Rück-(Rund)schlag vom VBE-Kreisverband:

„Sicher wär`s schön, wenn die Schule um neun beginnen könnte, aber…“

Waiblingen. Bereits vor beinahe sechs Jahren regte der damalige Ministerpräsident Gün­ther Oettinger (CDU) einen späteren Schulbeginn am Morgen an, um Fami­lien ein entspanntes, gemeinsames Frühstücken zu ermöglichen. Schon damals fand der Verband Bildung und Erziehung (VBE), dass der Vorschlag Charme habe; befürchtete aber, dass das vielen Eltern gar nicht ins Konzept passe.

VBE Pressesprecher Michael Gomolzig

Michael Gomolzig, Sprecher des VBE

Der Ministerpräsident regte den späteren Schulbeginn am Morgen mit der Begrün­dung an, dass die Familien so mehr Zeit für ein gemeinsames Frühstück hätten. Nach Kenntnis des VBE kamen bereits damals Schüler immer wieder zu spät zur Schule („Habe verschlafen“) und obendrein meist auch noch ohne Frühstück.

 

Daran hat sich bis heute nicht so viel geändert. Oettinger irrte jedoch, wenn er unterstellte, dass Eltern immer nach ihren Kindern zur Arbeit gehen würden. Es ge­be etliche Schüler, so der VBE-Sprecher, die lange vor dem eigentlichen Unter­richtsbeginn von den Eltern zur Schule geschickt werden, weil diese wegen einer familienunfreundlichen Arbeitszeit nicht mehr auf die Kinder aufpassen können. Selbst wenn der Unterricht erst zur zweiten Stunde beginne, stehen manche Schüler – auch an kalten Wintertagen – schon gegen sieben Uhr vor der Schultür.

Um da Abhilfe zu schaffen, wurde vor einigen Jahren die kostenpflichtige(!) Kernzeitbetreuung an den Schulen eingeführt (die ein Baustein der „Verlässlichen Grundschule“ ist), damit Kinder von Alleinerziehenden oder von Eltern, die beide arbeiten gehen (müssen), vor und nach dem Unterricht eine sichere und warme Bleibe haben. Vielerorts fangen diese Betreuungszeiten bereits um sieben Uhr(!) an – noch deutlich vor Unterrichtsbeginn. Diesen Kindern würde auch ein späterer Schulbeginn keinen längeren Schlaf oder ein gemeinsames Frühstück mit der Fa­milie bescheren. Etliche Schüler müssen morgens allein aufstehen, manche davon noch jüngeren Geschwistern ein Frühstück machen.

Die von Eltern durchgesetzte verlässliche Grundschule, deren Konzept verlangt, dass Unterricht grundsätzlich nicht am Nachmittag erteilt wird, trägt mit dazu bei, dass Schüler durch die Stundentafel stärker unter zeitlichen Druck geraten. Ein „weicherer“ Unterrichtsbeginn – vielleicht sogar mit einem gemeinsamen Frühstück in der Schule – könnte sicher ebenso zu einem entspannteren Arbeiten beitragen wie die Umwandlung des reinen Vormittagsunterrichts in einen Ganztagesschulbetrieb. Denn ein späterer Unterrichtsbeginn heißt im Umkehrschluss auch ein späteres Un­terrichtsende. Erst im Dezember hatte Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) Gleitzeit für Schulen angeregt und Skepsis vom Landeselternbeirat (LEB) geerntet.

28.12.11