Stuttgart. Etliche der bis vor kurzem noch 1 200 Haupt-/Werkrealschulen im Land konnten keine neue fünfte Klasse mehr bilden, manche mussten bereits schließen oder werden demnächst abgewickelt. Nicht alle Hauptschullehrer stehen unmittelbar vor der Pensionierung und machen sich daher Sorgen, an welcher Schule sie noch unterrichten dürfen. Der Verband Bildung und Erziehung (VBE) Baden-Württemberg fordert eine klare Stellungnahme vom Kultusministerium, was mit den Hauptschullehrern ohne Hauptschule geschehen soll.
Noch bis zum letzten Wintersemester studierten künftige Pädagogen auf das Lehramt an Grund- und Hauptschulen, wobei der Stufenschwerpunkt auf eine der beiden Schularten gelegt wurde. Jetzt werden Grund- und Hauptschullehrer im Studium getrennt ausgebildet. Die Hauptschule – auch zur Werkrealschule weiterentwickelt – ist eine „bedrohte Schulart“ und steht vor dem Aussterben, obwohl dort solide gearbeitet wird. Während Schüler auf andere Schularten streben, hängen die Hauptschullehrkräfte ohne Hauptschulen in der Luft. Wer Jahre oder Jahrzehnte lang in oberen Klassen unterrichtet hat, wird Schwierigkeiten haben, sich plötzlich auf Erstklässler einzulassen. Gemeinschaftsschulen sind in manchen Regionen nicht oder in noch zu geringer Zahl vorhanden, und an Realschulen oder Gymnasien dürfen Hauptschullehrer laufbahntechnisch (noch) nicht eingesetzt werden. „Die Hauptschullehrkräfte hängen in der Luft“, rügt VBE-Chef Gerhard Brand diese ungute Situation, „zumal die immer wieder angemahnten Schulentwicklungspläne auch noch nicht auf dem Tisch liegen.“
Der VBE fordert das Kultusministerium auf, sich jetzt Gedanken über den weiteren beruflichen Einsatz der Hauptschullehrer zu machen und die Ergebnisse möglichst zeitnah zu veröffentlichen. Die Hauptschullehrer hatten schon in der Vergangenheit im Vergleich zu Lehrern anderer Schularten einen schwereren Stand gehabt. Die qualitativ hochwertige Arbeit der Hauptschullehrer fand – wenn überhaupt – nur äußerst selten Anerkennung. „Man sollte nun diesen Lehrkräften nicht auch noch aus dem von der grün-roten Landesregierung eingeleiteten Bildungsaufbruch einen Strick drehen. Das haben diese engagierten Pädagogen, die Kärrnerarbeit geleistet haben, nicht verdient“, sagt Brand.
30. Dezember 2012