Stuttgart. Das Schreiben mit der Hand und nicht über eine Tastatur praktiziert man vor allem in den Schulen. Gab es früher sogar das im Zeugnis ausgewiesene Fach „Schönschreiben“, denkenheute manche Schulen laut über eine weitere Vereinfachung der Schrift nach. Der Sprecher des Verbandes Bildung und Erziehung (VBE) warnt davor, eine gefällige, gut lesbare Schrift als unwichtig abzutun.
Aus der Sütterlinschrift entwickelte sich die „Deutsche Volksschrift“. Nach dem zweiten Weltkrieg mussten die Schüler neben den Druckbuchstaben die „Lateinische Ausgangsschrift“ erlernen, deren Rundungen und Schnörkel manchen Pädagogen später ein Dorn im Auge waren. „Schönschreiben“ als eigenständiges Unterrichtsfach war schon lange abgeschafft, da durften Schulen ab den Neunziger Jahren als Alternative auch die „Vereinfachte Ausgangsschrift“ verwenden.
Ein Drittel der Jungen und zehn Prozent der Mädchen hätten, so heißt es, am Ende der Grundschulzeit eine unleserliche Handschrift. Deshalb erproben seit 2011 einige Schulen die Grundschrift, eine Art Druckschrift, dessen Buchstaben sich gelegentlich berühren. Der VBE-Sprecher warnt davor, beim Schrifterwerb in der Eingangsstufe und während der ganzen Grundschulzeit die Freude am Schreiben zu vernachlässigen. Die Schule sei für viele Heranwachsende der einzige Ort, an dem die Fähigkeit, mit der Hand zu schreiben, überhaupt noch ein Thema ist. „Im Zeitalter von Computern und Smartphones wird leider mehr auf Tastaturen getippt als der Umgang mit Füller und Schreibstift gepflegt. Das Kulturgut Handschrift wird zur Nebensache“, moniert der VBE-Sprecher.Damit das Schreibenlernen aufgewertet werden kann, müssen an den Grundschulen entsprechende Arbeitsbedingungen herrschen. Dazu gehört ausreichendes Lehrpersonal und Zeit, damit die Grundschulkinder in Ruhe und ohne Druck das Schreiben üben können, denn Übung gehört nun einmal dazu. Die jungen Schüler sollten das Schreiben als einen positiven Prozess erleben, an dem sie wachsen und reifen.
Leider geraten an den Schulen auch andere Kulturtechniken wie Singen, Malen oder Musizieren mehr und mehr ins Hintertreffen. Unterrichtsfächer, die vermeintlich nicht fürs „Weiterkommen“ wichtig sind, werden an den Rand gedrängt und verlieren weiter an Bedeutung. Natürlich soll die Schule nicht zum Schönschreibdrill zurückkehren, aber trotzdem daran arbeiten, die Vorzüge einer gut lesbaren Schrift aufzuzeigen und ein gefälliges Schriftbild als Ausdruck von Individualität intensiv zu pflegen.
19. April 2013