Gewalt an Schulen: VBE beobachtet Entwicklung mit großer Sorge

Der VBE-Landesvorsitzende Gerhard Brand beobachtet die gestiegene Anzahl von Gewalttaten an Schulen mit großer Sorge und kritisiert die Politik für ihre mangelnde Initiative.

Brand: „Der VBE befasst sich schon sehr lange mit dem Thema Gewalt an Schulen. Seit 2018 gibt der VBE auch regelmäßig repräsentative Studien bei forsa in Auftrag, um Gewaltvorfälle gegen Lehrkräfte zu untersuchen. Die Studien zeigen über die Jahre eine besorgniserregende Zunahme von körperlichen Attacken, verbalen Beleidigungen und Diffamierungen übers Internet. Das Land darf sich hier nicht länger wegducken, es gehört zur Fürsorgepflicht des Dienstherrn, seine Beschäftigten zu schützen.“

Im Zeitvergleich zeigt eine für Baden-Württemberg repräsentative forsa-Studie im Auftrag des VBE eine starke Zunahme von Gewaltvorfällen gegen Lehrkräfte: Sagten 2018 nur 16 Prozent der befragten Schulleitungen, dass es an der eigenen Schule körperliche Angriffe auf Lehrerinnen und Lehrer gab, berichteten dies 2022 bereits 25 Prozent der Befragten. Der entsprechende Wert für direkte verbale Beschimpfungen von Lehrkräften stieg im gleichen Zeitraum von 45 auf 59 Prozent. Die stärkste Zunahme misst die Studie beim Online-Mobbing: Berichteten 2018 nur 16 Prozent der Schulleitungen von Diffamierungen, Belästigungen oder Nötigungen von Lehrkräften übers Internet, so gaben 2022 nun 33 Prozent der Befragten solche Vorfälle an der eigenen Schule an.

„Land in der Pflicht, sich dem Thema Gewalt an Schulen aktiv anzunehmen“

Gerhard Brand: „Schulen sind keine Hochsicherheitstrakte und sie dürfen es auch nicht werden. Sie sind ein wesentlicher Teil unserer offenen, freiheitlichen Gesellschaft und müssen daher auch ein offener und frei zugänglicher Lebensraum für Schülerinnen, Schüler und Lehrkräfte bleiben. Wir müssen aber dafür Sorge tragen, dass ein gesellschaftlicher Diskurs zum Umgang mit Gewalt stattfindet. Denn Schulen sind immer auch ein Abbild unserer Gesellschaft und wir beobachten seit Langem ein Verrohen der Umgangsformen und des gesellschaftlichen Miteinanders. Darüber hinaus sieht der VBE das Land aber auch in der Pflicht, sich dem Thema Gewalt an Schulen aktiv anzunehmen und sich vor allem im Bereich der Prävention deutlich stärker zu engagieren.“

In diesem Sinne spricht sich der VBE für eine Reihe von Maßnahmen aus:

  1. Mehr Flexibilität, freie Gestaltungsräume und vor allem mehr Zeit für Schule, um Gewaltprävention und Werteerziehung intensivieren zu können.
  1. Bessere Unterstützung der Schulen durch multiprofessionelle Teams, insbesondere durch psychologisch geschulte Fachkräfte und Schulsozialarbeiterinnen und Schulsozialarbeiter.
  2. Das Thema Gewalt muss in allen drei Phasen der Lehrerbildung Berücksichtigung finden. Im Studium, im Referendariat und durch Fortbildungen müssen Schulleitungen und Lehrkräfte zum Umgang mit Gewaltvorfällen befähigt werden, sodass sie auch in diesen Ausnahmesituationen handlungsfähig bleiben.
Hintergrund

Nach Angaben des Innenministeriums hat die Zahl der Gewalttaten an Schulen in Baden-Württemberg zugenommen. Ein Sicherheitsbericht des Ministeriums verzeichnet im vergangenen Jahr 2545 entsprechende Straftaten gegenüber Schülerinnen, Schülern und Lehrkräften. Dies entspricht einer Zunahme um 13,5 Prozent, im Vorjahr waren es noch 2243 erfasste Gewaltdelikte an Schulen. Die Zahl der Opfer stieg dabei auf 2838 im vergangenen Jahr: 141 Lehrkräfte und 2697 Schülerinnen und Schüler. Im Jahr zuvor waren es 2557 Opfer.

Die meisten Straftaten sind laut Sicherheitsbericht sogenannte Rohheitsdelikte. Rund 52 Prozent entfallen auf vorsätzliche leichte Körperverletzungen und etwa 16 Prozent auf gefährliche Körperverletzungen. Rund 18 Prozent sind dagegen Bedrohungsdelikte. Da sich Täter und Opfer in den meisten Fällen gekannt haben, liege die Aufklärungsquote auf einem hohen Niveau.

Zwei Schüler seien im vergangenen Jahr getötet, fünf Schülerinnen und 25 Schüler schwer verletzt worden. Rund 56 Prozent der Opfer seien leicht verletzt worden, rund 41 Prozent nicht.

Weitere Infos

Alle Informationen zu den Studien „Gewalt gegen Lehrkräfte“ des VBE Baden-Württemberg in Zusammenarbeit mit forsa finden Sie hier. Die entsprechenden Bundesdaten der Studie finden Sie außerdem auf der Internetseite des VBE Bundesverbandes.