VBE: Angst darf in Klassenzimmern keine Schule machen

Schülermobbing zwischen Wegducken und Einmischen 

Stuttgart. „Mobben“ ist kein Unterrichtsfach, trotzdem steht es bei vielen Schülern täglich auf dem Stundenplan – sowohl bei Tätern als auch deren Opfern. Der Verband Bildung und Erziehung (VBE) Baden-Württemberg ermuntert Schüler, Eltern und Lehrer, genauer hinzusehen und gemeinsam gegen das Niedermachen einzel­ner durch Gruppen und gegen das krank machende Ausgrenzen vorzugehen.

VBE Landesvorsitzender Gerhard Brand

Gerhard Brand, VBE Landesvorsitzender

Es sind selten heftige, schlagzeilenbringende Attacken, unter denen gemobbte Schüler leiden. Es sind die kleinen, aber auf Dauer tief verletzenden täglichen Nadelstiche, die schadenfroh hinausposaunten Schwächen von Mitschülern und das bewusste Ausgren­zen von Kindern und Jugendlichen, die meist wahllos ausgesucht und gemeinsam „fer­tig“ gemacht werden. Bei diesen in der Regel verbalen Attacken machen selbst Schüler mit, die sonst völlig unauffällig erscheinen, die aber zeigen wollen, dass sie mit zur Gruppe gehören. Werden sie zur Rede gestellt, war alles nur „Spaß“; die Rolle und Ge­fühle des Opfers werden dabei völlig ausgeblendet.

Schwierig wird es, wenn Mobbingopfer sich weder Eltern noch Lehrern offenbaren und Zeugen beharrlich schweigen. Lehrer spüren, wenn in einer Klasse etwas atmo­sphärisch nicht stimmt. Sie können bei einer „gefühlten“ Bedrohung die Situation zwar ansprechen, jedoch keine wirkungsvollen Maßnahmen ergreifen und schon gar keine Strafen verhängen. „Eltern von gemobbten Schülern interpretieren das dann gerne als bewusstes Weggucken“, moniert der VBE-Vorsitzende Gerhard Brand. Auch in der Schule gilt der Rechtsgrundsatz, dass der Täter erst „überführt“ werden muss, bevor dessen Verhalten sanktioniert wird. Zuvor findet eine Anhörung statt, zu der neben dem Schüler auch dessen Eltern offiziell geladen werden. Der § 90 des Schulgesetzes „Erziehungs- und Ordnungsmaßnahmen“ gibt den formalen Rahmen vor, innerhalb dessen sich die Schule bewegen kann.

Besser als Strafe sei präventives Handeln, damit es erst gar nicht zum Mobben kom­me, sagt Brand. Schule sei immer ein Spiegel der Gesellschaft. Und wenn in Firmen, in Vereinen, in Fernsehsendungen und manchmal sogar innerhalb der Familie gemobbt werde, müsse man sich nicht darüber wundern, wenn die Schule heute auch keine „In­sel der Seligen“ mehr sei. Um den in manchen Klassen für einzelne wirklich belasten­den Zuständen entgegenzuwirken, seien an den Schulen mehr Psychologen und Sozial­arbeiter erforderlich sowie besser aus- und fortgebildete Lehrer, sagt der VBE-Chef. Angst dürfe keine Schule machen; denn die sei ein schlechter Lehrmeister und habe in Klassenzimmern nichts verloren.

3. März 2013

Wenn bei Schülern „Mobbing“ auf dem Stundenplan steht

 

VBE sieht Handlungsbedarf bei der Lehrerausbildung

Stuttgart. „Mobbing“ ist kein Unterrichtsfach, und trotzdem steht es bei vielen Schü­lern täglich auf dem Stundenplan – bei Tätern und Opfern. Der Verband Bildung und Erziehung (VBE) Baden-Württemberg ermuntert Eltern und Lehrer, genauer hinzusehen und gemeinsam gegen krank machende Ausgrenzungen und das Nie­dermachen einzelner durch Gruppen vorzugehen.

VBE Landesvorsitzender Gerhard Brand

Gerhard Brand, VBE Landesvorsitzender

Es sind nicht immer die schlagzeilenträchtigen Attacken, die nicht gut für die Schulen sind. Es sind auch die täglichen kleinen, aber auf Dauer tief verletzenden Sticheleien, die schadenfroh hinausposaunten Schwächen von Mitschülern und das bewusste Aus­grenzen von Kindern und Jugendlichen, die in der Regel wahllos ausgesucht und ge­meinsam „fertig“ gemacht werden. Bei diesen zunächst meist lediglich verbalen Atta­cken machen selbst Schüler mit, die sonst völlig unauffällig erscheinen, die aber zei­gen wollen, dass sie mit zur Gruppe gehören. Werden sie zur Rede gestellt, war alles nur „Spaß“ – jedoch nicht für deren Opfer.

Schwierig wird es, wenn Mobbingopfer sich weder Eltern noch Lehrern offenbaren, Zeugen beharrlich schweigen. Lehrer spüren, wenn etwas in einer Klasse nicht stimmt, können bei einer „gefühlten“ Bedrohung die Situation zwar ansprechen, jedoch keine wirkungsvollen Maßnahmen ergreifen und auch keine Strafen verhängen. „Eltern in­terpretieren das dann gerne als bewusstes Weggucken“, moniert der VBE-Vorsitzende Gerhard Brand. Auch in der Schule gilt der Rechtsgrundsatz, dass der Täter erst „über­führt“ werden muss, bevor dessen Verhalten nach einer Anhörung, zu der neben dem Schüler auch dessen Eltern geladen sind, sanktioniert wird. Der § 90 des Schulgesetzes („Erziehungs- und Ordnungsmaßnahmen“) gibt den formalen Rahmen vor, innerhalb dessen sich die Schule bewegen kann.

Besser als Strafe sei Vorbeugung, damit es erst gar nicht zum Mobbing komme, sagt Brand. Schule sei immer ein Spiegel der Gesellschaft. Und wenn in Firmen, in Ver­einen, in Fernsehsendungen und manchmal sogar innerhalb der Familie gemobbt wer­de, müsse man sich nicht darüber wundern, wenn die Schule auch keine „Insel der Se­ligen“ mehr sei. Um den in manchen Klassen für einzelne wirklich schlimmen Zustän­den entgegenzuwirken, seien an den Schulen mehr Psychologen und Sozialarbeiter er­forderlich sowie besser aus- und fortgebildete Lehrer, fordert der VBE-Chef. Angst dürfe keine Schule machen; denn die sei stets ein schlechter Lehrmeister und habe in Klassenzimmern nichts verloren.

4. Dezember 2011

Cybermobbing zum Nachteil von Lehrerinnen und Lehrern

Als Betroffene aktiv bleiben

Die älteren Jahrgänge unter uns wissen es noch: Es gab eine lange Zeit in unserem Leben als Lehrerin oder Lehrer, da gab es weder Internet noch Handy. Was es aber schon immer gegeben hat ist, dass Schülerinnen und Schüler das Wirken von Lehrkräften nicht nur dokumentiert, sondern auch kritisiert haben. Denken wir dabei nur an Beiträge in Schülerzeitungen und Abschlussabenden.

Rosi Drayer, Religionslehrerin, Mitglied im ÖPR beim SSA Lörrach

Seit wenigen Jahren sind durch die neuen Medien ganz neue Kommunikationsmöglichkeiten entstanden: Bilder und Texte können nicht nur publiziert, sondern auch manipuliert werden: Eine verdeckt aufgenommene Ton- oder Bildaufnahme im Unterricht – das ist rechtlich natürlich völlig unzulässig – wird bei Youtube eingestellt, Hineinmontieren einer Lehrkraft in eine Hinrichtungsszene oder Diffamierungen, die über Facebook verbreitet werden sind Beispiele hierfür und Beispiele, wofür der Begriff Cybermobbing steht.

Unter Cybermobbing werden unterschiedliche Aktivitäten zusammengefasst, mit denen Schülerinnen und Schüler ihre Lehrkräfte gezielt im Internet bloßstellen. Treffen kann es jede Lehrkraft, es kommt aber unter der Gymnasiallehrerschaft deutlich öfter vor als im GHWRS-Bereich.

Die Zahl der „Fälle“ ist überschaubar – wird aber eine Lehrerin oder ein Lehrer Opfer einer Cybermobbing-Attacke ist das für die meisten mit psychischen Belastungen verbunden. Was tun, wenn Lehrkräfte erfahren „Jetzt bin ich dran!?“ Auf keinen Fall sollten Lehrerinnen und Lehrer auf beleidigende und bedrohende E-Mails oder SMS-Botschaften antworten. Am besten diese sammeln und das Gespräch mit dem Verdächtigten in Anwesenheit einer weiteren Person führen und auffordern, damit aufzuhören.

Auch sollten Betroffene nicht versuchen aus Scham, die Angriffe mit sich selbst auszumachen. Was für alle schwierigen Situationen in der Schule gilt, ist auch hier goldrichtig: Sich Unterstützung suchen. Das Gespräch mit vertrauten Kolleginnen und Kollegen ist dabei nur der erste Schritt.

Bei der Hilfestellung für Betroffene ist zu unterscheiden, die juristische Hilfe sowie die persönliche-menschliche Hilfe. Für juristische Fragen liegen die Zuständigkeiten bei der Schulleitung, der Schulaufsicht und bei der Polizei. Das hängt natürlich von der Schwere des Einzelfalls ab.

Für die persönliche Hilfe kommen auch die Schulpsychologen und betriebsärztlichen Dienste in Frage. Das Kultusministerium hat seit zehn Jahren Rahmenverträge mit betriebsärztlichen Diensten abgeschlossen, die von der Schulaufsicht her, weisungsfrei und neutral arbeiten. Für den Regierungsbezirk Freiburg zum Beispiel ist der zuständige betriebsärztliche Dienst bei der IAS-Stiftung in Freiburg angegliedert.

Beachtung verdient in diesem Zusammenhang auch die ministerielle Handreichung „Cybermobbing zum Nachteil von Lehrerinnen und Lehrern“.

http://www.kultusportal-bw.de/servlet/PB/show/1248751/Mobbing_von_Lehrkraeften_im_Internet.pdf

Sie informiert über die präventiven Möglichkeiten wie zum Beispiel die Medienerziehung: Vielen Schülerinnen und Schülern ist die Tragweite ihrer Handlungen nicht bewusst. Hier ist auch die Zusammenarbeit mit der Polizei, die vielerorts mit ihren Spezialisten für Computerkriminalität auch vor Schulklassen wirken, zu erwähnen.  Die Einführung einer Rückmeldekultur an den Schulen kann dazu beitragen, dass Mobbing zum Nachteil von Lehrerinnen und Lehrern erst gar nicht entsteht.

Die Schule hat eine Vielzahl von Möglichkeiten, um auf das Fehlverhalten von Schülerinnen und Schülern je nach Schwere der Rechtsverletzung angemessen zu reagieren: mit den Mitteln des Schulrechts, Zivil- und/oder Strafrechts. Als Beispiel für eine zivilrechtliche Handlungsmöglichkeit sei genannt, dass eine Lehrkraft Anspruch auf Unterlassung hat, wenn Schüler Bild-, Ton- oder Filmmaterial einer Lehrkraft ohne deren Zustimmung ins Internet einstellen. Da es sich hierbei auch um eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts und des Rechtes am eigenen Bild handelt wird auch ein Bestand des Strafgesetzbuches (Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes) erfüllt. Ebenso ist davon auch das Kunst- und Urhebergesetz berührt.

Unter anderem kann über die gängigen Suchmaschinen herausgefunden werden, ob etwas über eine Lehrkraft im Internet veröffentlicht ist. Und sollte etwas gefunden werden gilt: Als Betroffene aktiv bleiben.

Rosi Drayer, Hohentengen, Religionslehrerin, Mitglied im ÖPR beim SSA Lörrach