Schulen brauchen Qualität

Wenn das Land Baden-Württemberg die Gemeinschaftsschule nach und nach in der Fläche installieren will, sollten nach Ansicht der Junglehrervertreterin des Verbandes Bildung und Erziehung (VBE) im Landesbezirk Süd-Württemberg, Kerstin Türk (Bad Saulgau), bereits die Anfangsvoraussetzungen so geschaffen werden, dass ein attraktives Novum entsteht, das sich nicht dem Diktat des Rotstifts bereits von Beginn an unterwerfen muss.

Kerstin Türk, Junglehrervertreterin im VBE Südwürttemberg

Für alle anderen Schularten sei es jedoch ebenso wichtig, so Türk, dass sie an diese bessere Ausstattung anknüpfen können. Schülerinnen und Schüler haben überall im Land ein Recht auf eine optimale Ausbildung und gerade diese Regierung sei angetreten um mehr Bildungsgerechtigkeit zu schaffen. Das könne und müsse eben auch bedeuten, so Kerstin Türk, dass der 100 Prozent – Bereich der Direktzuweisungen für alle Schularten endlich wieder erweitert werden muss. Stütz- und Förderkurse, die in früheren Zeiten verpflichtend den Schulen zugewiesen wurden, waren in den letzten Jahren Mangelware. Kürzungsmaßnahmen dieser Art wurden dazu benutzt, um die Lehrerarbeitszeit zu verdichten um Erfolge bei den Neueinstellungen verbuchen zu können. Letzteres erkennt der VBE für die frühere CDU-/FDP-Regierung lobend an.

 

Bei Grün-Rot haben sich die Vorzeichen im Zuge zurückgehender Schülerzahlen geändert. Obwohl der VBE weiterhin für die Schaffung neuer Stellen eintritt -für eine bessere Schule gibt es noch so viel zu tun-, bedeutet es heute schon ein Fortschritt, wenn Lehrerstellen im System „Bildung“ erhalten werden können. Allerdings treffe man bereits jetzt das alte -keineswegs vorbildliche- Modell an: Während die millionenschwere Wunschliste der Ministerin Zeitungsseiten (nicht nur -spalten) füllte, sind auch die Pädagogischen Assistenten ein Opfer dieser Entwicklung. Mit den Neueinstellungen ab 1.9.2012 hat sich die Landesregierung ein System ausgedacht, eben diese Neueinstellungen so zu erschweren, dass es dann in diesem Bereich kaum noch neue Pädagogische Assistenten geben wird. Überall -besonders in ländlichen Gebieten- fehlen Krankheitsvertretungen. Auch hier wird der VBE als Lehrervertretung Kultusministerin Gabriele Warminski-Leitheußer an ihren Aussagen messen. Wie in jedem ordentlich planenden Betrieb der freien Wirtschaft braucht auch der Staat eine Krankheitsreserve von 5 Prozent. Die derzeitige Krankheitsreserve ist bereits zu Schuljahresbeginn aufgebraucht. Nach den Forderungen des VBE müssen die zur Verfügung stehenden Krankheitsvertretungen von derzeit 1250 schrittweise auf 5000 Stellen erhöht werden.

14.11.2011

Lehrer wollen nur noch selten Rektor werden

 

VBE: Ohne eine Bestenauswahl leidet die Qualität der Schulen

 

VBE Landesvorsitzender Gerhard Brand

Gerhard Brand, VBE Landesvorsitzender

Stuttgart. „Die Schulen werden in den nächsten Jahren wegen anstehender Pensionie­rungen viele neue Rektoren und Stellvertreter benötigen, dabei ist es bereits heute sehr schwer, genügend Lehrer für Leitungsaufgaben zu gewinnen“, sorgt sich der Vorsitzende des Verbandes Bildung und Erziehung (VBE), Gerhard Brand. Immer weniger Pädagogen wollen selber Chef werden. Manche Stellen müssten wiederholt ausgeschrieben werden. Oft suche die Schulaufsicht händeringend nach geeignetem Personal, was nicht gerade für die Attraktivität des Leitungsamtes spreche. „Wenn es keine Bestenaus­wahl mehr gibt, leidet auf Dauer die Qualität der Schulen“, warnt Brand.

Meist gibt es für frei gewordene Rektoren- und Konrektorenstellen – wenn über­haupt – nur einen Bewerber oder eine Bewerberin. Immer wieder mussten Schul­leitungsstellen erneut ausgeschrieben werden, weil sich zunächst kein Interes­sent gemeldet hatte, auch wenn der Schulstandort selber durchaus attraktiv war. Landesweit gibt es – vor allem im Grund-, Haupt- und Werkrealschulbereich – im Schnitt für jede zweite Schulleitungsstelle nur einen Bewerber. Von einer echten „Auswahl“ könne da schon lange nicht mehr die Rede sein, sagt Brand.

Die zunehmende Arbeitsbelastung der Rektoren ist nicht gut für die Schulen. Die Stundenermäßigungen für Schulleitungen orientieren sich an der Zahl der Klassen. Durch zurückgehende Schülerzahlen nehmen Anrechnungsstunden für Leitungsaufgaben zwangsläufig ab, obwohl die Arbeit durch problematischere Schüler eher mehr wird. Die Aufgaben nehmen auch weiter zu, wenn Schulen unter dem wohlklingenden Titel „operativ eigenständige Schule“ untereinander verstärkt in Wettbewerb treten, sich in kleinere „Wirtschaftsbetriebe“ mit eige­nem Budget verwandeln und Rektoren zwangsläufig zu „Managern“ werden.

„Schulleitungen brauchen die Unterstützung durch Politik und Kultusverwal­tung“, fordert der VBE-Landeschef, „denn sie können unter den derzeitigen Ar­beitsbedingungen ihre Aufgaben nicht mehr so erfüllen, wie es notwendig und für die Schulen gut wäre.“ Schon gar nicht könnten die Rektoren unter den aktu­ellen Bedingungen dem Anspruch des ´Motors der Schulentwicklung´, des Im­pulsgebers, des Team- und Personalentwicklers oder des innovativen Gestalters gerecht werden. „Obendrein ist das Besoldungsgefüge für Schulleiter ganz schön in Schieflage geraten“, moniert Brand den finanziell meist weniger attrak­tiven Anreiz, Verantwortung in einer Leitungsfunktion zu übernehmen.

14. August 2011