Die Landesregierung nimmt öffentlich Beschäftigte in die Pflicht. Wer sich nach seinem Urlaub in einem Risikogebiet in Quarantäne begeben muss und deshalb nicht rechtzeitig den Dienst, bzw. die Arbeit wieder aufnehmen kann, ist dazu verpflichtet für die versäumte Zeit Gleitzeitguthaben und Urlaub einzusetzen. Mit dieser Maßnahme soll eine Privilegierung von Beamtinnen und Beamten sowie Tarifbeschäftigten des Landes vermieden werden.
Da Beamtinnen und Beamte sowie Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer von der Quarantänepflicht ausgenommen sind, wenn sie nachweisen können, dass bei der Einreise keine Anhaltspunkte für eine Infektion mit dem Coronavirus vorliegen, geht die Landesregierung davon aus, dass mit Einführung verpflichtender Coronatests für Reiserückkehrer aus Risikogebieten die Anzahl der Quarantänefälle gering sein dürfte. Der VBE und sein Dachverband der BBW unterstützt die Maßnahmen der Landesregierung. „Ich rate jedem Beschäftigten im öffentlichen Dienst klar davon ab, in ein Risikogebiet einzureisen“, sagt BBW-Vize-Chef und VBE-Landesvorsitzender Gerhard Brand. Es gehe um die Arbeitskraft und die Gesundheit aller. Wenn jedoch die Zielregion erst im Urlaub zum Risikogebiet werde, dürfe dies den Lehrkräften nicht zum Nachteil gereichen.
Hintergrund / Gemeinsame Hinweise zu Urlaubsreisen in Risikogebiete des Staats-, Finanz-, Kultus- und des Sozialministeriums:
Für Beamtinnen und Beamte sowie Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gilt die Verordnung des Sozialministeriums zu Quarantänemaßnahmen für Ein- und Rückreisende zur Eindämmung des Virus SARS-CoV-2 (Corona-Verordnung Einreise-Quarantäne – CoronaVO EQ) in der jeweils geltenden Fassung. Nach § 1 Abs. 1 CoronaVO EQ haben sich die Beamtinnen und Beamten sowie Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die aus dem Ausland nach Baden-Württemberg einreisen und sich zu einem beliebigen Zeitpunkt innerhalb von 14 Tagen vor Einreise in einem Risikogebiet nach § 1 Abs. 4 CoronaVO EQ aufgehalten haben, grundsätzlich für einen Zeitraum von 14 Tagen in Quarantäne zu begeben. Die Einstufung als Risikogebiet erfolgt durch das Sozialministerium unter Berücksichtigung der durch das Robert Koch-Institut veröffentlichten Informationen. § 2 CoronaVO EQ lässt verschiedene Ausnahmen von der Quarantäne zu.
Auf Grund des Überwiegens der allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 des Grundgesetzes – GG) steht es Beamtinnen und Beamten grundsätzlich frei, Privatreisen in Risikogebiete zu unternehmen. Die erforderliche Risikoabschätzung bleibt der autonomen Entscheidung der Beamtin oder des Beamten überlassen.
Jedoch gebietet die Pflicht zur Erhaltung der Dienstfähigkeit (§ 34 S. 1 des Beamtenstatusgesetzes – BeamtStG), dass die Beamtinnen und Beamten die Notwendigkeit der Reise und das jeweilige Risiko verantwortungsvoll abwägen. Zudem haben sie sicherzustellen, dass sie nach Urlaubsrückkehr ihren Beruf mit vollem Einsatz ausüben können. Daher enthalten die rechtlichen Hinweise des Innenministeriums und des Finanzministeriums zum Umgang mit dem Coronavirus für Beamtinnen und Beamte sowie Tarifbeschäftigte des Landes (aktueller Stand 27. Mai 2020) den ausdrücklichen Hinweis, dass die Beamtinnen und Beamten bereits vor Antritt der Reise abzuklären haben, wie die Arbeitsfähigkeit nach Rückkehr sichergestellt werden kann. Dies dürfte in den meisten Fällen durch Telearbeit oder mobiles Arbeiten möglich sein.
Falls der Quarantänefall (nach Urlaubsreise in Risikogebiete) eintreten sollte…
Aus Sicht der Landesregierung liegt grundsätzlich ein nicht genehmigtes Fernbleiben vom Dienst nach § 68 Abs. 1 des Landesbeamtengesetzes (LBG) vor, wenn Beamtinnen und Beamte, die nach Urlaubsrückkehr aus einem Risikogebiet eine Quarantäne einhalten müssen, ihre Arbeitsfähigkeit nicht sicherstellen. Dies gilt nur, wenn das Gebiet bereits vor Reiseantritt als Risikogebiet eingestuft war. Die Unmöglichkeit der Dienstausübung wird in solchen Fällen pflichtwidrig herbeigeführt. Daher sind im Regelfall Gleitzeitguthaben oder Urlaub oder, falls diese aufgebraucht sind, Urlaub aus sonstigen Gründen unter Wegfall der Bezüge (§ 31 Abs. 3 der Arbeitszeit- und Urlaubsverordnung – AzUVO) einzusetzen, wenn Telearbeit oder mobiles Arbeiten nicht möglich sind. Erfolgt dies nicht, liegt während der Quarantänezeit in der Regel ein schuldhaftes Fernbleiben vom Dienst vor, das zu einer entsprechenden Bezügekürzung führt (§ 11 Abs. 1 des Landesbesoldungsgesetzes Baden-Württemberg). Außerdem muss die Beamtin oder der Beamte damit rechnen, dass dies disziplinarrechtliche Konsequenzen hat.
In jedem Fall bedarf es aber einer Einzelfallentscheidung, die den jeweiligen zugrundeliegenden Umständen Rechnung trägt. So sind Fallkonstellationen denkbar, z. B. bei einer schweren Krankheit eines oder einer nahen Angehörigen i. S. d. § 7 Abs. 3 des Pflegezeitgesetzes – PflegeZG, in denen die Unmöglichkeit der Dienstausübung durch die Reise in ein Risikogebiet mit anschließender Quarantäne nicht pflichtwidrig herbeigeführt wird. Es dürfte sich daher empfehlen, die beabsichtigte Reise im Vorfeld mit dem Dienstherrn abzuklären.
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sind nicht verpflichtet, sich eine Urlaubsreise in ein Risikogebiet nach § 1 Abs. 4 CoronaVO EQ durch ihren Arbeitgeber genehmigen zu lassen. Der Arbeitgeber kann ihnen die Urlaubsreise auch nicht untersagen. Sie sind jedoch darauf hinzuweisen, dass sie sich bei Rückkehr aus einem Risikogebiet nach den Regelungen der CoronaVO EQ in Quarantäne begeben müssen, sofern kein Ausnahmefall nach § 2 CoronaVO EQ vorliegt.
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sollten daher vor Reiseantritt mit der Dienststelle abklären, wie die Arbeitsfähigkeit nach Rückkehr sichergestellt werden kann (z. B. durch Telearbeit oder mobiles Arbeiten). Sofern Telearbeit oder mobiles Arbeiten nicht möglich ist und auch nicht – auf freiwilliger Grundlage – Gleitzeitguthaben und weiterer Urlaub eingesetzt werden kann, sollten die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer darauf hingewiesen werden, dass sie ggf. für die Zeit der Quarantäne kein Entgelt bzw. keine Entschädigung nach § 56 Abs. 1 S. 3 des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) erhalten.
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die aus einem Gebiet zurückkehren, das bei Reiseantritt noch nicht als Risikogebiet nach der CoronaVO EQ eingestuft war, aber innerhalb von 14 Tagen vor Rückkehr als solches eingestuft wurde, sind aufgrund der CoronaVO EQ verpflichtet, sich für 14 Tage nach Einreise in die eigene Häuslichkeit oder eine andere geeignete Unterkunft (Quarantäne) zu begeben. Während dieser Zeit haben die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer keinen Anspruch auf ihr tarifliches Entgelt, sofern während der Quarantäne keine Arbeitsleistung in Telearbeit oder mobilem Arbeiten möglich ist (§ 326 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches – BGB). Anstatt des Tarifentgelts haben die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer einen Anspruch auf Entschädigung nach § 56 Abs. 1 IfSG (während Quarantäne i. H. des Netto-Verdienstausfalls), welcher durch das Landesamt für Besoldung und Versorgung ausbezahlt wird.
Rückkehr von Urlaubsreisen aus Risikogebieten
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die aus einem Gebiet zurückkehren, das bereits bei Reiseantritt als Risikogebiet nach der CoronaVO EQ eingestuft war und innerhalb von 14 Tagen vor Rückkehr als solches eingestuft ist, haben keinen Anspruch auf ihr tarifliches Entgelt, sofern während der Quarantäne keine Arbeitsleistung in Telearbeit oder mobilem Arbeiten möglich ist (§ 326 Abs. 1 BGB). Ein Anspruch auf Entschädigung nach § 56 Abs. 1 IfSG besteht nicht, da die betreffende Person eine Quarantäne hätte vermeiden können, § 56 Abs. 1 S. 3 IfSG. Ein solches „Verschulden gegen sich selbst“ liegt vor, wenn eine Person ohne zwingenden Grund in eine Region oder ein Land verreist ist und diese Region oder dieses Land bereits zum Zeitpunkt der Ausreise dorthin als Risikogebiet klassifiziert war, § 1 Abs. 4 CoronaVO EQ. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer erhalten dann während der Zeit der Quarantäne keinerlei monetäre Unterstützung.
Sofern im Einzelfall die Reise in ein Risikogebiet auf unaufschiebbaren persönlichen Gründen beruht, bzw. der Nichtantritt der Reise mit nicht zumutbaren und für die Arbeitnehmerin oder den Arbeitnehmer nicht vorhersehbaren wirtschaftlichen Nachteilen einhergehen würde, kann mangels vorwerfbarem Verschulden dennoch eine Entschädigung nach § 56 Abs. 1 IfSG gewährt werden. Dies kann insbesondere bei einer schweren Krankheit eines oder einer nahen Angehörigen i. S. d. § 7 Abs. 3 PflegeZG, bei unvermeidbaren Stornierungskosten sowie bei notwendigem Schutz des Eigentums angenommen werden.
Darüber hinaus steht es der Arbeitnehmerin oder dem Arbeitnehmer frei, in der Zeit der Quarantäne, für die keine Entschädigung nach § 56 Abs. 1 IfSG gezahlt wird, Überstunden oder Gleitzeitguthaben abzubauen bzw. Urlaub zu nehmen, um sich damit einen tariflichen Entgeltanspruch zu sichern.
Abschließend wird darauf hingewiesen, dass sowohl Beamtinnen und Beamte als auch Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die über ein ärztliches Zeugnis (bei Einreise nicht älter als 48 Stunden) verfügen, wonach keine Anhaltspunkte für eine Infektion mit dem Coronavirus vorliegen, bereits jetzt nach § 2 Abs. 5 CoronaVO EQ von der Quarantänepflicht ausgenommen sind. Mit der Einführung verpflichtender Coronatests für Reiserückkehrer aus Risikogebieten voraussichtlich ab August 2020 dürfte die Anzahl der Quarantänefälle gering sein.