VBE: Den Umgang mit dem Computer auch für Grundschüler mit in die neuen Bildungspläne aufnehmen

Stuttgart. Computer sind in den weiterführenden Schulen selbstverständliche Arbeits- und Hilfsmittel für Schüler geworden. „Leider sieht es mit der Multimedia-Aus­stattung und der Anwendung von Computern im Grundschulunterricht nicht so günstig aus“, stellt der Vorsitzende des Verbandes Bildung und Erziehung (VBE) Baden-Württemberg, Gerhard Brand, mit Bedauern fest.

VBE Landesvorsitzender Gerhard Brand

Gerhard Brand, VBE Landesvorsitzender

Bereits vor knapp zwanzig Jahren – Ende 1994 – wurde ein Modellversuch „Computer an Grundschulen“ gestartet. Dabei ist es auch geblieben. „Heute stehen in etlichen Grundschulen zwar schon Rechner – vor allem, wenn engagierte Lehrer sich darum bemühen -, in den Bildungsplan des Primarbereiches hat die neue Technologie anders als in der Sekundarstufe noch immer offiziell keinen Einzug gehalten“, bemängelt der VBE-Vorsitzende.

Viele Grundschüler zeigen sich als Profis, wenn es um Computerspiele geht. Es wäre pädagogisch leichtfertig, die positiven Anwendungsbereiche der Geräte im Grund­schulbereich auszuklammern und sich die Chancen entgehen zu lassen, die die Compu­ter zur Lernmotivation der Schüler bieten. Sinnvoll wäre der Einsatz von Textverarbei­tungsmöglichkeiten in Deutsch und entsprechender Software in Mathematik im Rah­men differenzierender Stütz- und Fördermaßnahmen, die Informationsbeschaffung im Internet für das Fach MeNuK (Mensch Natur und Kultur), der Einsatz von Computern im Fremdsprachenunterricht, beim Wochenplan und in der Freiarbeit und nicht zuletzt als Trainingsmöglichkeit partnerschaftlichen Verhaltens bei Gruppenarbeit.

„Die Grundschule könnte durch die Aufnahme der Computer in den Bildungsplan noch mehr ihrem Erziehungs- und Bildungsauftrag gerecht werden, indem sie den Schülern zusätzliche Erfahrungsräume öffnet und sie zum sinnvollen Umgang mit den neuen Medien anleitet“, stellt der VBE-Chef fest, selbst wenn das dem Professor Man­fred Spitzer nicht so gefalle. Durch die offizielle Anerkennung des Computers als Arbeitsmittel auch für Grundschüler würden die nervigen Diskussionen mit dem Schulträger über die Übernahme oder Nichtübernahme der Sachkosten entfallen.

VBE: Besser Bilderbuch statt Bildschirm

Lieber Comic-Heftchen als gar keinen Kontakt mit Buchstaben

Stuttgart. Sprachentwicklungsstörungen zeigen sich schon früh im Kindergarten und setzen sich in der Grundschule fort, wenn Eltern und Erzieher nicht gezielt ge­gensteuern, warnt der Verband Bildung und Erziehung (VBE). Kinder, die von klein auf ständig vor dem Fernsehapparat „geparkt“ werden, greifen spä­ter selten zu einem Buch, um zu lesen und den Wortschatz zu erweitern.

VBE Pressesprecher Michael Gomolzig

Michael Gomolzig, Sprecher des VBE

Früher ließen Deutschlehrer ausschließlich wertvolle Kinder- und Jugendliteratur gelten, schimpften über sogenannte Schundliteratur und die Sprachverhunzung in Comic-Heftchen („lechz, bibber, plopp“). Heute wären Lehrer froh, wenn „buchsta­benscheue“ Schüler außerhalb des Schulhauses Texte freiwillig lesen würden – und sei es die viel geschmähte Heftchen-Literatur, versichert der VBE-Sprecher. Immer mehr verdränge der Bildschirm daheim das gedruckte Wort.

Kinder und Jugendliche bekommen über den Fernsehapparat und das Internet die ganze Welt in bunten Bildern ins Haus geliefert, können aber immer weniger mit Worten ausdrücken, was sie gesehen haben. Sprachentwicklungsstörungen bei Vor­schul- und Grundschulkindern haben deutlich zugenommen, sorgt man sich beim VBE. Jedes fünfte Kind – ob mit oder ohne Migrationshintergrund – hat mehr oder weniger mit Sprachproblemen und Spracharmut zu kämpfen.

Kinder können im Unterricht keine Geschichten aufschreiben, wenn ihnen dafür die Wörter fehlen. Aufsatzerziehung in der Schule funktioniert nur, wenn auch der nötige Wortschatz vorhanden ist. Eltern könnten ihre Kinder deutlich mehr äußerst kostengünstig fördern, wenn sie ihnen sehr früh regelmäßig vorlesen würden, dar­über redeten und lieber öfter Bilderbücher als den Bildschirm anböten.

Der VBE appelliert an alle Erziehungsberechtigten, Kinder vor dem Bildschirm auf keinen Fall allein zu lassen. Es ist nicht Aufgabe des Fernsehapparats, den Nachwuchs „ruhig zu stellen“. Der Bildschirm ist kein Babysitter und kein Eltern­ersatz. Medienkompetenz kann sich nur durch Nachdenken und Reden über das Ge­sehene herausbilden. Dafür benötigen Kinder Erwachsene als Ansprechpartner.

„Wenn Kinder täglich mehrere Stunden vor dem Fernsehapparat zubringen, bleibt einfach zu wenig Zeit, die Umwelt auf eigene Faust zu erkunden“, beklagt der VBE-Sprecher. Diese wichtigen Erfahrungen aus erster Hand fehlten den Schülern heute immer mehr. Das Kind könne im Fernsehen eine Blume zwar in Großauf­nahme sehen, aber sie weder anfassen noch daran riechen.

12. 02. 2012