Es soll den Sonderpädagogen nicht langweilig werden. Ständig sollen Änderungen durchgesetzt werden, über die die sonderpädagogischen Fachleute nur den Kopf schütteln können. Hatte man gedacht, dass endlich Ruhe einkehren könnte, war dies ein Irrtum. Aktuell neu wird diskutiert, Sonderpädagogen, die mehr als einen halben Lehrauftrag im Rahmen inklusiver Maßnahmen an Regelschulen verbringen, an diese zu versetzen. Wer kommt auf so eine Idee? Es geht darum, die sonderpädagogischen Kompetenzen der Lehrer zu stärken, das Fachwissen auszubauen und nicht, sie zu vereinzeln. Sonderpädagogik im Gießkannenprinzip macht keinen Sinn. Sonderpädagogische Kompetenz zeichnet sich durch hohe Systemkenntnis, durch Netzwerkkompetenz und fleixibel, subsidiäre – und häufig zeitlich befristete Intervention und Beratung und Begleitung aus. Dies ist bei einer Versetzung an Regelschulen nicht mehr möglich. Ressourcen könnten nicht mehr punktgenau zum Einsatz kommen.
Die sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentren, müssen als qualifizierte Beratungszentren allen zur Verfügung stehen. Dafür brauchen die Lehrkräfte die Verortung vor Ort. Sie sind auf den fachlichen Austausch mit ihren Kolleginnen und Kollegen angewiesen. In der Regel arbeiten an den SBBZ Sonderpädagogen mit unterschiedlichen Fächerkombinationen zusammen und können sich daher gegenseitig fachlich unterstützen und beraten. Außerdem – und dies ohne zu klagen und zu jammern, oder gar um die eigenen Pfründe retten zu wollen – haben die Sonderpädagogen weiterhin die Verantwortung für die Kinder, die an den Sonderschulen gefördert werden.
Die Zahl der Eltern, die ihr Kind bewusst an Sonderschulen anmelden, nimmt eher zu als ab. Es hat sich herumgesprochen, dass die intensive sonderpädagogische Förderung den Kindern meist die notwendige Stabilität verleihen kann, die sie für ihr berufliches Weiterkommen benötigen. Um keinen Irrtum aufkommen zu lassen, auch diese Kinder sollen vermehrt an inklusiven Maßnahmen – außerhalb des Unterrichts – teilhaben.
Es geht hier nicht um Ideologie – es geht um den verantwortlichen Um-gang mit dem Wohl des Kindes. Wer glaubt, dass es zielführender ist, wenn man Kinder möglichst lange gemeinsam den Unterricht besuchen lässt – egal wie es ihnen dabei geht – der hat irgend etwas nicht verstanden, oder verfügt schlicht nicht über ausreichende sonderpädagogische Kenntnisse und Erfahrenswerte. Man weiß, welche Faktoren förderlich und welche hinderlich beim Lernfortschritt sind. Grundvoraussetzung ist, dass sich das Kind wohl fühlt und Erfolgserlebnisse hat. Klingt simpel, ist aber von elementarer Bedeutung. Man weiß, dass Kinder mit kognitiven Defiziten, mehr Unterstützung und Anleitung durch die Lehrkraft brauchen, als leistungsstärkere Kinder. Sonderpädagogen, die die Fähigkeiten eines Superman besitzen, gibt es leider nicht. Auch ihre Ressourcen und Kräfte haben Grenzen. Sie sollten möglichst effektiv zum Wohle der Kinder eingesetzt werden.
Die hohe Qualität der Arbeit in der sonderpädagogischen Beratung, im Un- terricht und in der Diagnostik kann man nicht einfach an Schulen abordnen. Die sonderpädagogischen Ressourcen müssen passgenau zum Einsatz kommen, sonst droht eine deutliche Verschlechterung der Unterstützungsmöglichkeiten, die die Kinder und Jugendlichen mit dem Anspruch auf sonderpädagogische Förderung dringend brauchen.
Es gibt viele private Sonderschulen in Baden-Württemberg. Man kann Lehrer staatlicher Schulen aber nicht an Privatschulen abordnen. Das ist dienstrechtlich nicht vorgesehen.
Der VBE weist die Verantwortlichen im Kultusministerium ausdrücklich auf diese Zusammenhänge hin. Der Erhalt der hohen Qualität der SBBZ und damit der sonderpädagogischen Förderung ist notwendig, um mit den vorhandenen Ressourcen effektiv arbeiten zu können. Wenn man den SBBZ Ressourcen entzieht, würde es zu nicht absehbaren Qualitätsverlusten kommen und die passgenaue Vorgehensweise erschweren. Das will niemand!
Lit. VDS 1/14 Pädagogische Impulse S.8-9