Nicht jeder zweite Satz muss mit „Scheiße“ oder „Ey, Alder“ enden. Mit Blick auf die erschreckende Zunahme von Wortverstümmelungen im Alltag, auf die sich explosionsartig ausbreitende Fäkal-, Kiez- und Gossensprache und aggressive Verbalattacken schon bei kleinen Missstimmigkeiten regt der Verband Bildung und Erziehung (VBE) Baden-Württemberg an, im Elternhaus und in der Schule verstärkt wieder Wert auf einen guten Umgangston zu legen und den Umgang mit der Sprache bewusst zu pflegen.
Es gehe nicht darum, Kindern und Jugendlichen ihren eigenen Jargon auszureden, mit dem sie sich bewusst oder unbewusst von den Erwachsenen abgrenzen wollen. Es müsse jedoch nicht jeder zweite deutsche Kurzsatz mit „Scheiße“ oder „Ey, Alder“ enden oder beginnen, stellt der VBE-Pressesprecher leicht resigniert fest.
Wenn ein schnoddriger, beleidigender Umgangston Standard in der Gesellschaft werde, gebe es bald keine situationsbezogene Sprachdifferenzierung mehr, befürchtet der VBE. Dann spricht der Schüler den Arzt genauso an wie seinen Klassenkameraden. Dann redet man mit dem besten Schulfreund so, wie der Schurke den Helden im Spielfilm beschimpft oder so, wie in den täglichen Talk- oder Gerichtsshows des Privatfernsehens Menschen mit Worten fertig gemacht werden. Zusätzlich droht die Gefahr, dass sich der Wortschatz des Schülers reduziert auf ein SMS-taugliches, an WhatsApp-Nachrichten angepasstes Minimalrepertoire von Begrifflichkeiten und Abkürzungen. Schließlich geht die bunte Vielfalt der Sprache mit all ihren Facetten immer mehr verloren, die Sprache verarmt und verliert an Lebendigkeit. Mittlerweile wird der Jugendjargon in Filmen bereits satirisch verwendet und mutiert so wiederum beinahe schon zu einer „Kunstform“.
Aber auch Höflichkeit unter Schülern und gutes Benehmen können „voll cool“ sein, behauptet der VBE-Sprecher. Man müsse möglichst schnell wieder weg von dem distanzlosen, meist entwürdigenden „Gassenjargon“ – hin zu einer „gepflegten Umgangssprache“. Dabei können und müssen Eltern, Erzieherinnen und Lehrer möglichst früh in erheblichem Maße behutsam Hilfestellung geben und vor allem Vorbild sein, sagt der VBE-Sprecher und fordert zu einem achtsameren Umgang mit der Sprache auf. Im Zeitalter der Massenmedien sei das keine leichte Aufgabe, aber eine Herausforderung, für die es sich lohne, sich mit Ausdauer und Hartnäckigkeit einzusetzen.