Und wieder muss eine Vergleichsstudie zur gleichzeitigen Bestätigung gegensätzlicher politischer Ansichten herhalten

VBE warnt vor Diagnosestellung ohne Therapiemöglichkeiten

Stuttgart. Auch nach der jüngsten Veröffentlichung der Vergleichsstudien schulischer Leistungen von Neuntklässlern werden die Ergebnisse wieder kontrovers je nach politischem Lager interpretiert. „Man fühlt sich wieder voll und ganz bestätigt – entweder in der seitherigen Marschrichtung oder eben in der oppositionellen Kritik“, sagt Gerhard Brand, Chef des Verbandes Bildung und Erziehung (VBE). Auch dass sich diese neuesten Untersuchungen auf die Regierungszeit von Schwarz-Gelb in Baden-Württemberg beziehen und nicht von Grün-Rot, werde dabei gerne übersehen.

VBE Landesvorsitzender Gerhard Brand

Gerhard Brand, VBE Landesvorsitzender

Wenn Schulen dem Leitbild folgen “Wir machen Kinder stark“, lasse sich das nur sehr schwer in großen Vergleichsstudien untersuchen, sagt Brand. Zu tiefge­hend und zu vielschichtig seien die Anforderungen, die an valide Ergebnisse ge­stellt werden. Immer deutlicher kristallisiere sich heraus, dass sich Schulen nicht mit den Methoden von Wirtschaftsunternehmen messen und steuern lassen und dass Vergleichsstudien pädagogische und soziale Erfolge stets nur in Ausschnit­ten erfassen.

Messbarkeitshörigkeit verlangt nach harten Fakten und belastbaren Zahlen. So ist es nur natürlich, dass vor allem Mathematik und Naturwissenschaften, Lese­kompetenz und Spracherwerb in den Fokus der Untersuchungen rücken respek­tive „abgefragt“ werden und weniger soziale Kompetenzen, musisch-ästhetische Aspekte, Arbeitszufriedenheit oder die psychische Stabilität der Schüler.

Material- und Zeitaufwand der Untersuchungen stehen häufig in keinem ver­nünftigen Verhältnis zu der Unterstützung, die eigentlich auf suboptimale Er­gebnisse folgen müsste. Weder notwendige Stütz- und Förderstunden noch kleinere Klassen noch ausreichend pädagogisches Personal gibt es als Konse­quenz zur Behebung festgestellter Defizite. „Nicht die Diagnose verbessert die Qualität schulischer Arbeit. Man benötigt vor allem die passende `Medizin´ und eine adäquate `Therapie´, um den Lernerfolg der Schüler zu optimieren“, sagt VBE-Chef Gerhard Brand. Tests und Vergleichsstudien können in bestimmten Bereichen zwar Defizite aufzeigen, aber eben nicht beseitigen. Und alles lasse sich in der Schule sowieso nicht in Schaubilder und Tabellen pressen, so Brand.