14 Prozent weniger Anrechnungsstunden im neuen Schuljahr

Als Folge müssen Kommunen Aufgaben der Lehrer übernehmen

VBE Landesvorsitzender Gerhard Brand

Gerhard Brand, VBE Landesvorsitzender

Stuttgart. Der Verband Bildung und Erziehung (VBE) versteht den Unmut der Städte und Kommunen, wegen der Kürzungen der Anrechnungsstunden für Leh­rer nun den Lückenbüßer zu spielen. Das Geschäft muss aber erledigt wer­den, damit die Schule läuft. Wenn Lehrern kein Zeitbudget für notwendige Arbeiten außerhalb des Unterrichts vom Kultusministerium zur Verfügung gestellt wird, muss eben der Schulträger die Bestellung, Ausgabe und Ver­waltung der Schülerbücher übernehmen. Die dafür verantwortlichen Leh­rer bereiten nämlich schon in den Sommerferien das neue Schuljahr vor.

Kürzung von Lehrerstellen, Kürzungen im Ergänzungsbereich, bei Arbeitsge­meinschaften sowie bei Stütz- und Förderstunden, Kürzungen bei der Lehrer­fortbildung, Kürzungen bei der Besoldung und Beihilfe: die Streichliste unter Grün-Rot wurde immer umfangreicher.

Jetzt werden auch noch Anrechnungsstunden, die sowieso viel zu knapp be­messen waren, zurückgefahren. Im Grund-, Haupt-, Real- und Sonderschul­be­reich, der bisher schon am schlechtesten versorgt war, wird im neuen Schuljahr die Anrechnung von 0,35 Wochenstunden pro Klasse auf 0,30 zurückgefahren. Das entspricht einer Kürzung von 14 Prozent. Wer so das Bildungssystem opti­mal voranbringen und die Lehrerschaft motivieren will, zeigt, dass die Zusagen vor der Landtagswahl und die Aussagen in der Koalitionsvereinbarung großen­teils leere Versprechungen waren.

 „Wenn jetzt den Lehrern die notwendige Zeit für Aufgaben, die erledigt wer­den müssen, damit Schule läuft, gekürzt wird, müssen diese Arbeiten eben vom Schulträger übernommen werden“, sagt VBE-Chef Gerhard Brand. „Wenn Städte und Kommunen sich nun als `Lückenbüßer´ sehen, darf sich das Kultus­ministerium nicht darüber wundern.“

Die anfängliche Euphorie nach der Landtagswahl 2011 ist in vielen Lehrer­zimmern einer tiefen Resignation gewichen. „Die Hoffnungen auf eine bessere Bildungspolitik werden sukzessive zu Grabe getragen“, so der VBE-Chef.

 

VBE-Protest gegen grün-rotes Streichkonzert angelaufen

„Giftliste“ an alle Schulen versandt – Lehrer sollen sich jetzt wehren

Stuttgart. Noch in den Pfingstferien ist eine große Protestaktion des Verbandes Bildung und Erziehung (VBE) Baden-Württemberg gegen die anhaltenden Streichkonzerte der grün-roten Landesregierung im Bildungsbereich angelaufen. Alle VBE-Mit­glieder wurden per E-Mail aufgefordert, die Abgeordneten vor Ort über die Miss­stände in den Schulen und den zunehmenden Groll der Lehrerschaft zu informie­ren. An alle Schulen wurde die grün-rote „Giftliste“ mit sämtlichen Kürzungen geschickt mit der Aufforderung, den Protest nun in die Fläche zu tragen (Anlage).

VBE Landesvorsitzender Gerhard Brand

Gerhard Brand, VBE Landesvorsitzender

In den ersten beiden Regierungsjahren hat die grün-rote Landesregierung entgegen zahlreicher Versprechungen in ihren Wahlprogrammen und entgegen der Zusagen im Koalitionspapier eine Vielzahl von massiven Kürzungs- und Stellenstreichungsbe­schlüssen gefasst und damit die noch vor einem Jahr durch den politischen Raum geis­ternde „Giftliste“ weit übertroffen. Bei der Protestveranstaltung des Beamtenbunds im letzten Jahr hatte der SPD-Fraktionsvorsitzende Claus Schmiedel noch die „Giftliste“ demonstrativ auf der Bühne zerrissen. „Das konnte er tun“, so VBE-Chef Gerhard Brand, „denn diese Giftliste war nicht mehr aktuell.“ Die neue dagegen enthält mas­sivere Streichungen für Schule und Lehrerschaft, so dass die alte Giftliste politisch überholt war und daher so publikumswirksam öffentlich vernichtet werden konnte.

Die Landesregierung beschloss den Sozialabbau im Beamtenbereich und die für alle spürbaren Einschnitte in den Schulen trotz sprudelnder Steuermehreinnahmen. 2012 erwirtschaftete das Land Baden-Württemberg gegenüber dem Haushaltsansatz ein Plus von über einer Milliarde Euro. Für das laufende Jahr kündigen sich ebenfalls deutliche Steuermehreinnahmen an. Trotzdem wird eine ledige Junglehrerin in den ersten drei Dienstjahren durch die Kürzungsbeschlüsse der Landesregierung mit rund 12.900 Euro zur Kasse gebeten. Gleichzeitig sind die Landtagsabgeordneten nicht bereit, sich per­sönlich auch nur ansatzweise an ähnlichen Kürzungs- oder Sparmaßnahmen zu betei­ligen, obwohl sie ihre Diäten – wie auch die Beamten – aus dem Steuertopf des Landes erhalten. Weitere Einschnitte wie die Verlängerung der Lebensarbeitszeit für Lehrkräf­te und die Abschaffung der Altersermäßigung sind erklärtes Ziel von Grün-Rot. 11 600 Lehrerstellen sollen gestrichen werden, obwohl an den Schulen immer noch viel zu viel Unterricht ausfällt, es zu wenig Stütz- und Förderstunden gibt. „Jetzt ist das Fass übergelaufen“, sagt Brand und ruft alle zur VBE-Protestaktion auf.