Vor allem seit dem Wegfall der Verbindlichkeit der Grundschulempfehlung dürfen sich Realschulen und Gymnasien über eine erhöhte Nachfrage freuen. Eltern „versuchen“ trotz einer anders lautenden Empfehlung, ihrem Kind den höherwertigen Abschluss zu ermöglichen. Das Kultusministerium tut ein Übriges, indem es die steigenden Übergangszahlen – insbesondere von Kindern mit Migrationshintergrund – als Erfolg verkauft, so, als hätten die Schüler schon allein mit dem Übertritt auf das Gymnasium das Abitur bereits in der Tasche.
Der Verband Bildung und Erziehung (VBE) Baden-Württemberg sieht mit Sorge, dass die Übergangsquoten auf die weiterführenden Schulen Jahr für Jahr statistisch penibel erfasst werden, nicht jedoch zu den an der gewählten Schulart realiter erreichten Abschlüssen in Korrelation gesetzt werden. Ein hoher Übergang auf das Gymnasium bedeutet eben nicht gleichzeitig das Ansteigen der Schüler mit erfolgreichem Abitur.
Mit einer Übergangsquote von 65 Prozent auf das Gymnasium liegt die Stadt Heidelberg im oberen Bereich. Wenn in großen Städten wie Stuttgart oder Mannheim nicht einmal zehn Prozent der Kinder in einer Haupt- oder Werkrealschule angemeldet werden, spricht das jedoch nicht unbedingt für eine signifikante Steigerung des Leistungsvermögens und Leistungswillens der anderen Schüler.
Von den Realschulen und Gymnasien hört man sehr deutlich, dass viele Schüler stark unterstützt werden müssen, um den Anforderungen überhaupt entsprechen zu können. „Die Schüler sind überfordert und besuchen die falsche Schulart“, heißt es dann schnell. Zu Recht fordern Realschulen und Gymnasien mehr Unterstützung bei dieser neu zusammengesetzten Schülerschaft. Heterogenere Klassen können nur mit mehr Zeit, intensiverer Betreuung und damit auch mit kleineren Klassen auf Dauer erfolgreich sein.
In den Stufen 7 und 8 müssen einige Haupt-/Werkrealschulen sowie Realschulen zusätzlich neue Klassen bilden. Sogenannte „abgeschulte“ Schüler, die meist zum wiederholten Male sitzengeblieben und somit an der gewählten Schulart „gescheitert“ sind, füllen plötzlich die Klassen in der Schulart, in die man das Kind nach der vierten Klasse eigentlich nicht stecken wollte. Statistiken darüber werden nicht geführt. „Sollte es dann gar keine Hauptschule mehr in der Region geben, weil sie sukzessive alle geschlossen worden sind, wird die neue Gemeinschaftsschule zum Auffangbecken der Gescheiterten“, mahnt der VBE-Sprecher und fordert, jetzt Zahlen auf den Tisch zu legen.