Lehrer, die auch frontal unterrichten, müssen kein schlechtes Gewissen haben
Stuttgart. Zu den Vorzügen der Gemeinschaftsschule gehört ein andersartiges Lernen. Mit einem gewissen Stolz wird auf den Werbeveranstaltungen für diese neue Schulart verkündet, dass der viel geschmähte Frontalunterricht dort nicht mehr stattfindet, und wenn doch, nennt man ihn euphemistisch „Inputphase“. Der Verband Bildung und Erziehung (VBE) Baden-Württemberg wendet sich gegen eine grundsätzliche Abwertung des Frontalunterrichts in der Öffentlichkeit. Dieser habe selbst im modernen Unterricht in wohldosierter Form seine Berechtigung und sei nicht per se Teufelszeug, behauptet der VBE-Sprecher.
Der professionelle Umgang mit individuellem und kooperativem Lernen, mit Freiarbeit, Gruppenunterricht, Lerntheken, Partnerarbeit, Stationenlernen und Wochenplan gehört heute zum Standardrepertoire einer modern ausgebildeten Lehrkraft – und zwar an allen Schularten, nicht nur an Gemeinschaftsschulen. Ein gut vorbereiteter und interessant dargebotener Frontalunterricht, der nicht über die Köpfe der Schüler hinweg erfolgt, sondern diese mit einbindet, ist nicht minder erfolgversprechend für den Lernzuwachs als ein Unterricht, der ausschließlich auf das selbstorientierte Lernen und auf Teamarbeit am Gruppentisch setzt. Auch Frontalunterricht, also lehrerzentrierter Unterricht, könne in hohem Maße an den Schülern ausgerichtet und damit pädagogisch äußerst wertvoll sein, vor allem dann, wenn auch der entsprechende Lernzuwachs dokumentiert werden könne, so der VBE-Sprecher.
In der Schule bewahrheite sich die alte Lebensweisheit, dass es auf die richtige Dosis und auf eine gute Mischung ankomme. Was für die Zusammensetzung der Klasse gelten soll, nämlich eine möglichst bunte Vielfalt, müsste auch für die Methoden der Lehrkraft Gültigkeit haben. Nicht umsonst machten sich die Pädagogen bei der Unterrichtsvorbereitung gründlich Gedanken, welche Methode sich am besten für die jeweiligen Stundeninhalte eigne. Dabei könne zuweilen sogar Frontalunterricht ein Mittel der ersten Wahl sein – selbst in einer Gemeinschaftsschule.
In der Öffentlichkeit werde im Zusammenhang mit der Diskussion um die Vorzüge der Gemeinschaftsschule Frontalunterricht eher als ein großes Übel dargestellt. „Abwertende Bemerkungen über Lehrer, die, didaktisch-methodisch begründet, von Zeit zu Zeit frontal unterrichten, sind schlichtweg deplatziert“, kritisiert der VBE-Sprecher.