Das neue Schulleitungsbesetzungsverfahren

Mangelnde Reformfreudigkeit kann man dieser Landesregierung mit Sicherheit nicht vorwerfen. Hilfreich wäre es allerdings, wenn die Auswirkungen solcher Reformen im Vorfeld besser überdacht würden und das von diesen Auswirkungen betroffene Umfeld besser auf Neuerungen vorbereitet würde. Der Verband Bildung und Erziehung (VBE) beklagt, dass Zeitdruck und das ständige Schielen nach der Haushaltskasse die Qualität der beabsichtigten Maßnahmen mindern. Kosmetik macht noch keine Neuerung und erst recht keine Qualität aus. So bleiben viele gute Ansätze bereits im Startloch hängen. Manches erscheint aber auch ideologiebehaftet und passt deshalb wenig zu den gegebenen Rahmenbedingungen.

Sonja Dannenberger, Rektorin, Talschule Wehr
Sonja Dannenberger,
Rektorin, Talschule Wehr

Auch im Hinblick auf das neue Schulleitungsbesetzungsverfahren wird einiges davon sichtbar. Einerseits gibt es Schulkreise, in denen wegen der landesweit schlechten Rahmenbedingungen für die Schulleitung fast 10 Prozent der Schulen auf zum Teil vergeblicher Rektorensuche sind, andererseits werden die Bedingungen für die Gewinnung von Schulleitungen verschärft. Dies geschieht momentan durch die Neuregelung der im Auswahlverfahren gestellten Anforderungen wie auch durch die Einführung der Drittelparität in der Schulkonferenz. Weiterhin notwendig wäre allerdings das seit Jahren vom VBE geforderten Begleit- und Unterstützungspaket für Schulleitungen in der Probezeit. Dieses allerdings scheint wieder einmal an der Bereitschaft der Finanzpolitiker zu scheitern, den Schulämtern genügend Personal für diese zusätzliche, wichtige Aufgabe bereitzustellen. Wir sehen: Es bleiben für den VBE viele Felder zu bearbeiten. Die zwei wichtigsten Schritte aber muss die Politik bald leisten, damit Schulleitung wieder attraktiv wird: Mehr Zeit für Schulleitungen zum Gestalten von Schule und eine totale Überarbeitung des Gehaltsgefüges. So lange es Mitglieder der Schulleitung gibt, die genauso viel oder weniger verdienen als die nachgeordneten Lehrkräfte, so lange wird sich der Run auf die verantwortungsvollen Posten in Grenzen halten. Wenn das Land bei den Schulleitungen weiterhin nach Eignung, Leistung und Befähigung eine Bestenauslese betreiben will, sollte es schnellstens danach streben, dass eine Auslese überhaupt möglich wird. Bei vielfach nur einer Bewerbung pro Stellen wird das Wort ‚Auslese‘ zur Farce.

Schritt für Schritt zur Schulleitung

Vorbereitungen

Durch die kürzlich erfolgte Harmonisierung des Verfahrens in den einzelnen Regierungsbezirken wurden Bestandteile des neuen Verfahrens zur Gewinnung von Schulleitungen bereits vorab in die Tat umgesetzt. Auch die von den dadurch entstandenen Neuerungen betroffenen Verfahren werden nach der bisher geltenden Verwaltungsvorschrift durchgeführt. Sobald die Überarbeitung aber in Kraft tritt (das ist zu Beginn des Schuljahres 2014/15 vorgesehen), werden die Neuerungen greifen. Werfen wir also einen Blick darauf, wie künftig Schulleitungen gewonnen werden sollen:

Die Ausschreibung soll wie bisher im Amtsblatt K.u.U. erfolgen, wird allerdings von einer erweiterten Ausschreibung im Netz begleitet. In der erweiterten Ausschreibung spiegelt sich das schulspezifische „Anforderungsprofil Schulleiterinnen/Schulleiter“ wider. Das Formblatt für die Bewerbung wird von der Schulaufsicht (in der Regel Schulamt) unmittelbar den betroffenen oberen Schulaufsichtsbehörden vorgelegt (gegebenenfalls also auch  Regierungspräsidien bei Bewerbungen nach außerhalb).

Nach der Erstellung der Bewerberübersicht wird beim Regierungspräsidium eine vierköpfige Auswahlkommission gebildet, der zwei Mitglieder der Schulaufsicht angehören. Der Schulträger und die Schulkonferenz entsenden je ein weiteres Mitglied, die innert vier Wochen benannt werden. Diese Auswahlkommission soll sich idealerweise während des gesamten Verfahrens nicht verändern. Scheidet dennoch ein Mitglied aus, so hat es einen Beitrag zu verfassen, damit die von ihm begleiteten Prüfungsteile in die Endwürdigung mit einfließen. Diese beiden Mitglieder der Auswahlkommission werden schriftlich auf ihre Verschwiegenheit verpflichtet, die über das Verfahren hinaus andauert. Sie nehmen am Überprüfungsverfahren teil um Transparenz herzustellen. Ihre Eindrücke werden in die Bewertung der Überprüfungsmaßnahmen miteinbezogen. Die Beauftragte für Chancengleichheit (BfC) erhält auf jeden Fall diese Bewerberübersicht auch. Falls Schwerbehinderte unter den Bewerbungen sind, gilt dies auch für die Vertretung der Schwerbehinderten.

Überprüfungsverfahren

Unabhängig von einer vorliegenden Regelbeurteilung wird eine Anlassbeurteilung durch den Vorgesetzten erstellt. Dies kann entfallen, wenn die vorhergehende Anlassbeurteilung nicht älter als zwei Jahre ist. Sie ist aber in der Regel dennoch zu erstellen, wenn sich Status oder Aufgabenbiet seit der letzten Fertigung der Anlassbeurteilung verändert haben. Der Prüfungsteil „Unterrichtsanalyse mit Beratung“ umfasst eine Unterrichtseinheit in einem nicht affinen Fach. Das „Bewerbergespräch“ erfolgt in Form eines strukturierten Interviews. Der Bewerber/die Bewerberin bereitet die mediengestützte Präsentation eines Sachverhaltes vor und bearbeitet eine schwierige schulische Alltagssituation. Diese vier Prüfungsteile des weiteren Überprüfungsverfahrens sind für jede jeweils zu besetzende Stelle neu durchzuführen. Sie werden in verbalisierter Form bewertet: Anforderungen hervorragend erfüllt …gut erfüllt …im Wesentlichen erfüllt …nicht erfüllt.

Diese erbrachten Leistungen werden zusammengefasst, begründet und an die beiden Mitglieder des Schulträgers und der Schulkonferenz übersandt, bevor deren Gremien ein Votum für den Besetzungsvorschlag abgeben.

Bevor die Gremien beteiligt werden, informiert die Schulaufsicht die Bewerber. Diese können eine Besprechung verlangen. Frühestens fünf Arbeitstage danach werden die Gremien informiert.

Abschluss des Besetzungsverfahrensverfahrens

Die Auswahlkommission bestimmt in einer Mehrheitsentscheidung (bei Stimmengleichheit bestimmt die Schulaufsicht) den Besetzungsvorschlag. Zuvor kann die Schulaufsicht ein Gespräch mit den weiteren Mitgliedern der Auswahlkommission führen.

Nach der Entscheidung wird dem Schulträger und der Schulkonferenz ein Merkblatt über das Verfahren und die Blätter 1 bis 4 der Bewerberübersicht überlassen. Nach der Gremienbeteiligung fasst die Schulaufsichtsbehörde die Ergebnisse in einem Abwägungsvermerk zusammen. Im Dissensfall trifft das Ministerium unter Berücksichtigung aller vorliegenden Unterlagen die Besetzungsentscheidung.

Schlussendlich erhalten die ernennende Stelle, der Bezirkspersonalrat und ggfls. die Schwerbehindertenvertretung eine Bewerberübersicht als Information. Personalrat und Schwerbehindertenvertretung werden nach den einschlägigen Bestimmungen am Verfahren beteiligt.

Stellvertretende Schulleitungen im GHWRGS-Bereich

Das Verfahren wird vom (ggfls. aufnehmenden) Schulamt geführt. Es entscheidet auch über den Besetzungsvorschlag auf der Basis von Eignung, Befähigung und Leistung. Neben der Erstellung einer Anlassbeurteilung erfolgt ein Bewerbergespräch. Das Verfahren schließt ab mit der Beurteilung besonders gut geeignet …gut geeignet …geeignet oder …nicht geeignet.

Die Schulleitung wird am Bewerbungsverfahren beteiligt. Sie erhält eine Bewerberübersicht und soll als Beobachter am Bewerbergespräch teilnehmen. Sie gibt gegenüber dem Schulamt eine Stellungnahme ab. Bei einvernehmlichem Besetzungsvorschlag wird dies in der Bewerberübersicht festgehalten. Andernfalls erhält die Schulleitung nach Mitteilung eines anderen Besetzungsvorschlages nochmals die Gelegenheit zur Stellungnahme, die dem Besetzungsvorschlag beigefügt wird. Auch eine Nichtstellungnahme der Schulleitung wird dort vermerkt. Stellungnahmen der Schulleitung im Rahmen dieses Besetzungsverfahrens haben nicht den Charakter einer dienstlichen Beurteilung.

Besetzung von Fachberaterstellen in der Schulaufsicht

Das Verfahren wird vom Regierungspräsidium geführt und erfolgt auf Basis der Bestenauslese. Das Verfahren besteht aus einer Anlassbeurteilung, einem Bewerbergespräch sowie einer Unterrichtsanalyse mit Beratung und endet mit einer der folgenden Beurteilungen: besonders gut geeignet …gut geeignet …geeignet oder …nicht geeignet.

Besonders diesen Teil des neuen Besetzungsverfahrens hält der VBE für völlig überzogen, da am Ende eine finanzielle „Beförderung“ von 38,81 EUR brutto monatlich steht. Leider ist auch gerichtlich festgestellt, dass eine anteilige Kürzung bei Teilzeitkräften gesetzeskonform ist.

Fazit

Der VBE begrüßt jegliche Qualitätsverbesserung im Bereich Schule und Unterricht. Er steht zum Leistungsprinzip und befürwortet eine Bestenauslese. Die Politik hat dafür den erforderlichen Rahmen zu schaffen, indem er die Schulaufsicht personell in die Lage versetzt, solche Verfahren ordnungsgemäß durchzuführen.

Bewerberinnen und Bewerber für Leitungsfunktionen sind nach ihrer Bestellung / Ernennung nicht nur in der Probezeit zu unterstützen und wertschätzend zu begleiten. Stellenbesetzungssperren und persönliche Wartezeiten stehen diesem Anliegen entgegen. Zeitliche Entlastungen für Funktionsinhaber sind dringend notwendig um ihr Amt nicht nur verwaltend, sondern auch gestaltend wahrnehmen zu können. Eine Überarbeitung des Gehaltsgefüges ist dringend geboten.