Ukrainekrise: Kretschmann bringt längere Arbeitszeiten für Lehrkräfte ins Spiel

Mit Blick auf die in Baden-Württemberg steigende Anzahl an schutzsuchenden Kindern und Jugendlichen aus der Ukraine und die einhergehende Arbeitsbelastung an den Schulen schlägt der Ministerpräsident eine Stunde Mehrarbeit für Lehrkräfte vor. Dazu erklärt der VBE-Landesvorsitzende Gerhard Brand: „Es ist der übliche Reflex, wenn es brennt zu sagen, die Lehrerinnen und Lehrer sollen eine Stunde mehr arbeiten. Wir gratulieren dem Ministerpräsidenten zu der originellen Idee! Und wir zeigen ihm klar die Rote Karte: Nicht mit uns! Nach zwei äußerst frustrierenden und belastenden Corona-Jahren ist der Vorschlag eine schallende Ohrfeige in das Gesicht aller Lehrkräfte.“

Brand weiter: „Über zwei Jahre lang mussten die Kolleginnen und Kollegen Mehrarbeit auch an Wochenenden und Ferien leisten, Fernunterricht, Wechselunterricht, Digitalunterricht, Notbetreuung, verschiedene Nachhilfeprogramme sowie die sich ständig wechselnden Corona-Maßnahmen umsetzen, und als Dank dafür sollen sie nun noch eine Stunde mehr arbeiten. Es ist die völlige Ignoranz dessen, was an den Schulen in den letzten Jahren alles geleistet wurde.“

„Was Kretschmann macht, ist Mathematik mit dem Rechenschieber im Zeitalter der Digitalisierung. Es sollte eigentlich jedem ersichtlich sein, dass eine Erhöhung der Deputatsstunden nicht in der Lage ist, einen jahrelangen Lehrkräftemangel zu kaschieren. Was wir mehr als dringend benötigen, sind nicht mehr Arbeitsstunden, sondern mehr Lehrkräfte! Diese Aufgabe hat die Politik in den letzten 20 Jahren sagenhaft verschlafen.“

Brand attestiert der Landesregierung zudem mangelhaftes Krisenmanagement beim Umgang mit den Herausforderungen infolge des Ukrainekriegs: „Was mich wirklich wütend macht, ist die miserable Koordinationsfähigkeit des Landes. Wir haben zu Beginn der Ukrainekrise Telefonate mit dem Kultusministerium und den drei kommunalen Spitzenverbänden, Gemeindetag, Städtetag und Landkreistag, geführt. Wir haben gesagt: Der VBE will helfen! Und wir haben angeboten, ein flächendeckendes Netz an Pädagoginnen und Pädagogen aufzubauen, die in der Krise unterstützen wollen. Dieses Netz bauen wir seit Wochen auf und es nimmt Formen an. Aber: Niemand von den genannten Institutionen hat sich bei uns gemeldet, um die Hilfe abzurufen! Es wäre eigentlich die Aufgabe der Landesregierung, dies zu koordinieren, diese Aufgabe aber hat sie verschlafen. Bevor das Land nun weiter mit populistischen Ideen um sich schmeißt, sollte es besser seine Hausaufgaben erledigen!“

Hintergrund

In einer Podiumsdiskussion mit der Stuttgarter Zeitung hatte Krestschmann längere Arbeitszeiten für Lehrkräfte gefordert, um Zusatzbelastungen infolge der Ukrainakrise auszugleichen. Er sprach von einer zusätzlichen Wochenstunde. Im Nachgang schärfte Kretschmann nach, dass es „lediglich“ darum gehe, die Mindestarbeitszeitt von Teilzeitkräften um eine Stunde zu erhöhen.