Der VBE im Gespräch mit der Landtagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen

„Jede weiterführende Schule profitiert von guter Grundschule“, so die Fraktionsvorsitzende Edith Sitzmann MdL, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. 

Am 28. Juli 2015 begrüßten die Fraktionsvorsitzende von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, MdL Edith Sitzmann, und der Parlamentarische Berater für Bildung, Dr. Mussie Habte, die VBE-Delegation im Abgeordnetenhaus des Landtags Baden-Württemberg. Den VBE repräsentierten der Landesvorsitzende Gerhard Brand, die Stellvertetenden Landesvorsitzenden Gerhard Freund, Michael Gomolzig und Otmar Winzer sowie Heike Stober, Mitglied der Verbandsleitung.

Bild Gespräch Grünen

Erster Gesprächsschwerpunkt war die große Aufgabe der Inklusion. Auf die Frage des VBE-Landesvorsitzenden Gerhard Brand nach der schwierigen Lehrerversorgung im Bereich der Sonderpädagogik, wies Sitzmann zustimmend auf mehrere Hundert zusätzlich geschaffene Stellen hin. Zudem nahm sie Bezug auf die jüngste Reform der Lehrerbildung, d.h. auf die Aufnahme inklusiver Inhalte in die Studien- und  Prüfungsordnungen aller Lehramtsstudiengänge. Die Steuerungsmöglichkeiten im Einzelnen bildeten sich aktuell in Ermangelung eines regional umfassenden Gesamtbildes noch nicht ab. Für Lösungsansätze der Delegation zeigte sich Sitzmann offen.

Die Stellvertretenden VBE-Landesvorsitzenden Otmar Winzer und Gerhard Freund betonten die Bedeutsamkeit der Aufrechterhaltung des eigenständigen Sonderschullehramtes, da z.B. fehlende Diagnosekompetenz selbst angesichts vermeintlich verbesserter Rahmenbedingungen nicht kompensierbar sei.

Sitzmann sagte eine Nachfrage gegenüber dem Kultusministerium bezüglich der regionale und fachbezogene Besonderheiten abbildenden Entwicklung der Einstellungssituation im Sonderschulbereich zu.

Zu der vom VBE-Landesvorsitzenden begrüßten, zukünftigen Entscheidungsfreiheit von Sonderschullehrkräften hinsichtlich ihrer dienstlichen Verortung führte Sitzmann aus, dass es Ziel gewesen sei, einen Rahmen zu schaffen, innerhalb dessen die Personen frei entscheiden sollen; auch persönliche Korrekturen seien so vorstellbar. Die Fraktionsvorsitzende führte aus, es sei nicht das Ziel gewesen, „Strukturen grundlegend zu verändern: Das Ziel Abschaffung der Sonderschule wäre ein Missverständnis gewesen“. Sie gehe davon aus, dass es nicht möglich sei, das bisherige Sonderschulwesen in Regelschulen zu überführen: „Es wird nicht alles möglich sein, regional schon gar nicht“, so Sitzmann, auch sei dies von Eltern nicht gewünscht. Vielmehr sei die grundlegende Intention, die UN-Konvention mit Leben zu füllen und jeden in seiner Eigenheit als Vielfalt und Bereicherung zu verstehen, wobei es sich um einen gesamtgesellschaftlichen, Jahre dauernden Prozess handle: „Wir wollen den Rahmen schaffen, dass Inklusion möglich ist und gelingt, nicht von oben verordnen.“ Sitzmann betonte, dass die sogenannte Volkholz-Studie Beratungsgrundlage, nicht Fraktionsposition gewesen sei.

Zum Thema Lehrerbildung betonte Brand im Kontext der Umstellung auf Bachelor- und Masterstruktur die aus dem Grundwert der staatlichen Aufsichtsausübung resultierende VBE-Forderung des Erhalts des 2. Staatsexamens am Ende des Referendariats. Selbiges stelle eine wertvolle Hürde zum Eintritt in den Staatsdienst dar.

Sitzmann führte als Beweggründe der Landesregierung zur Bologna-Umstellung insbesondere die Polyvalenz sowie das bundesweite Exzellenzprogramm aus. Die verstärkte Vernetzung hoher universitärer Fachlichkeit und didaktisch-methodischer Kompetenz der Pädagogischen Hochschulen begrüßte sie. Den Anspruch eines vollwertigen Studiums bezogen auf alle Lehrämter teilten die Gesprächsteilnehmer und -teilnehmerinnen. Die VBE-Delegation betonte die VBE-Forderung, das Lehramt an Grundschulen in 10 Semestern Regelstudienzeit auszubilden, woraus sich angesichts anspruchsvoller, der breiten Heterogenität der Schüler/innen geschuldeter Studieninhalte ein vollwertiger Masterabschluss ableite.

Sitzmann sprach sich für die Stärkung der Grundschulen aus und bewies wertschätzendes Bewusstsein für die Rolle der Grundschulen innerhalb des gesamten Schulsystems: „Jede weiterführende Schule profitiert von guter Grundschule.“ Um Grundschulkinder mit Lese- oder Rechtschreibschwäche besser fördern zu können, stellt daher das Land den Grundschulen 180 weitere Lehrerstellen zur Verfügung.

Winzer betonte die anhaltende beziehungsweise zunehmende Bedeutsamkeit der Vernetzung von Elementar- und Primarstufe und bezog in seinen Ausführungen wertvolle Erfahrungen mit auslaufenden und Fragestellungen zu aktuell favorisierten Programmen ein. Er betonte das Gewicht bewährter niederschwelliger Unterstützungs- und Assistenzsysteme sowie erfahrener Elternakzeptanz.

Sitzmann beteuerte das Ziel des Ausbaus der frühkindlichen Bildung, insbesondere der Sprachförderung in der Fläche. Es gelte, selbige als Bestandteil der Kinderbetreuung fest zu verankern und den Übergang vom Kindergarten in die Schule fließend zu gestalten. Sitzmann bezog sich hierbei auch auf die nennenswerte Ausweitung des Etats des Kultusressorts in der laufenden Legislaturperiode. Winzer wies darauf hin, dass eine Orientierung an der Bildungsmatrix des Orientierungsplans über Sprachförderung hinaus reiche.

Sitzmann nahm vor dem Hintergrund steigender Flüchtlingszahlen auch auf zusätzliche Lehrer/innenstellen für Vorbereitungsklassen Bezug.

Zum Thema Besoldungsstruktur führte Freund zum einen Unterschiede an Gemeinschaftsschulen zum anderen durch beispielsweise im Zuge von Schulauflösungen und Umsetzungen sich abzeichnende Veränderungen und Diskrepanzen aus. Über die ersten 2016 in den Schuldienst gelangenden Sekundar-I-Lehrkräfte hinaus galt das Augenmerk der VBE-Delegation den Perspektiven für im System befindliche Kolleginnen und Kollegen, d.h. den Weiterbildungs- und Aufstiegsmöglichkeiten nach A 13 für Bestandslehrkräfte.

Sitzmann legte dar, ihre Fraktion gehe aktuell davon aus, dass das Kultusministerium im Herbst ein diesbezügliches Konzept vorlegen werde. Sitzmann bestätigte die VBE-Ausführung, es gehe um Finanzen und wertzuschätzendes Engagement.

Die Fraktionsvorsitzende nannte als mögliche Schwerpunkte weiterer Gespräche die Schularten Grund-, Real- und Gemeinschaftsschule, die Eigenständigkeit von Schulen sowie die Stärkung von Schulleitungen; an der Fortsetzung von Gesprächen zeigten sich beide Gesprächsseiten interessiert.

Heike Stober, Mitglied der Verbandsleitung

Diesen Bericht mit Impressionen lesen Sie ebenfalls ausführlich im VBE-Magazin 10 / 2015.