Der VBE haut auf die Pauke…

abgesenkte Eingangsbesoldung

Dieser Beitrag soll helfen, unseren Kolleginnen und Kollegen die Angst vor großen Zahlen zu nehmen, indem wir die Finanz- und Bildungspolitik von heute und morgen realistisch betrachten. Denn: Zahlen lügen nicht! Der VBE hat in vielen Bereichen Erfolge aufzuweisen, die in kleinen Schritten erfolgten und erfolgen (jüngst: Abschaffung der acht-Prozent-Absenkung der Eingangsbesoldung für neu eingestellte Beamte ab Sept. 2018), aber wenn wir in diesen Zeiten nicht den Durchbruch für eine bessere Bildung, für eine bessere Schule, für eine deutlich verbesserte Schullandschaft erreichen, wann dann?

Der VBE legt die Finger in die Wunden
  • denn er fordert kompromisslos die A 13-Grundbesoldung für alle wissenschaftlichen Lehrkräfte. Davon würden vor allem Grundschullehrkräfte und „verbliebene“ Haupt- / Werkrealschullehrkräfte profitieren.
  • Der VBE fordert dann folgerichtig, dass das Gehaltsgefüge zwischen Lehrkräften und Schulleitungen wieder ins Lot gebracht wird. Schulleitungsstellen müssen wieder attraktiver werden, damit sich die Bewerberzahlen erhöhen können.
  • Der VBE fordert zusätzlich eine 100-Prozent-Unterrichtsversorgung, die den Namen tatsächlich verdient und obendrauf eine sechsprozentige Lehrerreserve, die nicht schöngerechnet wird.
  • Der VBE fordert die Angleichungen der Entgelttabelle für angestellte Lehrkräfte, denn es ist – trotz großer Erfolge in der jüngsten TV-L-Verhandlungsrunde – nicht länger hinnehmbar, dass Tarifbeschäftigte monatlich Hunderte von Euros einbüßen, obwohl sie die gleiche Arbeit erledigen wie die Beamten.
  • Der VBE fordert die Abschaffung der unselig langen Wartezeiten bei der Beförderung von Fachlehrerinnen und -lehrern.

Ja, man könnte angesichts der bestehenden Mängel und Ungerechtigkeiten die Liste deutlich weiter verlängern. Beispielsweise fordert der VBE immer wieder, die beste Schulreform endlich zu verwirklichen: kleinere Klassen, geringere Deputate für Lehrkräfte und die Angleichung der Entlastungsstunden für besondere Belastungen an den gymnasialen Bereich. Gerade die letzte Forderung hat in diesen Zeiten eine besondere Berechtigung. Die größte Heterogenität gibt es in der Grundschule, aber auch die politisch gewollte „Vielfalt“ hat die Arbeit in allen Schularten deutlich erschwert. Die VBE-Studie des forsa-Institutes hat nachgewiesen, dass Gewalt inzwischen in allen Schularten – leider auch in den Grundschulen – ein Thema ist. 

Nochmals damit ja kein falscher Eindruck entsteht: Der VBE hat auch in den oben genannten Bereichen Erfolge aufzuweisen, die in kleinen Schritten erfolgten und erfolgen, aber wenn wir in diesen Zeiten nicht den Durchbruch für eine bessere Bildung, für eine bessere Schule, für eine deutlich verbesserte Schullandschaft erreichen, wann dann?

„Steuereinnahmen klettern auf neues Rekordhoch“

So titelt das Finanzmagazin Focus Money 2017. Die Erläuterung: Bund, Länder und Gemeinden können bis 2021 mit zusätzlichen Steuereinnahmen in Milliardenhöhe rechnen. Was man damit macht, darüber streiten sich die Parteien: die SPD will investieren, die CDU will die kleinen und mittleren Einkommen entlasten, die CSU fordert massive Steuersenkungen, während der Chef der Bundes-FDP konstatiert, dass die Gier des Staates kleptokratische Züge annimmt. 

Tatsächlich lohnt es sich, einmal ein paar Zahlen anzuschauen. Dabei können wir das Rechnen mit Millionen vergessen. Längst sind wir im dreistelligen Milliardenbereich angekommen.

So berichtet der deutsche Auslandssender „Deutsche Welle“: Bund, Länder und Gemeinden sind mit weiter sprudelnden Steuereinnahmen ins Jahr 2018 gegangen. Insgesamt lag das Steueraufkommen für Bund und Länder nach Angaben des Bundes-Finanzministeriums im Jahre 2017 bei 674,6 Milliarden Euro. Das waren 26,3 Milliarden Euro oder 4,1 Prozent mehr als 2016. „Die deutsche Wirtschaft befindet sich in einem kräftigen Aufschwung, der sich zunehmend auf eine breite binnen- und außenwirtschaftliche Basis stützt“, hieß es in dem Bericht des Bundes-Finanzministeriums. Jüngste Expertenanalysen belegen: Die deutsche Wirtschaft steuert auf ihr neuntes Wachstumsjahr in Folge zu. 

Finanzminister Olaf Scholz stellt im Mai 2018 fest, dass im Jahre 2018 772,1 Milliarden Steuereinnahmen erwartet werden, die bis ins Jahr 2022 auf 905,9 Milliarden ansteigen. Der Bund habe bis 2022 zusätzliche Spielräume von 10,8 Milliarden Euro. Auch im Jahr 2018 zeichnet sich eine Mehreinnahme von 7,8 Milliarden Euro ab. Die Erfolgsgeschichte scheint kein Ende zu nehmen: Alle Wirtschaftsprognosen sprudeln vor Optimismus, und jede neue Steuerschätzung übertrifft die vorhergehende um mehrere Milliarden. 

Hatte nicht Bundeskanzler Kohl vor fast 30 Jahren dem Osten Deutschlands blühende Landschaften versprochen? Und jetzt haben wir sie tatsächlich auch im Westen. „Tu felix Germania!“ 

Doch bevor ich jetzt ganz vom Boden abhebe, schauen wir uns selbigen doch einmal genauer an: Die Straßen in unseren Dörfern sind in einem teilweise erbärmlichen Zustand, die Schulhäuser fügen sich nahtlos in dieses Bild ein. Unsere Bundeswehr – immerhin als Nato-Speerspitze des Jahres 2019 – hat nicht nur beim Großgerät massive Schwierigkeiten. Sie kann anscheinend auch ihre Soldaten nicht mit ausreichend Schutzwesten, Winterbekleidung und Zelten ausstatten. Und bei den ehemals staatlichen und jetzt privatisierten Bereichen hat der Staat seine Hände ja immer noch im Spiel. Ist bei der Deutschen Bahn und der Deutschen Post seit der Privatisierung alles besser geworden? Die Antwort weiß jede/r selbst, der/die mit diesen Institutionen zu tun hat. Während die einen die Verspätungen ihrer Züge so gut wie möglich verschleiern, bekommen die anderen nicht mehr täglich ihre Briefe in die Kästen. Aber die Verwaltungsgebäude (siehe Berlin Potsdamer Platz), die wachsen zum Himmel, als ob „unten“ alles in Ordnung wäre. Mein Fazit: Politische Gremien und Regierungen müssen wieder mehr Demut lernen. „Alle politische Macht geht von Volke aus!“ muss wieder gelebt, muss wieder spürbar gemacht werden. 

Die Finanzminister: „Wir wüssten nicht, wo wir das Geld für eine bessere Schule hernehmen sollten.“

Ist es unverschämt, für die Bildung Milliarden zu fordern?

Eindeutig nein, denn der frühere CDU-Bundestagsabgeordnete Wolfgang Bosbach bringt in seinem Statements auf der Rundreise durch die Republik regelmäßig das Bonmot: „Wer nichts im Boden hat, muss wenigstens was in der Birne haben!“ Dabei spielt er besonders in Baden-Württemberg auf die fehlenden Bodenschätze an. Es sei deshalb umso wichtiger, über die Bildung Schätze in den Köpfen unserer Schüler anzusammeln, damit jede neue Generation die Zukunft unseres Landes voranbringen kann. Doch auch hier ist ein Rundblick auf den Boden der Tatsachen ernüchternd. Die digitale Grundversorgung unserer Gesellschaft kommt nur schleppend voran, Schulunterricht wird auf Sparflamme erteilt, weil seit Jahrzehnten versäumt worden ist, eine ausreichende Anzahl von Lehrkräften einzustellen. Die Vergleichsstatistiken der Ranglisten für die Leistungen in verschiedenen Schulfächern (so fragwürdig sie sein mögen) sind so abgesunken, dass die Analyse auch noch kaum Spaß macht. Jahrzehnte hat man nur noch an den Selbstantrieb aller Menschen geglaubt und Anforderungen und Leistungsnachweise vergessen, so dass wir inzwischen so weit sind, dass Universitäten und Betriebe eigene Eingangsprüfungen entwickelt haben, weil die Abschlusszeugnisse unserer Schularten nichts mehr aussagen. Politiker wacht auf! Nicht alles Neue ist gut, und nicht alles Gute ist neu. Es kommt darauf an, Bewährtes auszubauen und darauf aufzubauen.

Der VBE darf nicht nachlassen und nicht dabei rot werden, wenn es darum geht, Milliarden für die Bildung zu fordern. Sie sind da. Sie müssen nur richtig eingesetzt werden.   

Karikatur von Sylvia Meyer-Krafczyk