VBE: Landespressekonferenz Umfrage zur Inklusion

VBE-Landesvorsitzender Gerhard Brand kommentiert auf der Landespressekonferenz in Stuttgart, die Ergebnisse der aktuellen Studie zur Inklusion wie folgt: „Inklusion wird nicht gelingen, wenn eine Lehrkraft alleine, ohne Unterstützung durch weitere Professionen und nicht ausreichend fortgebildet, in zu großen Klassen und zu kleinen Räumen zu viele Kinder mit äußerst unterschiedlichen Bedürfnissen gleichzeitig unterrichten muss! Die repräsentativen Ergebnisse unserer Studie zur Inklusion belegen aber erneut, dass genau das nach wie vor die Realität an baden-württembergischen Schulen ist“.

Im Auftrag des VBE hat das Meinungsforschungsinstitut forsa eine Umfrage mit dem Titel „Inklusion an Schulen aus Sicht der Lehrkräfte in Deutschland – Meinungen, Einstellungen, Erfahrungen“ durchgeführt. Forsa hat die repräsentative Befragung unter 2.050 Lehrkräften allgemeinbildender Schulen im April und Mai 2017 durchgeführt. Der VBE Baden-Württemberg bezieht sich bei den folgenden Aussagen überwiegend auf die in Baden-Württemberg erhobene Stichprobe.

VBE zeigt sich nicht überrascht über die Ergebnisse

57 Prozent der Lehrkräfte in Baden-Württemberg sprechen sich in der Umfrage trotz der schlechten Bedingungen nach wie vor für den gemeinsamen Unterricht aus. Dieser Wert ist damit leicht gesunken: 2015 sprachen sich noch 66 Prozent für den inklusiven Unterricht aus. Offen und ohne Vorgaben nach den Gründen gefragt, die für Inklusion sprechen, nannten die Lehrkräfte die Förderung sozialer Kompetenzen, das soziale Lernen und die Förderung von Toleranz durch das tägliche Miteinander. Bei Gründen gegen die inklusive Beschulung geben Lehrkräfte vor allem nicht ausreichende Rahmenbedingungen wie fehlendes Personal, ungenügende materielle und finanzielle Ausstattung und mangelnde Aus-, Fort-, und Weiterbildung an.

Der Landesvorsitzende: „Diese Zahlen sind nach Meinung des VBE Baden-Württemberg klare und eindeutige Handlungsanweisungen an die Politik: Stellt den Lehrerinnen und Lehrern die Rahmenbedingungen zur Verfügung, mit denen Inklusion gelingen kann!

VBE: Lehrkräfte befürworten Inklusion und machen sich für die SBBZ stark

Die Lehrerinnen und Lehrer in Baden-Württemberg befürworten Inklusion, machen sich aber auch für Sonderpädagogische Bildungs- und Beratungszentren (SBBZ) stark. 98 Prozent der befragten Lehrerinnen und Lehrer sind für den Erhalt der SBBZ. Seit 2015 ist dieser Wert unverändert hoch geblieben. „Das spricht für die herausragende Arbeit, die an den Sonderpädagogische Bildungs- und Beratungszentren geleistet wird. Hier ist Expertise vorhanden, die dazu genutzt wird, um jedes Kind bestmöglich zu fördern“, interpretiert der VBE-Landesvorsitzende, Gerhard Brand, das Ergebnis.

Nur 18 Prozent der Befragten in Baden-Württemberg berichten, dass ihr Schule vollständig barrierefrei ist. Seit 2015 hat sich damit wenig getan, denn damals gaben 16 Prozent der Lehrkräfte an, dass ihre Schule barrierefrei ist. Trotzdem berichten 38 Prozent der Lehrkräfte, dass es mittlerweile inklusive Lerngruppen an ihrer Schule gibt. Weiterhin berichten nur 26 Prozent der befragten Lehrkräfte von einer Absenkung der Klassengröße bei Hinzukommen eines Kindes mit sonderpädagogischem Förderbedarf. Mit 64 Prozent konstatiert die überwältigende Mehrheit gleichbleibende Klassengrößen.

VBE: Realität hinkt Ansprüchen weiter hinterher

95 Prozent der befragten Lehrkräfte geben an, dass für die inklusive Beschulung die Doppelbesetzung aus Regelschullehrkraft und Sonderpädagoge benötigt wird. 2015 waren dies 94 Prozent. 82 Prozent der Lehrkräfte sprechen sich dafür aus, dass es die Doppelbesetzung immer und nicht nur zeitweilig gibt. 2015 haben sich noch 89 Prozent dafür ausgesprochen. Trotzdem geben nur 58 Prozent der Befragten in Baden-Württemberg an, dass es an ihrer Schule einen Sonderpädagogen gibt. Der VBE-Landevorsitzende fordert dennoch: „Die Politik muss die Praxiserfahrung der Lehrkräfte anerkennen. Das Arbeiten in multiprofessionellen Teams muss Standard sein. Schluss mit stundenweiser Förderung, Schluss mit stundenweiser Unterstützung, Schluss mit stundenweiser Beziehungsarbeit.“

Bei der Umsetzung der Inklusion sind Kinder mit emotional-sozialen Entwicklungsstörungen für Lehrkräfte im inklusiven Unterricht die größte Herausforderung. Diese haben den höchsten Förderbedarf. 88 Prozent der Lehrkräfte schätzen diesen als (sehr) hoch ein. Dies deckt sich mit dem Ergebnis der zuletzt veröffentlichten Expertise des VBE durch Prof. Dr. Ahrbeck zu Kindern mit emotional-sozialen Entwicklungsstörungen.

VBE: ein Viertel der Lehrkräfte unterstützt bei Medikamentengabe laienhaft

Bemerkenswert: 24 Prozent der Lehrkräfte unterstützen Schülerinnen und Schüler bei der Medikamentengabe. Bereits im März 2017 hatte der VBE Baden-Württemberg zusammen mit dem Bundesverband der Kinder- und Jugendärzte die Gesundheits- und Kultusministerien auf Bundes- und Landesebene aufgefordert, Schulgesundheitsfachkräfte flächendeckend bedarfsgerecht einzuführen. Gerade im Hinblick auf die Inklusion ist die Bereitstellung von Schulgesundheitsfachkräften eigentlich unumgänglich.

VBE Forderungen: 

Für gelingende Inklusion muss das Vertrauen der Lehrkräfte in dieses Konzept zurückgewonnen werden. Dafür bedarf es massiver Investitionen, damit die Gelingensbedingungen stimmen. Deswegen fordert der VBE:

  1. die Doppelbesetzung aus Lehrkraft und Sonderpädagoge
  2. die Unterstützung durch multiprofessionelle Teams
  3. qualitativ hochwertige Aus-, Fort- und Weiterbildungen
  4. den Erhalt der SBBZ
  5. die Erfüllung schulbaulicher Voraussetzungen
  6. und kleinere Klassen in inklusiven Settings

Den Redetext des Landesvorsitzenden Gerhard Brand finden Sie hier.

Die ausführlichen Ergebnisse und Charts der Umfrage finden Sie in unserem Downloadbereich.

Der Landesvorsitzende Gerhard Brand im Interview mit dem Südwestrundfunk