VBE zur forsa-Umfrage: Gewalt gegen Lehrkräfte ist nicht ihr Privatproblem!

„Wenn zwei Drittel der befragten Lehrkräfte beim Thema Gewalt gegen Lehrkräfte mehr Engagement und Schutz von ihrem Dienstherren erwarten, ist das ein Alarmsignal an die Politik! Gewalt gegen Lehrkräfte wird häufig als jobimmanent abgetan und kleingeredet. Es ist skandalös, so zu tun, als sei es Bestandteil des Berufes, sich beleidigen, belästigen und körperlich angreifen zu lassen“, kommentiert Gerhard Brand, Landesvorsitzender des Verbands Bildung und Erziehung, die heute in Stuttgart veröffentlichte repräsentative forsa-Umfrage „Gewalt gegen Lehrkräfte“, die der VBE in Auftrag gegeben hatte.

Der Ton in der Gesellschaft werde immer rauer, die Sprache verrohe, Konflikte eskalierten öfter, schneller und werden mit härteren Mitteln ausgetragen, Autoritäten werden nicht mehr anerkannt. Diese gesamtgesellschaftliche Entwicklung mache auch vor der Schule nicht halt. 53 Prozent der befragten Lehrkräfte sagten, dass es an ihrer Schule in den letzten fünf Jahren Fälle gab, in den Lehrkräfte direkt beschimpft, bedroht, beleidigt, gemobbt oder belästigt wurden. Selbst von psychischer Gewalt betroffen waren ein Viertel der Befragten.

Fälle an der Schule, in denen Lehrkräfte körperlich in den letzten 5 Jahren angegriffen wurden, wussten 13 Prozent in Baden-Württemberg zu berichten. Körperliche Gewalt haben 4 Prozent der befragten Lehrkräfte selbst erlebt. Der Landesvorsitzende macht deutlich: „4 Prozent von 115.000 an allgemeinbildenden Schulen beschäftigten Lehrkräften in Baden-Württemberg sind über 4.600 Lehrerinnen und Lehrer, die tätlich angegriffen wurden! Wir lassen uns nicht mehr erzählen, dass Gewalt gegen Lehrkräfte Einzelfälle sind. Erschütternde Gewissheit ist: Das sind sie nicht! Und es sind 4.600 zu viel.“

Auch Cybermobbing wird ein immer größeres Phänomen. 78 Prozent der Befragten sehen eine Zunahme von Formen des Mobbings über das Internet. Fast jede dritte befragte Lehrkraft gab an, dass es Fälle an der Schule gab. Brand: „Medienkompetenz ist wichtig, um Schülerinnen und Schüler ein Unrechtsbewusstsein für Cybermobbing zu vermitteln.“

„Gewalt gegen Lehrkräfte“ wird von 59 Prozent der Befragten als Tabuthema angesehen. So ist es auch zu erklären, dass 11 Prozent der Befragten angaben, dass sie bei psychischen Angriffen durch Schüler nichts unternommen haben. Erfolgte der psychische Angriff durch Eltern, geben sogar 26 Prozent der befragten Lehrkräfte an, den Vorfall nicht gemeldet zu haben. Brand kommentiert: „Gewalt gegen Lehrkräfte wird zum Privatproblem erklärt. Fehlende Unterstützung der Verantwortlichen, Zweifel an der Erfolgsaussicht und die Angst vor Konsequenzen verhindern die konsequente Meldung und Verfolgung von psychischen und physischen Angriffen. Hier muss sich etwas ändern. Der Dienstherr muss sich schützend vor und vor allem unterstützend hinter die Lehrkräfte stellen.“

Der Landesvorsitzende stellt klar: „Viel zu oft wird das Problem kleingeredet. Die schlimmste Relativierung: `Das gehört halt zu Ihrem Job. ́ Außer professionellen Kampfsportlern ist mir keine Personengruppe bekannt, zu deren Job es gehört, sich psychisch und physisch angreifen zu lassen.“

Präventiv könnte neben Gesprächen mit den Schülern, einem Schulkodex und Kooperationen mit der Polizei und externen Institutionen vor allem das Arbeiten in multiprofessio- nellen Teams und in ausreichend großen Räumen wirken. Allerdings werden diese Gelingensbedingungen von der Politik verweigert. Während 68 Prozent der Befragten die Zusammenarbeit mit multiprofessionellen Teams als sinnvoll für die Gewaltprävention er- achten, arbeiten nur 41 Prozent der Lehrkräfte so. Brand empört: „Das ist ein vom Bildungsministerium geschriebenes Drama, in dem die Lehrkräfte fünf Rollen auf einmal spielen sollen. Es besteht dringender Handlungsbedarf!“

Dass die Politik reagieren muss, zeigt sich auch an diesem Ergebnis: 39 Prozent der Befragten erwarten von der Schulverwaltung und 50 Prozent der Befragten von der Landesregierung und dem Schulministerium, dass sie endlich mehr unterstützt und besser geschützt werden.

Wir fordern:

  • Gewalt gegen Lehrkräfte darf kein Tabu-Thema mehr sein.
  • Die Meldung von Vorfällen hat verpflichtend zu erfolgen.
  • Die Lehrkraft muss die volle Unterstützung des Dienstherren erhalten.
  • Statistiken müssen geführt und veröffentlicht werden.
  • Bekanntgabe klarer Strukturen, an wen sich Lehrkräfte wenden können und was nach einem Übergriff zu tun ist.
  • Ein breites Fortbildungsangebot.

In unserem VBE-Downloadbereich finden Sie die Umfrage-Ergebnisse Baden-Württembergs und des Bundes.

Einen Pressedienst zur LPK finden Sie hier.

Den Redetext des Landesvorsitzenden finden Sie hier.