Der Einladung zum Fachgespräch bei den Grünen im Haus der Abgeordneten folgte der VBE-Landesvorsitzende Gerhard Brand, zur Überprüfung der Qualität von Ganztagsschulen nach dem neuen Ganztagsschulgesetz. Gastgeberin seitens der Grünen war Sandra Boser, stellvertretende Fraktionsvorsitzende und bildungspolitische Sprecherin, die durch Dr. Mussie Habte, parlamentarischer Berater für Bildung unterstützt wurde. Weitere Gesprächsteilnehmer waren zwei Ganztagsschulleiter, zum einen Herr Helmle von der Grundschule Steinbach, sowie Frau Schulz von der Weinbrennerschule in Karlsruhe.
Beide Schulleitungen erläuterten den Schulbetrieb aus ihrer Praxis und unterstrichen diesen mit Zahlen und Fakten. Beispielhaft wurden Lernzeiten und auch ein Lernatelier erläutert. Ebenfalls zugegen war der Vorsitzende des Landesschülerbeirats (LSBR) Joachim Straub.
VBE: Ganztagsschule braucht Qualitätsstandards
Der VBE begrüßt die Verankerung der Ganztagsschule im Schulgesetz und die damit verbundene Absicherung dieser Schulform über den Landeshaushalt. Ebenso begrüßt der VBE die Sicherung einer Pädagogik des ganzen Tages in einer rhythmisierten Tagesstruktur, in der Unterricht, Übungsphasen, Förderzeiten, Bildungszeiten, Aktivpausen und Kreativzeiten zu einer pädagogischen und organisatorischen Einheit verschmelzen sollen. Außerschulische Partner können das schulische Angebot im Ganztagsbetrieb bereichern. Der VBE weist aber auf Probleme hin, die in der Tagesgestaltung und der Zuverlässigkeit in Zusammenarbeit mit örtlichen Vereinen bestehen können. Der VBE sieht das vorgestellte Konzept der Wahlmöglichkeit auf dem richtigen Weg. Ganztagsschule kann ein Beitrag zur sozialen Gestaltung der Gesellschaft, zur besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie und zu mehr Bildungsgerechtigkeit sein. Ganztagsschule bietet die Möglichkeit, herkunftsbedingte Benachteiligungen aufzulösen. „Eine gute Ausstattung der Ganztagsbetreuung in der Grundschule hängt auch von ihrem Träger ab“, kommentiert Gerhard Brand, Landesvorsitzender des Verbands Bildung und Erziehung Baden-Württemberg.
“Wir brauchen endlich verbindliche Standards in der offenen Ganztagsbetreuung, die sich nicht nur an Quantität, sondern auch an Qualität orientieren. Dabei darf weder das Personal, noch an der sächlichen und räumlichen Ausstattung vorbeigeplant werden“, fordert Brand. Der VBE stellt klar, dass gute Ganztagsangebote ein multiprofessionelles Team benötigen. Dumpinglöhne im offenen Ganztag führen dazu, dass das Fachpersonal wegläuft und Kinder statt gefördert nur noch beaufsichtigt werden“, sagt Brand.
Als Fazit der dreistündigen Sitzung kristallisierten sich zwei Arbeitsschwerpunkte und eine Setzung heraus. Die Arbeitsschwerpunkte betreffen das Mittagsband und die Monetarisierung! Die Setzung ist die Wahlfreiheit über die Form der Ganztagsschule oder auch deren Ablehnung.
Die Bedeutung der vom VBE geforderten pädagogischen Ausrichtung des Mittagsbandes fand bei allen Teilnehmern Zustimmung. Insbesondere in den besprochenen Schularten, den Grundschulen und den Grundstufen der Sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentren müssen Lehrerinnen und Lehrer die pädagogische Begleitung und die Aufsicht während des Mittagsbandes haben. Das Mittagsband bietet eine Chance wertvolle Schlüsselqualifikationen in alltäglichen Situationen zu fordern und zu fördern. Diese Chance nicht zu nutzen, sei geradezu unpädagogisch, so Brand. Es ist nun am Kultusministerium, die dazu benötigten Lehrerstunden in die Planung aufzunehmen und das Mittagsband in die Hände der Lehrerinnen und Lehrer zu geben.
Die zunächst gutgemeinte Möglichkeit der Monetarisierung treibt eigene Blüten. Im Verlauf der Diskussion wurde deutlich, dass die Kommunen sehr unterschiedlich auf dieses Instrument reagieren. Während manche Kommunen keinerlei Monetarisierung seitens der Schule wünschen und die benötigten Angebote selbst stellen, stellen andere Kommunen ihre bisherigen Angebote ein und fordern von den Schulen, diese Angebote nunmehr über die Monetarisierung selbst zu finanzieren. Der VBE hat früh auf diese Gefahr hingewiesen. An dieser Stelle muss nachgearbeitet werden. Der VBE hat bereits einen Gesprächstermin mit Herrn Brugger, dem Dezernenten des Städtetags, vereinbart.
Letztendlich gab es in der zum Teil auch kontrovers geführten Diskussion um die Ganztagschule und deren Ausgestaltung auch eine Setzung: Die Wahlfreiheit ist entscheidend für den Erfolg der Ganztagsschule! Einigkeit bestand darüber, dass eine pädagogisch stringente Rhythmisierung in der gebundenen Form der Ganztagsschule am ehesten zu erreichen ist. Dass eine sinnvolle pädagogische Rhythmisierung auch in der Wahlform möglich ist, zeigten Schulleitungen aus Schwäbisch Hall und Karlsruhe. Bei der Präsentation ihrer Schulen wurde deutlich, dass es von der damaligen Regierung vollkommen richtig war, es in die Entscheidung der Beteiligten vor Ort zu stellen, für welche Form der Ganztagsschule man sich entscheidet. Im Gegensatz zu manch anderen Lehrerverbänden oder –gewerkschaften stand der VBE von Anfang an zu dieser Wahlfreiheit und hat sich auf politische Ebene dafür stark gemacht. Jetzt zeigt sich, dass diese Positionierung richtig war. Wir brauchen diese Freiheit, um auf die örtlichen Gegebenheiten eingehen zu können.
Bilder: Caroline Blarr, stv. Pressesprecherin und Internetredakteurin beim Bündnis 90 / die Grünen