Reich an Kindern zu sein, heißt häufig, arm durch Kinder zu werden
Stuttgart. Kinder werden heute von der Gesellschaft und von vielen Paaren mehr als Belastung denn als Bereicherung angesehen. Kinder groß zu ziehen, ist gleichbedeutend mit erheblichen finanziellen Aufwendungen und deutlichen persönlichen Einschränkungen.
„Elternzeit, mehr Kindergeld und zusätzliche staatliche Betreuungsangebote sind lediglich die sprichwörtlichen Tropfen auf dem heißen Stein und haben noch nicht zu dem erhofften Anstieg der Geburtenrate geführt“, sagt Gerhard Brand, Vorsitzender des Verbandes Bildung und Erziehung (VBE) Baden-Württemberg.Die Entwicklung zur Spaß- und Erlebnisgesellschaft bei gleichzeitiger Zunahme einer gewissen sozialen Kälte hat mit dazu geführt, dass die Bereitschaft, sich für die Gemeinschaft einzusetzen und persönliche Einschränkungen auf sich zu nehmen, gesunken ist, nicht nur was ehrenamtliche Tätigkeiten betrifft, sondern auch im Hinblick auf die Gründung von Familien mit Kindern.
Junge Menschen hören täglich, wie teuer Kinder für die öffentlichen Haushalte sind. Ausgaben für Familien, für Bildung und Erziehung sollten nach Auffassung des VBE daher in Haushaltsplänen nicht mehr als lästige „Unkostenposten“, sondern als wertvolle Investitionen in die Zukunft der Gesellschaft angesehen werden. „Aber nicht nur finanziell, auch von der Wertschätzung her muss die Bereitschaft, ein Kind oder gar mehrere Kinder zu bekommen, zu versorgen, zu betreuen und groß zu ziehen eine spürbare Aufwertung erfahren“, so Brand.
Der ungünstigen demographischen Entwicklung könnte entgegengewirkt werden durch eine höhere finanzielle Förderung junger Familien, durch attraktive, bezahlbare Wohnungen und kinderfreundliche Vermieter, durch den Ausbau qualitativ hochwertiger Kindertagesstätten, durch verbesserte Rahmenbedingungen an den Schulen, durch Unterstützung der Familien in schwierigen Situationen durch entsprechende Fachleute und letztendlich auch durch Überwindung der gesellschaftlichen Ächtung von Paaren mit mehreren Kindern.
„Und obwohl Menschen gerne nach Reichtum, Geld und Anerkennung streben, ist das Wort Kinder-r-e-i-c-h-t-u-m heutzutage eindeutig negativ besetzt“, stellt der VBE-Vorsitzende fest. Reich an Kindern zu sein, bedeute in der Realität häufig, arm durch Kinder zu werden und in der sozialen Hierarchie abzurutschen. Das sei auf Dauer für eine Gesellschaft aber alles andere als gut.
7. August 2011