Heute wende ich mich mit einem Anliegen an Sie, welches gerade im Hinblick auf die anstehenden Personalratswahlen dringend geklärt werden muss. Meine Kolleginnen und Kollegen haben das „Schwarze Brett“ – welches normalerweise den Verbänden und Gewerkschaften und dem Personalrat zur Verfügung steht – einfach umgewidmet. Genauer gesagt, konnte ich nach einer einwöchigen Krankheit keinerlei Fortbildungsangebote, Flyer … des VBE BW bzw. des Personalrats an der Ausstellungsfläche mehr finden. Alle Plakate und Informationen waren abgehängt und weggeworfen. Auf Nachfrage wurde mir mitgeteilt, dass ich meinen persönlichen Interessen für Verbands- und Personalratsveranstaltungen und deren Arbeit nun eben auf andere Art und Weise nachkommen müsste.
Wörtlich sagte meine Kollegin scherzhaft zu mir: „Hab dich nicht so, im Internet findest du sowieso alles Nötige.“ Ich habe zunächst nicht geantwortet, sondern möchte mich erst bei Ihnen informieren und absichern. Jetzt hängen an dieser Wand also Zitate aus dem Bildungs- bereich, diese sollen der Motivation dienen und uns Lehrkräfte positiv stimulieren. Als langjähriges VBE-Mitglied bin ich entsetzt über dieses Vorgehen. Bevor ich jedoch massiv interveniere, hätte ich gerne Ihre Unterstützung beziehungsweise eine rechtliche Einschätzung.
Gerne beantworte ich Ihre Mail und Ihr Anliegen. Zunächst möchte ich die „Umwidmung“ der Aushangfläche persönlich bewerten. Höchstwahrscheinlich war dieses Abhängen der Verbandsinformationen von Ihren Kolleginnen und Kollegen nicht böse gemeint, sondern ist der reinen Unwissenheit geschuldet. Voraussichtlich wollte man diesen positiven Botschaften einfach nur eine Plattform geben. Im Lehrerzimmer motivierende Zitate aufzuhängen, ist grundsätzlich ja ein guter Gedanke.
Die Umsetzung, dafür die Aushangfläche der Gewerkschaften und Verbände und des Personalrats zu benutzen, ist allerdings nicht in Ordnung. Auch die persönliche Spitze hinsichtlich Ihrer Interessen für die Arbeit des VBE und des Personalrats müssen Sie nicht tolerieren. Hier würde ich mich klar positionieren. Gerne liefere ich Ihnen dazu den entsprechenden rechtlichen Einblick, denn das Recht der Verbände und Gewerkschaften auf Werbung und Information in Schulen ist vom Grundsatz her gesichert. Grundsätzlich gilt, es dürfen Informationsmaterialien verteilt und Werbung für den Verband oder den Personalrat gemacht werden.
1. Die Veröffentlichungen des Dienstherrn, des Personalrats, der Schwerbehindertenvertretung
Es muss in jeder Schule einen Platz geben, wo offizielle Bekanntmachungen veröffentlicht werden. Zum einen müssen an dieser Stelle die Ansprechpartner und die Kontaktmöglichkeiten des Personalrats und der Schwerbehindertenvertretung vermerkt sein. An dieser Stelle kann aber auch der Dienstherr Bekanntmachungen veröffentlichen.
Im Wahlverfahren der anstehenden Personalratswahl sind diese Schwarzen Bretter ebenfalls verfahrenserheblich. Dort müssen Bekanntmachungen zu finden sein, wie zum Beispiel das Wahlausschreiben. Wenn diese fehlen, liegt ein Verfahrensfehler vor. Inzwischen können Bekanntmachungen auch elektronisch erfolgen. Da aber noch nicht alle Beschäftigten einen E-Mail-Account haben, dürfen Bekanntmachungen noch nicht ausschließlich beispielsweise per Mail erfolgen.
2. Werbemöglichkeit der Gewerkschaften
Das Grundgesetz (Art. 9 III) gewährleistet den Schutz der Verbände und Gewerkschaften in ihrer Koalitionsfreiheit mit dem Recht auf eine eigene Organisationsform mit eigener verbandsinterner Organisation und dem Recht, diese Koalition zu erhalten und zu sichern. Was sich so allgemein und unkonkret anhört, ist der Schutz, für die Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen einzutreten und in diesem Kontext die Interessen ihrer Mitglieder in dem antagonistischen Interessensgegensatz zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber, den das Grundgesetz anerkennt, zu vertreten. Ganz konkret sind dies die Sicherung der Tarifautonomie mit dem Streikrecht zur Herstellung und Wahrung eines Verhandlungsgleichgewichts und das Recht auf Mitgliederwerbung und Information über die Ziele der Verbände und Gewerkschaften innerhalb des Betriebes, der Schule.
Das Beamtenstatusgesetz trägt dem Grundgesetzanspruch im § 52 Rechnung: „Beamtinnen und Beamte haben das Recht, sich in Gewerkschaften und Berufsverbänden zusammenzuschließen. Sie dürfen wegen Betätigung für ihre Gewerkschaft oder ihren Berufsverband nicht gemaßregelt oder benachteiligt werden.“ Nun aber zu Ihrer eigentlichen Frage bezüglich „Werbung“ an Schulen.
Das Land Baden-Württemberg trägt dem in einer Verwaltungsvorschrift „Werbung, Wettbewerbe und Erhebungen in Schulen“ Rechnung:
§ 52, 2.4. Berufsverbände der Lehrer dürfen Mitteilungen an Lehrer verteilen oder an einem ihnen im Lehrerzimmer zur Verfügung gestellten Schwarzen Brett aushängen, wenn es sich um spezifisch koalitionsgemäße Informationen im Rahmen des Art. 9 Abs. 3 Grundgesetz handelt.
§ 52, 2.5. Die Personalräte dürfen im Rahmen ihres Aufgabenbereichs und ihrer Zuständigkeit Mitteilungen an die Lehrer verteilen oder an einem ihnen im Lehrerzimmer zur Verfügung gestellten Schwarzen Brett aushängen.
Wie sollten Sie vorgehen?
Schätzen Sie selbst die Situation ein. Falls es Ihrer Einschätzung nach keine böse Absicht war, dass die Werbematerialien und Informationen weggeworfen wurden, dann würde ich diplomatisch vorgehen und in einem freundlichen, aber klärenden Gespräch die gute Absicht hinsichtlich der positiven Botschaften betonen, aber auch auf das Recht auf Werbung beziehungsweise Information von beispielsweise dem VBE BW, anderen Verbänden und Gewerkschaften oder dem Personalrat hinweisen. Zu empfehlen wäre auch, dass Sie auf die wesentliche Bedeutung des Schwarzen Bretts für offizielle Bekanntmachungen hinweisen. Es ist sicher im Interesse aller Kolleginnen und Kollegen, dass insbesondere die Personalratswahl verfahrensfehlerfrei durchgeführt wird. Zudem ist es ein Ort für wichtige Informationen des Personalrats, der Schwerbehindertenvertretung oder des Dienstherrn. Dafür muss Platz sein!
Der bisherige Aushang muss also wieder Aufnahme im Lehrerzimmer finden bzw. reaktiviert werden. Gut ist immer, eine Kompromisslösung zu finden, vielleicht gibt es ja eine andere oder gar eine zusätzliche Fläche für die Zitate?
Vielen Dank, dass Sie sich so engagiert für den VBE und den Personalrat einsetzen!
Ich wünsche Ihnen alles Gute, bleiben Sie dem VBE wohlgesinnt!
Walter Beyer, stellv. VBE-Landesvorsitzender