Pädagogisches „Reizklima“ macht den Unterricht stets spannend
Stuttgart.
Am Montag will der CDU-Bundesvorstand über ein Papier beraten, das den noch bestehenden Hauptschulen die letzte Ölung gibt, bevor sie endgültig aus der Schullandschaft verschwinden sollen. Der Verband Bildung und Erziehung (VBE) Baden-Württemberg bricht in diesem Zusammenhang eine Lanze für die hoch engagierten Hauptschullehrkräfte, die bei immer schwieriger gewordenen Arbeitsbedingungen Kärrnerarbeit leisten.
In den vergangenen Jahren hat sich die Situation der Hauptschulen permanent verschlechtert: stark rückläufige Schülerzahlen – nicht zuletzt durch die neue Werkrealschule -, wachsender Konkurrenzdruck auf dem Arbeitsmarkt und die geringe Akzeptanz bei Eltern und in der Wirtschaft machen dieser Schulart zu schaffen“, stellt der VBE-Landesvorsitzende, Gerhard Brand, fest.
Keine andere Schulform der Sekundarstufe verfügt heute – je nach sozialem und örtlichem Umfeld – über eine so unterschiedliche Schülerklientel wie die Hauptschule. Besonders brisant ist die Situation an Hauptschulen, die in einem schwierigen gesellschaftlichen Umfeld liegen und deren Schülerschaft sich zu einem hohen Prozentsatz aus Kindern von ausländischen Mitbürgern oder Aussiedlern zusammensetzt. Da ist die Hauptschule zwangsläufig zu einer „Einwandererschule“ mit einem gezielt sozial-integrativen Auftrag geworden.
Bei Hauptschulen in weniger exponierten Lagen spiegelt sich die Umgebung auch in einem gewissen pädagogischen „Reizklima“ wider. Erhöhte Aggressionsbereitschaft der Schüler im Umgang miteinander und Desinteresse gegenüber dem Lernstoff machen so manche Unterrichtsstunde für Lehrer zu einem spannenden Abenteuer: Gelingt es diesmal, Inhalte zu vermitteln? Oder geht die Stunde wieder fast vollständig mit Erziehungsarbeit, dem Schlichten von Streitigkeiten und der Aufarbeitung der sozialen Probleme der Schüler untereinander drauf? Bildungsangebote im Hauptschulbereich müssen immer aufwendiger vorbereitet werden. Oft können die Schüler nur mit viel pädagogischer Phantasie und großem didaktischen Geschick des Lehrers für sinnvolles Lernen gewonnen werden. An keiner anderen Schulart sind daher die Belastungen und Anforderungen an die Lehrerschaft stärker gewachsen als an der Hauptschule. Hauptschüler zu stärken ist nicht nur eine bildungspolitische, sondern vielmehr eine sozialpolitische Aufgabe, die es auch künftig zu bewältigen gilt, egal, ob man die Schule nun Hauptschule, Sekundarschule, Oberschule, Gemeinschaftsschule oder Gesamtschule nennt.
26. Juni 2011