichsarbeiten haben zwar ihre Berechtigung; viel wichtiger ist jedoch, in welcher Atmosphäre an den Schulen gelehrt und gelernt werden kann“, sagt Brand. Dabei gehe es nicht um ein „In-Watte-packen“ der Schüler, also um „Ku­schelpädagogik“, sondern um ein positives Lernklima an der Schule, das vom Elternhaus unterstützt werde. Ständiger Druck – verbunden mit Zukunftsängsten – lähme das Den­ken und bremse Leistung aus, denn zum Lernen benötige man Ruhe und Zeit. Zeitdruck in der Schule sei Gift fürs Lernen. “Ein Buch zu lesen, es durchzuarbeiten und sich dar­über auszutauschen, erfordert Zeit, viel Zeit”, so Brand. Man brauche Zeit für Museums- und Konzertbesuche sowie Zeit für eigenständiges künstlerisches Schaffen der Schüler. Der gesamte literarisch-musisch-ästhetische Bereich schreie geradezu nach „Entschleunigung“.

„Wenn pädagogisch wertvolle Schulveranstaltungen wie Klassenfeste, Lerngänge, Musical-Projekte an der Schule, Theater- und Konzertaufführungen nicht mehr als Be­reicherung des Schulalltags, sondern als `Störung´ bei der Hetzjagd nach einer optima­len Beurteilung empfunden werden, spricht das nicht für die Gesellschaft“, kritisiert der VBE-Vorsitzende. Die Wertigkeit der Schule dürfe nicht an abfragbarem Faktenwissen und „pisatauglichen“ Fächern festgemacht werden. Den Wert eines Schülers lediglich über dessen Verwertbarkeit für das Arbeitsleben zu definieren, sei töricht.

Dem VBE sei es ein Anliegen, dass Schüler und Lehrer in der Schule wieder mehr Muße für die Musen haben. So wichtig Sprachen, Mathematik, Naturwissenschaften und Technik auch seien, eine Gesellschaft, die keine Zeit mehr für schöne Künste habe, sei eine arme Gesellschaft, mahnt Brand. Die geplante Auflösung des Fächerverbunds MeNuK (Mensch, Natur und Kultur) in der Grundschule und die Wiedereinführung der Einzelfächer Musik und Kunst seien ein Schritt in die richtige Richtung, so Brand.

VBE: Vom Klassenzimmer zum Lernatelier

Mit der Gemeinschaftsschule hat eine neue Begrifflichkeit Einzug gehalten

Der Verband Bildung und Erziehung (VBE) Baden-Württemberg sieht mit einer gewissen Sorge, dass sich durch die Einführung der Gemeinschaftsschule auch die Begrifflichkeit des pädagogischen Vokabulars gewandelt hat, und Eltern zuweilen nicht verstehen, was ihre Kinder meinen, wenn sie von der Schule berichten. Hier sei noch viel behutsame Aufklärungsarbeit notwendig, so der VBE-Sprecher, da­mit nicht allein durch Verständnisprobleme eigentlich unnötige Ängste geschürt werden.

In Peter Bichsels Kurzgeschichte „Ein Tisch ist ein Tisch“ gibt der Protagonist, ein alter Mann, den Dingen neue Namen und glaubt, dass sich dadurch alles ändern werde. Das sei, so der Autor, jedoch keine lustige Geschichte, sondern eine traurige. Denn zum Schluss macht es dem alten Mann Angst, mit den Leuten zu sprechen, weil er sie nicht mehr verstehen kann, und auch die Leute ihn nicht mehr verstehen.

VBE Pressesprecher Michael Gomolzig
Michael Gomolzig, Sprecher des VBE

Wenn Eltern ihre Kinder, die heute in Gemeinschaftsschulen gehen, reden hören, ver­stehen auch sie so manches nicht mehr und benötigten eigentlich ein Glossar, um die gängigsten Begriffe dieser neuen Schulart richtig einordnen zu können. So halten sich die Schüler nicht mehr in einem Klassenzimmer auf, sondern in einem „Lernatelier“ oder in einem Lernbüro, wo ihnen Lernprojekte angeboten werden. Der Lehrer nimmt als Experte für fachliche Fragen die Rolle des „Lernbegleiters“ ein und initiiert bezie­hungsweise organisiert die „Lernprozesse“ der Schüler. Er schlüpft auch in die Rolle des „Lerncoachs“ und berät die „Lerner“ zu Fragen im Zusammenhang mit der indivi­duellen Lernentwicklung oder dem Erwerb personaler, sozialer und methodischer Kom­petenzen. Er steuert das kooperative Lernen und das differenzierte Arbeiten etwa mittels spezifischer Lernspiralen (nach Klippert).

Frontalunterricht wird durch „Inputphasen“ für die gesamte Lerngruppe – vormals Klasse – oder auch nur für einzelne Lerner abgelöst. Gemeinsame Klassenarbeiten mit herkömmlicher Notengebung werden nicht mehr geschrieben, sondern die auf drei Ni­veaustufen erworbenen Kompetenzen in Kompetenzrastern dokumentiert. Manche be­kannte Begriffe bekommen eine neue Bedeutung: so dürfen Schüler offiziell „Spick­zettel“ mit einer stark begrenzten Anzahl von Wörtern anfertigen, um für sich den Lern­stoff im Vorfeld klar zu strukturieren. Es wäre schade, wenn durch eine Überfrachtung mit zu vielen neuen Begrifflichkeiten das enorme Engagement der Lehrkräfte an Ge­meinschaftsschulen torpediert werden würde, so der VBE-Sprecher.

Sonderschulen leisten hervorragende Arbeit zur Integration

VBE hat kein Verständnis für eine Demontage dieser Schulart

Stuttgart. Der Verband Bildung und Erziehung (VBE) hat kein Verständnis für die ständi­gen Angriffe auf die Sonderschule als eine Art „Aussonderungseinrichtung“. Die unterschiedlichen Sonderschulen sind nach Auffassung des VBE sehr gut aufge­stellt. Ein Überwechseln der Kinder auf eine Sonderschule ist kein Aussortieren oder Abschieben, wie es von Gegnern dieser Schulart gerne behauptet wird.

Der VBE hält eigenständige Sonderschulen auch nach der UN-Konvention weiterhin für erforderlich, solange schon allein aufgrund der schlechteren räumlichen, sächli­chen und personellen Ausstattung der Regelschulen nicht alle Kinder dort optimal ge­fördert werden können und in viel zu großen Klassen „untergehen“ würden.

Die Sonderschulen in Baden-Württemberg sind nach Ansicht des VBE hervorragend aufgestellt, die Pädagogen fachlich bestens ausgebildet. An den neun verschiedenen Sonderschultypen gibt es äußerst professionelle Rahmenbedingungen für eine indivi­duelle, kindgerechte Bildung und Erziehung Benachteiligter.

Immer wieder wird von Eltern versucht – zuweilen auch „mit der Brechstange“, zum Teil schwerstbehinderte Kinder in Regelschulen unterzubringen, selbst wenn dort kei­ne entsprechenden Fördermöglichkeiten vorhanden sind. „Dadurch würden benachtei­ligte Kinder noch einmal benachteiligt“, sagt der VBE-Sprecher.

Für den VBE ist es unbestritten, dass alle behinderten Kinder einer optimalen För­derung bedürfen, um ihnen den bestmöglichen Einstieg in eine eigenverantwortliche Lebensbewältigung zu geben. Der Besuch einer allgemeinen Schule kann für Kinder mit sonderpädagogischen Förderbedarf sinnvoll sein, wenn an dem von Eltern ge­wünschten Schulort die Voraussetzungen stimmen. Dies ist in Ermangelung der nöti­gen Finanzmittel an den wenigsten Schulen zurzeit der Fall. „Wegen der umfassenden gezielten effektiven Förderung der Kinder sind Sonderschulen daher ein Baustein zur Integration und kein Ort der Ausgrenzung“, versichert der VBE-Sprecher.

Leider ist die Versorgung dieser Schulart mit Lehrerstunden keinesfalls ausreichend. Und trotzdem geht kein Aufschrei durch das Land, dem Kultusminister werden keine Unterschriftenlisten übergeben, und kein Außenstehender macht sich für eine bessere Unterrichtsversorgung der Sonderschüler stark, denn die haben selten eine Lobby.

VBE ist skeptisch: Beruhigungspille für die Lehrerschaft oder Hoffnung auf einen Placebo-Effekt?

Zumeldung zur SPD-Aussage: 400 Stellen weniger streichen

Wenn SPD-Chef Schmiedel im nächsten Schuljahr 400 Stellen weniger streichen will als zunächst vorgesehen, aber die bis 2020 insgesamt 11.600 wegfallenden Leh­rerstellen weiterhin im Raum stehen, sehe das mehr nach einem „Liebkindmachen bei den Heulsusen“ aus als nach einem großen bildungspolitischen Wurf, urteilt der Sprecher des Verbandes Bildung und Erziehung (VBE) knallhart und wartet schon auf das sicher auf dem Fuß folgende Dementi aus dem Lager der Grünen.

VBE Pressesprecher Michael Gomolzig
Michael Gomolzig, Sprecher des VBE

Die Bildungspolitik der grünen-roten Landesregierung zeichnete sich bisher immer wie­der durch Ankündigungen und nachgeschobene Dementi aus, durch rasche Entschei­dungen und dem darauf folgenden geordneten Rückzug. „Verlässlichkeit sieht anders aus“, kritisiert der VBE-Sprecher. 11.600 Lehrerstellen sollen bis zum Jahr 2020 gestri­chen werden, obwohl die Landesregierung weiß, dass zwar die Schülerzahlen zurückge­hen, die Aufgaben – nicht zuletzt durch die Visionen von Grün-Rot – aber gewaltig zu­genommen haben. Mehr Ganztagesschulen, mehr individuelle Förderung, mehr Ge­meinschaftsschulen und die gesamtgesellschaftliche Aufgabe Inklusion erfordern mehr Lehrerstellen und nicht weniger.

Wenn jetzt SPD-Fraktionschef Schmiedel auf einem Lehrerkongress ankündigt, im nächsten Schuljahr 400 Stellen weniger zu streichen, muss vor dem Hintergrund der Streichung von insgesamt 11.600 Lehrerstellen die Frage erlaubt sein, ob hier der Leh­rerschaft eine Beruhigungspille verabreicht wird oder ob es sich um das Prinzip Hoff­nung handelt, der Placebo-Effekt werde schon dafür sorgen, dass dann alle ruhiggestellt und zufrieden sind. Wer einen Bildungsaufbruch wagen will, benötigt deutlich mehr und nicht weniger Lehrerstellen, stellt der VBE-Sprecher klar. Und 11.600 Lehrerstellen weniger ist keine kleine kosmetische Korrektur, sondern ein spürbarer Radikalrück­schnitt. „Dass Grün-Rot jetzt auf den Bund hofft, um alle bildungspolitischen Pläne auch verwirklichen können, mag man ja verstehen. Es ist aber unerträglich, wenn jeder Missstand nach drei Jahren Regierungsverantwortung im Land immer noch mit den (Un-)Taten der Vorgängerregierung weg-erklärt wird“, so der VBE-Sprecher.

VBE: Hauptschullehrern droht kein Hartz IV, den meisten fehlt jedoch eine vernünftige Zukunftsperspektive

Beim Verband Bildung und Erziehung (VBE) Baden-Württemberg sorgt man sich um die Hauptschullehrer, deren Schulen jetzt nach und nach geschlossen werden. „Hartz IV droht diesen in der Regel hoch engagierten Pädagogen natürlich nicht; trotzdem macht es Lehrer auf Dauer krank, wenn sie nicht wissen, wie es mit ih­nen weitergeht“, sagt der VBE-Sprecher. Es sehe leider auch ganz so aus, als ob man im Kultusministerium bei diesem Problem eher den Kopf in den Sand stecke.

Es gibt Hauptschullehrer, die jetzt schon die zweite Schließung ihres Arbeitsplatzes mit­machen. Nach Auffassung des VBE darf es nicht sein, dass diese Lehrkräfte immer so lange von Hauptschule zu Hauptschule weitergereicht werden, bis auch die letzte Haupt­schule, an die sie versetzt worden sind, dicht macht. „Das ist keine Zukunftsperspektive für die betroffenen Lehrkräfte“, moniert der VBE-Sprecher. Gab es bis vor kurzem im Land noch weit über 1200 Haupt-/Werkrealschulen, sind es jetzt gerade noch einmal gut 800 – Tendenz weiter erdrutschartig fallend.

Ein Wechsel an die Gemeinschaftsschule wäre laufbahnrechtlich zwar kein Problem. Wegen des Anforderungsprofils suchten diese neue Schularten vor allem Realschul- und Gymnasialkollegen – etwa für Französisch. Deshalb fühlten sich Hauptschullehrer auch an dieser Schule wieder überflüssig.

Die Realschule, an denen mittlerweile immer mehr Hauptschüler unterrichtet werden, könnte das Expertenwissen der Hauptschullehrer durchaus gebrauchen. Jeder Haupt­schulkollege an der Realschule mindert jedoch die Einstellungschancen junger Real­schullehrer; zumal obendrein auf Beschluss der Landesregierung Jahr für Jahr Lehrer­stellen im Tausenderbereich abgebaut werden.

Fast alle Hauptschulkollegen hatten das Lehramt für Grund- und Hauptschulen stu­diert. Einem Einsatz an der Grundschule stünde also rein rechtlich nichts im Wege. Da sich die Lehrer jedoch auf einen Stufenschwerpunkt spezialisiert hatten, wird sich ein Deutsch- oder Physiklehrer, der jahrelang in den oberen Klassen einer Hauptschule un­terrichtet hat, in den Eingangsklassen einer Grundschule alles andere als wohl fühlen.

Der VBE setzt sich dafür ein, dass Hauptschullehrkräfte, die jetzt an einer Realschule unterrichten, eine Nachqualifizierung erfahren dürfen, so dass ihnen auch die entspre­chende Besoldung der Realschule zuteil werden kann, beziehungsweise sie sich dort auch um eine Leitungsstelle bewerben können.