Mehr Zeit für Handschreiben! Umfrage unter Lehrkräften zeigt Probleme mit dem Handschreiben, Ursachen und Handlungsmöglichkeiten

Die große Mehrheit der Lehrkräfte in Deutschland sieht eine Verschlechterung der für die Entwicklung einer Handschrift notwendigen Kompetenzen bzw. der Handschrift der Schülerinnen und Schüler allgemein. Dies geht aus einer repräsentativen Umfrage hervor, die der VBE gemeinsam mit dem Schreibmotorik Institut von September 2018 bis Januar 2019 durchgeführt hat. Die Studie trägt den Titel STEP 2019 („Studie über die Entwicklung, Probleme und Interventionen zum Thema Handschreiben“). Es beteiligten sich bundesweit über 2.000 Lehrkräfte an der Online-Befragung.

„Handschreiben unterstützt die Rechtschreibung, das Lesen, das Textverständnis, letztlich die schulischen Leistungen insgesamt“, sagt Dr. Marianela Diaz Meyer, Geschäftsführerin des gemeinnützigen Schreibmotorik Instituts. Allerdings fehlt es den Schulen an den Bedingungen, das Handschreiben besser zu fördern. Fast drei Viertel der Lehrkräfte geben an, dass (sehr) häufig zu wenig Zeit für individuelle Förderung in der Schule sei, 64 Prozent, dass (sehr) häufig zu wenig Zeit für das Üben in der Schule bleibe. Über die Hälfte sagen, dass der Lehrplan zu wenig Wert auf das Schreibenlernen lege.

Kinder benötigen Unterstützung beim Handschreiben

Der Landesvorsitzende und stellvertretende Bundesvorsitzende des VBE, Gerhard Brand, kritisiert: „Wie sollen wir den Kindern das Schreibenlernen beibringen, wenn den Lehrkräften schlicht die Zeit fehlt, sie individuell zu unterstützen? Wenn Kinder dann noch motorische Defizite aufweisen, weil sie auch zu Hause nicht die notwendige Unterstützung bekommen können, geraten wir an die Grenze des Machbaren.“

Kernergebnisse der Studie
  • Bewertung Handschrift: Nur vier Prozent der befragten Lehrkräfte im Sekundarbereich sind mit der Handschrift ihrer Schülerinnen und Schüler zufrieden. Grundschullehrkräfte sagen, dass mehr als ein Drittel der Kinder Probleme hat, eine gut lesbare, flüssige Handschrift zu entwickeln. Lehrkräfte von weiterführenden Schulen sehen im Schnitt sogar bei 43 Prozent ihrer Schülerinnen und Schüler Schwierigkeiten.
  • Probleme: Jungen sind deutlich stärker betroffen: Nach Einschätzung der Lehrerinnen und Lehrer in der Primarstufe haben 45 Prozent der Jungen Probleme mit dem Handschreiben, aber nur 29 Prozent der Mädchen. In der weiterführenden Schule haben nach Lehrermeinung sogar 53 Prozent der Jungen Probleme und nur 33 Prozent der Mädchen. Nur zwei von fünf Jugendlichen in der Sekundarstufe können 30 Minuten und länger beschwerdefrei schreiben. Zudem stellen die Lehrkräfte schulformübergreifend zu 93 Prozent eine unleserliche Schrift fest, zu 91 Prozent zu langsames Schreiben.
  • Ursachen: Zu wenig Routine, schlechte Motorik und Koordination sowie Konzentrationsprobleme sehen über zwei Drittel der Lehrkräfte als (sehr) häufige Problemursachen. Auch die fortschreitende Digitalisierung der Kommunikation und der zu starke Medienkonsum wird von mindestens der Hälfte der Befragten als problematisch empfunden. Außerdem fehlt es an Zeit und Verankerung im Lehrplan.
  • Handlungsmöglichkeiten: Drei Viertel der Befragten denken, dass ein spezielles schreibmotorisches Training, mehr Üben zu Hause und in der Schule sowie das Wecken von Interesse am Handschreiben helfen könnten. Hier sind auch die Eltern als Rollenvorbilder gefragt. Fast 70 Prozent sehen, dass es mehr individuelle Förderung und gezielte Hilfestellung auch in höheren Klassen braucht.
Handschreiben in den Lehrplänen verankern

Brand betont: „All die Ansprüche, die an Schule gestellt werden, dürfen nicht den Blick auf das Wesentliche verstellen. Es ist essenziell, dass die Schülerinnen und Schüler schreiben lernen, denn hier werden andere Denkprozesse als beim Tippen angestoßen. Die Politik muss Wege finden, dies zu ermöglichen, zum Beispiel in dem es in Lehrplänen besser verankert wird. Gleichzeitig benötigen die Schulen mehr Unterstützungspersonal für die individuelle Förderung.“

Hier kommen Sie zum Internetauftritt vom Schreibmotorik Institut.

Der VBE zum Tag der Handschrift.