Kindergrundsicherung: Armut bekämpft man nicht mit Vorurteilen

Den Vorstoß des Bundesfinanzministers, Christian Lindner, infrage zustellen, ob man den Kindern am besten durch die Kindergrundsicherung helfe oder dadurch, „in die Sprachförderung, Integration, Beschäftigungsfähigkeit der Eltern zu investieren und die Kitas und Schulen für die Kinder so auszustatten, dass sie vielleicht das aufholen können, was die Eltern nicht leisten können“, kommentiert Gerhard Brand, Bundesvorsitzender des Verbandes Bildung und Erziehung (VBE), wie folgt:

„Der Vorstoß des Bundesfinanzministers ist ein Affront gegen von Armut betroffene Kinder. Die individuelle finanzielle Absicherung von Kindern gegen die ‚Beschäftigungsfähigkeit‘ ihrer Eltern auszuspielen, wird dem akuten Problem nicht gerecht. Kindergrundsicherung versus Sprachkurs: So einfach ist eben nicht. Man muss das eine tun, ohne das andere zu lassen. Armutsbekämpfung braucht eine breite Palette an Angeboten. Viele Wege führen nach Rom – und aus der Armut. Der Bundesfinanzminister Christian Lindner macht sich zudem einen schlanken Fuß, wenn er die Bundesverantwortung einer Kindergrundsicherung auf die Länder abschiebt. Zum Beispiel wenn er Leistungen, welche die Länder anbieten müssen, in den Vordergrund stellt.“

Um Armut zu bekämpfen, muss die Politik an verschiedensten Stellen ansetzen. Mit den Geldern der Leistungen für Bildung und Teilhabe (BuT), auch Bildungspaket genannt, können bereits jetzt Nachhilfe, das Erlernen eines Instruments oder die Mitgliedschaft im Sportverein sowie die Teilnahme an schulischen Ausflügen oder Fahrten bezahlt oder bezuschusst werden. In der Praxis sehen wir aber, dass das Abrufen der Mittel zäh lief, da die Existenz dieser Möglichkeit in der Zielgruppe nicht allen bekannt war. Zum anderen brauchten viele Unterstützung bei dem Abrufen der Gelder, da der Antragsprozess nicht trivial ist. Dass mehr Geld direkt an die Schulen fließen sollte, um die individuelle Förderung der Kinder sicherzustellen, ist daher unabdingbar. Dann braucht es aber auch zusätzliches Personal an den Schulen, was sich hierum kümmern kann.“

„Das größte Armutsrisiko ist, alleinerziehend zu sein!“

Brand weiter: „Wenn zusätzlich auf individueller Ebene mehr Geld zur freien Verfügung steht, ist es noch gezielter möglich, Lernsituationen außerhalb vorgegebener Pfade zu ermöglichen. Das neue Buch und der Trainingsanzug oder schlicht die Aufwendungen, um im Freundeskreis in gleicher Form an Aktivitäten teilnehmen zu können – all das können sich Kinder aus armen Haushalten sonst nicht leisten.

Dass darüber hinaus Eltern Angebote gemacht werden müssen, damit die Kinder aus der Armut kommen, ist nur konsequent. Allerdings darf hier gerade die Bundesregierung nicht mit Vorurteilen spielen und Armutsbekämpfung mit Sprachförderung verknüpfen. Das größte Armutsrisiko ist, alleinerziehend zu sein!“. 43 Prozent der Ein-Eltern-Familien gelten als einkommensarm (Quelle:Bertelsmann-Stiftung).