VBE sieht niedrige Sitzenbleiberquote an Hauptschulen vornehmlich in der Versetzungsordnung begründet

Zumeldung zu:

Statistisches Landesamt Nr. 249/2011 – Nichtversetzte 2010

An Hauptschulen und Realschulen niedrigste Quote seit

dem Jahr 2000

 

Stuttgart. Der Verband Bildung und Erziehung (VBE) Baden-Württemberg freut sich gleichfalls über die niedrige Sitzenbleiberquote an den Haupt- und Real­schulen, sieht aber die Hauptursache für die erfreulich wenigen Nichtver­setzungen an Haupt­schulklassen (1,4 Prozent) vor allem in der „großzü­gigeren“ Versetzungs­ord­nung begründet.

Vier Fächerver­bünde, die Noten aus verschiedenen Disziplinen zu einer Fach­note bündeln – etwa in „MNT“ (Materie, Natur, Technik), nivellieren einzelne Spit­zenleis­tungen und auch Ausrutscher nach unten zu einer weniger aussage­kräf­tigen Durch­schnittsnote auf mittlerem Niveau.

Obendrein kann sich ein Hauptschüler zweimal die Note „mangelhaft“ im Zeugnis leisten – sogar in Hauptfächern -, ohne sitzenzubleiben. Ein dritter Fün­fer – etwa in Mathematik – kann mit einer Zwei in Sport ausgeglichen werden. Ein „Mangelhaft“ im Hauptfach Englisch zählt überhaupt nicht zur Versetzung.  „Da gehört schon eine besondere Begabung dazu, nicht versetzt zu werden“, spöttelt der VBE-Sprecher. Trotzdem wünsche sich der VBE mehr Möglich­kei­ten, gerade Hauptschüler noch mehr unterstützen zu können, da Noten nicht alles seien. Eine individuelle För­derung sei in Klassen mit über 30 Schülern nur sehr schwer umzusetzen. Der Klassenteiler müsse deshalb dringend weiter ge­senkt werden, fordert der Spre­cher.

Der VBE begrüßt ausdrücklich die Senkung des Teilers von 31 auf 30 Schüler pro Klasse fürs kommende Schuljahr, sieht hier aber noch einen erheblichen Handlungsbedarf.

29. Juli 2011

VBE warnt: Bildung ist mehr als ein gutes Zeugnis – Kleinere Klassen kein Luxus, sondern Notwendigkeit

Stuttgart.

Rund sechs Arbeitswochen vor dem Schuljahresende und den Zeugnissen fängt für Schüler mit schlechteren Zensuren das große Zittern an, ob die Noten für eine Versetzung ausreichen. Trotz dieser für viele sicher berech­tigten Sorge warnt der Verband Bildung und Erziehung (VBE) davor, alles Lernen lediglich nach Zeugnissen auszurichten. Eine umfassende Bildung beinhaltet mehr, als gute Klassenarbeitsnoten einzusammeln.

VBE Pressesprecher Michael Gomolzig

Michael Gomolzig

„Leider geht es heute immer weniger um Lern- und Bildungsinhalte als vielmehr um Punkte, Zensuren, Zertifikate und von Computern errechnete Rankinglis­ten“, bedauert der VBE-Sprecher die ungute gesellschaftliche Entwicklung.

Die meisten Schüler lernen nach dem Motto: In möglichst kurzer Zeit mög­lichst viel Stoff aufnehmen, diesen „zwischenspeichern“, möglichst präzise in der Klassenarbeit wiedergeben, dadurch gute Noten einheimsen und danach das Gelernte als unnötigen Ballast rasch wieder vergessen. Eine solche zweckopti­mierte Vorgehensweise leistet weder einen Beitrag für das geistige Durchdrin­gen eines Fachgebietes noch für vernetztes Forschen.

Am Ende der Grundschulzeit sollten alle Kinder die Kulturtechniken Lesen, Schreiben und Rechnen sicher beherrschen. Für den schulischen Erfolg entschei­dend ist dabei das Lernen mit allen Sinnen, also mit Kopf, Herz und Hand. Das ist keine neumodische Erkenntnis, sondern ein methodischer Ansatz, den der Schweizer Pädagoge Pestalozzi schon vor 200 Jahren praktiziert hat. Schüler lernen im Unterricht vor allem durch eigenständiges, praktisches Tun. Sie erfas­sen dabei Regeln des Lernens, erkennen eigene Stärken und Schwächen, planen und steuern Lernprozesse und überprüfen die Ergebnisse. Dabei lernen die Schüler nicht für Noten, sondern in erster Linie für sich selbst.

Zu einer guten Lernkultur gehört ein entsprechend sensibler Umgang mit Feh­lern. Wenn Kinder und Jugendliche ständig Angst vor schlechten Noten haben müssen und glauben, bestimmte Aufgaben nicht bewältigen zu können, bleiben Neugier, Experimentier- und Lernfreude auf der Strecke. „Schüler müssen Feh­ler machen dürfen“, unterstreicht der VBE-Sprecher. Damit Kinder und Jugend­liche individuell gefördert werden können, benötigen Lehrer für jeden einzelnen Schüler sehr viel Zeit. „Deshalb sind deutlich kleinere Klassen und Lerngruppen zwingend notwendig und kein Luxus“, so der VBE-Sprecher.

29.05.2011