VBE: Verschlechterung durch Haushaltsbegleitgesetz verfassungswidrig

Kostendämpfungspauschale

Die Klage gegen die Erhöhung der Kostendämpfungspauschale war erfolgreich. Das Verwaltungsgericht Karlsruhe hat mit Urteil vom 23.06.2020 Az.: 2 K 8782/18 die in § 15 Abs. 1 BVO in der Fassung des Haushaltsbegleitgesetzes 2013/2014 enthaltene Regelung über die Bemessung der beihilferechtlichen Kostendämpfungspauschale als verfassungswidrig erklärt. Mit der Neufassung des § 15 Abs. 1 BVO war die Kostendämpfungspauschale mit Wirkung zum 01.01.2013 teilweise angehoben worden.

Auch wenn diese Entscheidung nur zugunsten des beihilferechtlichen Personenkreises von Professorinnen und Professoren ergangen ist, ist aufgrund der Urteilsbegründung davon auszugehen, dass die nunmehr dritte Maßnahme des Haushaltsbegleitgesetzes 2013/2014 für alle betroffenen Beamtinnen und Beamten sowie Versorgungsempfängerinnen und Versorgungsempfänger unwirksam ist. Denn aus der Urteilsbegründung ist zu entnehmen, dass die durch das Haushaltsbegleitgesetz 2013/2014 zum 01.01.2013 erfolgte Erhöhung der Kostendämpfungspauschale sowohl formell als auch materiell verfassungswidrig und damit unwirksam ist. Das Gericht hat dabei auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 16.10.2018 Az.: 2 BvL 2/17 zur abgesenkten Eingangsbesoldung, die Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) vom 28.03.2019 Az.: 5 C 4.18 und des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg (VGH BW) mit Urteil vom 14.12.2017 Az.: 2 S 1289/16 zur Herabsetzung der Einkünftegrenze bei Ehegatten beihilfeberechtigter Personen von 18.000 Euro auf 10.000 Euro Bezug genommen.

Den Beihilfeberechtigten, denen aufgrund der aktuellen Regelung des § 15 Abs. 1 BVO eine höhere Kostendämpfungspauschale als in der bis 31.12.2012 geltenden Fassung der Beihilfeverordnung abgezogen wurde, wird deshalb empfohlen, gegen noch nicht bestandskräftige Beihilfebescheide fristgemäß innerhalb der Widerspruchsfrist insoweit Widerspruch zu erheben und eine Aussetzung des Widerspruchsverfahrens bis zum rechtskräftigen Abschluss des gerichtlichen Verfahrens sowie den Verzicht auf die Einrede der Verjährung zu beantragen. Ein Formulierungsmuster hierzu finden Sie als Anhang zu diesem Beitrag.

Zur Klarstellung: Dies gilt auch dann, wenn bereits entsprechend früherer Empfehlungen Widerspruch gegen die allgemeinen Verschlechterungen durch das Haushaltsbegleitgesetz 2013/2014 eingelegt wurde und Antrag auf amtsangemessene Alimentation und Beihilfe entsprechend des Fürsorgegrundsatzes gestellt wurde. Allerdings wäre hierbei Folgendes zu beachten:

Nach § 17 Abs. 10 BVO wird Beihilfe nur gewährt, wenn der Beihilfeberechtigte sie vor Ablauf der beiden Kalenderjahre beantragt hat, die auf das Jahr des Entstehens der Aufwendungen folgen. Auf die hier in Rede stehende Fallgestaltung bezogen, bedeutet dies, dass nur noch solche Aufwendungen zu einer Beihilfe und somit zum Abzug der erhöhten Kostendämpfungspauschale führen, die frühestens am 01.01.2018 entstanden sind. Deshalb wäre nur in solchen Fällen Widerspruch gegen den Abzug der erhöhten Kostendämpfungspauschale zu erheben, in denen – künftig – erstmals aus den Jahren 2018 oder 2019 oder 2020 resultierende Aufwendungen geltend gemacht werden und hierbei die erhöhte Kostendämpfungspauschale für die Jahre 2018 beziehungsweise 2019 beziehungsweise 2020 in Abzug gebracht würde.

Hier finden Sie die aus der zum 01.01.2013 in Kraft getretenen Änderung des § 15 Abs. 1 BVO resultierenden Erhöhungsbeträge  der Kostendämpfungspauschale für aktive Beamte und Versorgungsempfänger gegenüber den bis zum 31.12.2012 geltenden Abzugsbeträgen aufgelistet.

Kostendämpfungspauschale

Der Beamtenbund Tarifunion Baden-Württemberg (BBW) hat sich beim Finanzministerium dafür eingesetzt und dabei erreicht, dass die Widerspruchsverfahren bis zum rechtskräftigen Abschluss des gerichtlichen Verfahrens ruhend gestellt werden und dass auf die Einrede der Verjährung seitens der Beihilfestelle verzichtet wird.

Auf Weisung des Finanzministeriums hat das Landesamt für Besoldung und Versorgung (LBV) inzwischen Berufung gegen das vorgenannte Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe eingelegt. Über den rechtskräftigen Ausgang des hier in Rede stehenden Verfahrens wird zu gegebener Zeit hier berichtet werden.

Fazit

• Der Klage eines beihilfeberechtigten Professors gegen die seit dem 01.01.2013 stattgefundene Erhöhung der Kostendämpfungspauschale ist in erster Instanz stattgegeben worden; das Urteil ist jedoch noch nicht rechtskräftig. 

• Falls das Urteil Rechtskraft erlangen sollte, ist davon auszugehen, dass es auch auf alle anderen Beamtinnen und Beamten sowie auf alle Versorgungsempfängerinnen und Versorgungsempfänger anzuwenden sein wird. 

• Denjenigen Beihilfeberechtigten, die Krankheitsaufwendungen noch aus den Entstehungsjahren 2018, 2019 oder 2020 bei der Beihilfestelle künftig geltend machen, wird empfohlen, unter Bezugnahme auf das genannte Urteil Widerspruch gegen den Abzug der seit dem 01.01.2013 erhöhten Kostendämpfungspauschale zu erheben. 


Anlage

Absender  Datum 

LBV

Beihilfestelle

70730 Fellbach

Betr.: Widerspruch gegen den Beihilfebescheid vom …

Bezug: Personalnummer …

Sehr geehrte Damen und Herren,

mit o.g. Bescheid vom ……wurde mir die Kostendämpfungspauschale in Höhe von …… Euro abgezogen.

Das Verwaltungsgericht Karlsruhe hat mit Urteil vom 23.06.2020 Az.: 2 K 8782/18 entschieden, dass die durch das Haushaltsbegleitgesetz 2013/2014 zum 01.01.2013 erfolgte Erhöhung der Kostendämpfungspauschale sowohl formell als auch materiell verfassungswidrig und damit unwirksam sei. Es hat dabei auf die Entscheidung des BVerfG vom 16.10.2018 Az.: 2 BvL 2/17 zur abgesenkten Eingangsbesoldung und die Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts vom 28.03.2019 Az.: 5 C 4.18 und des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg mit Urteil vom 14.12.2017 Az.: 2 S 1289/16 zur Herabsetzung der Einkünftegrenze von 18.000 Euro auf 10.000 Euro Bezug genommen

Gegen Ihren Bescheid erhebe ich hiermit insoweit Widerspruch, als mir eine Kostendämpfungspauschale abgezogen wurde, die den am 31.12.2012 geltenden Betrag übersteigt, und ich beantrage, die Differenz nachzugewähren. Im übrigen verweise ich auf meinen Widerspruch vom ………….. gegen die mich nachteilig betreffenden Maßnahmen durch das Haushaltsbegleitgesetz 2013/14 und gegen hierzu bereits ergangene Bescheide. 

Ich beantrage,

• das Widerspruchsverfahrens bis zum rechtskräftigen Abschluss des gerichtlichen Verfahrens auszusetzen, 

• auf die Einrede der Verjährung zu verzichten und 

• dies mir schriftlich zu bestätigen. 

Mit freundlichen Grüßen


[Erstveröffentlichung: SchulVerwaltung Baden-Württemberg 2020, S. 251 f., Wolters Kluwer Deutschland | Carl Link, www.schulverwaltung.de]