Stuttgart. „Das Kultusministerium wird nicht müde, die Gemeinschaftsschulen als Volltreffer zu verkaufen, hinkt aber mit den dafür dringend notwendigen neuen Schulbauförderrichtlinien weit hinterher“, beklagt Gerhard Brand, Vorsitzender des Verbandes Bildung und Erziehung (VBE) Baden-Württemberg. Wer mehr Gemeinschaftsschulen will, muss aus schlichten Klassenzimmern motivierende Lernwerkstätten machen, benötigt für den Ganztagesbetrieb zusätzlichen Raum. Dafür müssen die Schulträger viel Geld investieren und warten deshalb ungeduldig auf die neuen Förderrichtlinien.
Nicht nur die neuesten bautechnischen Anforderungen an Brandschutz und Unfallverhütung sind bei den Schulgebäuden zu berücksichtigen und umzusetzen, sondern auch die Größe und Ausgestaltung der Klassenzimmer, wie sie der moderne Unterricht in einer Gemeinschaftsschule erfordert. Wer Bildung für das 21. Jahrhundert anbieten will, darf sich nicht mit Klassenzimmern begnügen, die zu Kaisers Zeiten als angemessen galten.
Unterricht in Lern- und Projektgruppen, Werkstattarbeit, selbstorganisiertes Lernen mit Wochenplänen und Ganztagsangebote erfordern mehr Platz in den Schulen, mehr Räume zum Ausweichen und Möglichkeiten, individuelle Lerninseln einrichten zu können.
Bei seither höchstens 66 Quadratmeter Klassenzimmerfläche für bis zu 30 Schüler – in Gemeinschaftsschulen bis zu 28 -, könne die räumliche Freiheit der Lernenden nicht allzu groß ausfallen, beklagt der VBE-Vorsitzende. Natürlich weiß auch der VBE, dass größere und mehr Räume entsprechend Geld kosten. Man kann aber, wenn man in der Bildungspolitik einen durchschlagenden Erfolg erzielen will, nicht nur an einzelnen Stellschrauben drehen. Wer eine Bildungsreform anstrebt, muss diese aus einem Guss durchziehen und alle Ressorts mit einbeziehen. „Wenn das Kultusministerium tüchtig Gas gibt, das Finanzministerium jedoch die Bremse angezogen hat, drehen die Räder durch. Man kommt nicht vom Fleck, und gibt es lediglich viel Rauch um Nichts“, sagt Brand.
28. Oktober 2012