Lederle spricht Klartext: Die Welt wird untergehen – ganz sicher!

Klartext

Sind Sie auch so gut ins neue Jahr gestartet? Also ich für meinen Teil hab mich so heftig wie selten auf die Weihnachtsferien gefreut, und ehrlich gesagt, kenne ich kaum jemanden, dem es hier nicht ähnlich ging. Das hatte in diesem Jahr weniger mit der weihnachtlichen Vorfreude und Stimmung zu tun, sondern damit, dass uns immer noch die Pandemie und vor allem deren Nachwirkungen, schulisch gesehen, voll im Griff hat. Damit meine ich nicht nur, dass wir alle wie bekloppt versuchen, die Kids wieder „stofflich“ auf Stand zu bringen und Defizite aufzuholen.

Sondern vor allem, dass wir die Kinder und Jugendlichen wieder an die Schule im Regelbetrieb, das soziale Miteinander und die viel beschriebenen Sekundärtugenden zu gewöhnen versuchen. Dass dies unglaublich viel Kraft, Zeit und Einsatz abverlangt, brauche ich wohl niemandem zu erklären, der jemals schon einen Fuß in ein Klassenzimmer unter Pandemiebedingungen gesetzt hat. Allgemeine Anerkennung hierfür? Na ja …

Sei’s drum. Die Ferien waren für mich nicht nur dringend notwendig, sondern vor allem auch schön. Jährlich wiederkehrende und lieb gewordene Traditionen sind einfach toll. Dazu gehört für mich ganz persönlich auch das Zeithaben. Zeit zu lesen, zu genießen und liebe Menschen zu treffen. Wie jedes Jahr habe ich natürlich auch gute Vorsätze gefasst. Das Übliche – gesünder leben, mehr Sport, weniger Stress – habe ich mir dieses Mal aber bewusst verkniffen. Wird ja sowieso nichts. Denn eines hat mich die Pandemie gelehrt: Nichts ist wirklich planbar in diesen Zeiten, also so nehmen, wie es kommt, und sich Nischen für sich selbst und seine Lieben schaffen. Das war es schon mit den Vorsätzen. Meine Frau war da schon sehr viel ausführlicher, aber sie ist sowieso eher der To-do-Listen-Typ, der gerne abhakt. Also setzte sie sich an den Schreibtisch und fing an.

Was bin ich froh, bei einem Verband zu sein, der nicht ideologisch verhaftet ist

Sie knurrt. „Was ist? Kommst du nicht mit deiner Liste weiter?“, frage ich. „Schon wieder. Echt jedes Jahr das Gleiche. Irgendein Magazin schreibt was über Nostradamus und seine dunklen Voraussagen. Soweit ich mich erinnere, ist noch nichts von alledem wirklich eingetroffen, von diesem wirr geschriebenen Zeug, in das du alles reininterpretieren kannst, wenn du es nur willst. Ehrlich, wer glaubt denn so einen Quatsch und liest das vor allem noch?“

Recht hat sie, aber es gibt wohl eine veritable Anzahl von Menschen oder auch Gruppierungen, die sich genau das und die Angst der Menschen zunutze machen, um damit hausieren zu gehen. Übrigens nicht nur Magazine, die sich als düstere Weltunter- gangspropheten betätigen. Es gibt auch Verbände, die genau das machen, um ihre eigene Position und Bedeutung zu überhöhen. Getreu dem Motto: Ich weiß etwas, was ihr nicht wisst, und es wird schlimm werden! Ihr alle werdet unglaubliche Qualen leiden und nur wir können euch erretten! Meist sind dies marginale Gruppen, die auf Mitgliederfang sind und durch solche Botschaften hoffen, mehr Aufmerksamkeit und damit auch mehr Gefolgschaft zu bekommen. Konzeptionelle Arbeit und realistisch-konstruktive Forderungen findet man dort eher selten. Stattdessen ein Gebilde aus populistischen Forderungen à la „Freibier für alle“, bildungspolitischen Weltuntergangsszenarien und verklärten Betrachtungen der Bildungslandschaft von vorgestern, nebst der Weigerung, gewisse soziale, gesellschaftliche oder politische Veränderungen anzuerkennen.

So war dies auch vor Weihnachten, als Gruppierungen sich mit der Botschaft aus dem „Flurfunk“ des Kultusministeriums an die Öffentlichkeit gewandt haben, dass hier eine Veränderung anstehe, die dem „Untergang des Abendlandes“ gleichzusetzen sei. Ganze Schularten stünden damit zur Disposition. Kein Stein bleibe auf dem anderen. Man müsse sich quasi auf einen „Kreuzzug“ begeben, um Schlimmeres zu verhindern. Und bei Lichte betrachtet? Na ja, handelt es sich eher um eine konsequente Fortführung der Strukturen am KM, die in der Schulaufsicht schon seit Jahren Usus sind, nebst der Beseitigung von Doppelstrukturen und der konsequenten Andockung der nicht mehr ganz so neuen Institute IBBW und ZSL ans KM.

Aber so ist das eben. Für manche ist eine Veränderung per se eine Bedrohung, andere sehen eher die Chancen und den Nutzen. Was bin ich froh, bei einem Verband zu sein, der nicht in Ideologien verhaftet ist, der echte Alternativen bietet und auf eine umfassende, differenzierte Betrachtung von Sachverhalten Wert legt. Ein Verband, in dem man auch mal konträr miteinander diskutieren kann, aber stets eine gemeinsame Linie findet. Ein Verband, bei dem die pragmatische sach- und lösungsorientierte Arbeit immer im Vordergrund steht und vor allem der mit seinen differenzierten Positionen tatsächlich in Stuttgart Gehör findet. Aber in einem haben die anderen dann doch recht. Die Welt wird untergehen. Ganz sicher. Nur nicht in den nächsten paar Milliarden Jahren oder wegen der Tatsache, dass man in der Thouretstraße Büros tauscht.

Dirk Lederle

Schulleiter Johanniterschule Heitersheim, stellvertretender VBE-Landesvorsitzender.