Stuttgart. Die Frauenquote in Aufsichtsräten ist nun auch Thema im Bundesrat. Mehr Männer wünscht man sich dagegen in die Kindertagesstätten und Schulen – und bekommt sie nicht. Selbst eine Männerquote würde den Schulen nicht mehr männliche Lehrkräfte bescheren, weiß man beim Verband Bildung und Erziehung (VBE) Baden-Württemberg, denn es studieren schlichtweg zu wenig Männer aufs Lehramt, vor allem spürbar im Grundschulbereich, wo ein Frauenanteil von über 90 Prozent erreicht wird.
Mittlerweile gelten Jungen als die neuen Verlierer im Schulwesen. Sie sind überrepräsentiert bei den Sitzenbleibern und Schulabbrechern, bei den Sonderschülern und Schulschwänzern. Jungen lesen nicht nur schlechter als Mädchen, sondern mit deutlich weniger Begeisterung. Selbst beim Abitur bleiben die Jungen zahlenmäßig hinter den Mädchen zurück.
Mütter von Jungen haben bisweilen den Eindruck, dass ihre Söhne oft allein aufgrund des Geschlechts vom weiblichen Fachpersonal unterschwellig oder offen abgelehnt werden. „Zu laut, zu wild, zu störend – wird vorschnell über alle Jungs der Stab gebrochen“, klagen diese Mütter. Männlichen Schülern werde gerne vorgeworfen, dass sie gewünschte Eigenschaften wie Sauberkeit, Ordnungssinn, Angepasstheit, Fleiß und emotionale Intelligenz vermissen lassen, womit Mädchen insbesondere bei Grundschulpädagoginnen punkten.
Dem VBE liegt es fern, die qualifizierte Arbeit engagierter Lehrerinnen und Erzieherinnen abzuwerten. Für eine stabile, emotionale Entwicklung der Kinder ist es aber kein besonderer Vorteil, wenn diese vom Kindergarten an beinahe ausschließlich weibliche Bezugspersonen um sich haben und das männliche Element „als Gegenpart“ Seltenheitswert besitzt.
Kinder und Jugendliche aus patriarchalisch orientierten Kulturkreisen haben oft Probleme, eine Erzieherin oder Lehrerin als „Respektsperson“ anzuerkennen, und rebellieren entsprechend. Schon Kindergartenkinder machen den Frauen massiv Schwierigkeiten und führen sich in der Gruppe zuweilen wie kleine “Paschas“ auf, die Hof halten.
Der vergleichsweise geringe Verdienst und kaum vorhandene Aufstiegsmöglichkeiten sind nach Ansicht des VBE mit ein Grund dafür, dass Erzieher(in) ein klassischer Frauenberuf geblieben ist. Als alleiniger Verdiener vom schmalen Erziehergehalt eine mehrköpfige Familie ernähren zu wollen, sei schon eine echte Herausforderung, betont VBE-Chef Gerhard Brand. Männer sind deshalb in Kindertagesstätten Exoten, haben in Grundschulen Seltenheitswert. Abschreckend wirkt, dass die Arbeit mit Kindern gesellschaftlich kaum Ansehen genießt. „Wer mehr Männer als `Kindergärtner´ oder Grundschullehrer gewinnen will, muss für ein anderes Image des Berufsbildes und für bessere Arbeitsbedingungen sorgen“, sagt Brand.