Trotz anders lautender OECD-Studien ist Bildung der Politik hier zu teuer
Stuttgart. Auch die neue Landesregierung entwickelt in der Bildungspolitik lieber Visionen, wie alles besser werden könnte, als entschlossen zu handeln. „Wer landesweit Gemeinschaftsschulen einrichten will, dafür aber nicht mehr Geld in die Hand nimmt, unterläuft den gewünschten Bildungsaufbruch“, sagt Gerhard Brand, Vorsitzender des Verbandes Bildung und Erziehung (VBE) Baden-Württemberg.
Obwohl Deutschland in den Rankinglisten der internationalen OECD-Studien bei den Bildungsausgaben noch immer weit hinten liegt, ist in Politikerkreisen kein Umdenken zu sehen. Auch die neue Landesregierung bremst, wenn es ums Geldausgeben für Kindergärten und Schulen geht. Nicht einmal deren Lieblingskind, die Gemeinschaftsschule, darf so ausgestattet werden, dass dort moderne Pädagogik adäquat umgesetzt werden kann.
1995 gab Deutschland 5,1 Prozent seines Bruttoinlandsproduktes für Bildung aus. 2008 waren dies laut OECD nur noch 4,9 Prozent. Der OECD-Schnitt lag da bei 5,9 Prozent. Damit belegte Deutschland unter 36 Industrienationen einen unrühmlichen 30. Platz. Während in Luxemburg 13 648 US-Dollar pro Jahr in die Ausbildung der Grundschulkinder investiert werden, ist es in Deutschland nicht einmal halb so viel (5 929 Dollar). Und trotz dieses im Vergleich zu den anderen Industrienationen prekären Defizites, bremst auch die neue grün-rote Landesregierung, wenn es darum geht, den Kleinsten mehr Gutes zu tun. Wer Lehrern eine Anrechnungsstunde für die Kooperation mit den Kindergärten gibt, diese aber gleichzeitig den Bildungshäusern und beim Projekt „Schulreifes Kind“ wieder abzieht, zeigt, dass er nicht gewillt ist, wirklich mehr Geld für Bildung auszugeben. Wer Gemeinschaftsschulen einrichten will, diese aber personell, räumlich und sächlich nicht so ausstatten kann, wie es vom pädagogischen Konzept her zwingend notwendig ist, wirkt unglaubwürdig. Wer Inklusion flächendeckend umsetzen will, gleichzeitig aber weder die Schulen noch das Personal dafür entsprechend gründlich vorbereitet, handelt grob fahrlässig. „Baustellen in der Bildungspolitik gibt es genug, man muss aber auch das nötige Geld aufbringen, um die Projekte alle zum Laufen oder zu einem guten Ende zu bringen“, sagt der VBE-Chef. „Dass andere Industriestaaten erkannt haben, dass es richtig ist, Geld in die Bildung zu stecken, zeigen die OECD-Studien, die für Deutschland alles andere als ein Ruhmesblatt sind.“
1.4.2012