Die Rechte aller Kinder müssen vorrangig beachtet werden!

Welche Rechte nimmt man einem Kind, wenn man es in eine Situation bringt, die seinen Bedürfnissen nicht entspricht?

Uschi Mittag, VBE-Referat Sonderschulen
Uschi Mittag, VBE-Referat Sonderschulen

Bitte versetzen Sie sich in folgende Situation: Sie sind zu Gast in einem Kreis von hochkarätigen Theologen / Medizinern / Politikern … . Sie unterhalten sich, es fallen Begriffe und Namen von denen Sie noch nie etwas gehört haben. Sie können der Unterhaltung inhaltlich nicht folgen, obwohl Sie sich sehr anstrengen. Langsam aber sicher wächst bei Ihnen die Angst, dass Sie in das Gespräch einbezogen werden – aber nicht angemessen antworten können. Nach einiger Zeit schalten Sie innerlich ab, da Sie so und so nicht verstehen, worüber gesprochen wird. Der Abstand zwischen Ihnen und den anderen Gesprächsteilnehmern wird immer größer … .

Ähnlich erging es mir bei einem Aufenthalt in Amerika. Ich war im Rahmen eines Angebotes für Lehrer – „Teachers visit USA“ – vier Wochen in Arizona und Kalifornien. Als ich ankam wurde ich von einer mir fremden Frau abgeholt. Sie begrüßte mich, redete auf mich ein, erwartete eine Antwort, die ich ihr leider meist schuldig bleiben musste, da ich ihren Slang kaum verstand.
Ich habe an mir beobachtet, dass ich mich anfangs bemühte, sie zu verstehen, aber nach kurzer Zeit abgeschaltet habe. Es hat mich schlicht überfordert. Der Körper zieht dann die innere Notbremse.

So oder ähnlich muss es Kindern gehen, die in einem Lernumfeld sind, das nicht ihren Bedürfnissen entspricht. Ist es Ihnen schon einmal aufgefallen, dass Kinder mit einer mentalen Beeinträchtigung bereits im Kindergarten meist mit viel jüngeren Kindern spielen und ihre Lieblingsspiele und -spielsachen nicht altersentsprechend sind? Woran das wohl liegen mag? Haben Sie schon beobachtet, dass diese Kinder sich in der Schule gern dasselbe Arbeitsblatt mehrfach holen? Sie brauchen die Sicherheit, dass sie es schaffen können. Eine Umgebung, in der alle anderen mehr leisten können, wirkt sich auf ihren Lernwillen negativ aus. Ich habe jede Menge Kinder erlebt, die leider erst viel zu spät und damit entmutigt in die Förderschule kamen.

Aus meiner Sicht ist es ein menschliches Grundbedürfnis, dass man mit Menschen zusammen ist, denen man auf Augenhöhe begegnen kann. Der Mensch braucht den zwischenmenschlichen Austausch. Man möchte verstanden werden. Man möchte Aufgaben anpacken, die man schaffen kann.
Die Forderung, die der VBE immer wieder wiederholt ist, dass bei allen pädagogischen Entscheidungen, das Kind mit seinen individuellen Bedürfnissen handlungsleitend sein muss. Wir müssen weg von einer ideologischen Sichtweise hin zu einer pragmatischen, die die finanziellen und sächlichen Ressourcen von Anfang an in die Entscheidung einbezieht. Mit Wunschdenken ist niemandem gedient, am allerwenigsten den Kindern. Der VBE setzt sich für die Umsetzung der UN-Konvention ein. Dabei muss das Kindswohl aller Kinder handlungsleitend sein. Um die Umsetzung der UN-Konvention geht es doch, oder habe ich etwas falsch verstanden?

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