Stuttgart. Der Verband Bildung und Erziehung (VBE) Baden-Württemberg sieht zwischen dem gefühlten Unterrichtsausfall an den Schulen und den offiziell genannten Zahlen eine deutliche Diskrepanz. Eine Ursache ist sicher, dass bei Krankheit oder Fortbildung von Lehrkräften häufig zwei Klassen zusammengelegt oder von einer Lehrkraft beaufsichtigt werden, so dass kein Ausfall dokumentiert werden muss.
Auch unter der grün-roten Regierungskoalition ist die 100-Prozent-Versorgung der Schulen so definiert, dass absolut nichts passieren darf, damit der Pflichtunterricht gerade stattfinden kann. Selbst das Kultusministerium räumt ein, dass der Pflichtunterricht lediglich „rechnerisch“ gesichert ist.
Eine Grippewelle unter Lehrern führt unweigerlich zu massivem Unterrichtsausfall, weil es so gut wie keine internen Krankheitsvertreter an den Schulen gibt und Lehrer von außen erst bei längerem Ausfall vertraglich verpflichtet werden dürfen, sofern dafür geeignete Personen überhaupt zur Verfügung stehen. Immer wieder müssen Lehrer dann zwei Klassen gleichzeitig „unterrichten“, worunter beide Klassen leiden.
Der Ergänzungsbereich – dazu gehören insbesondere Stütz- und Förderkurse sowie für Schüler pädagogisch wertvolle AG-Stunden – ist bereits zu Beginn des neuen Schuljahres großenteils für Krankheitsvertretungen „umgewidmet“ worden.
Der VBE wird, solange Erkrankungen von Lehrern an Schulen zu Problemen führen und die individuelle Förderung der Schüler durch zusätzliche Hilfsangebote nicht deutlich ausgebaut wird, nicht nachlassen, die verantwortlichen Politiker mit dem Tatbestand einer Bildungsvernachlässigung zu konfrontieren. Auch die neue Landesregierung muss lernen, dass Bildung eine der ganz wenigen zukunftsweisenden Ressourcen Baden-Württembergs ist und dass es nicht genügt, Verbesserungen im Wahlkampf nur zu versprechen und per Pressemitteilungen anzukündigen, sondern dass diese Aussagen an der Realität gemessen werden. „Ein gerade noch Ausreichend ist ganz speziell bei grün-roten Bildungspolitikern, die zunächst so viele Hoffnungen geweckt haben, keinesfalls genug“, moniert VBE-Chef Brand.
7. Januar 2013