Idole können gute oder schlechte Vorbilder für Schüler sein
Stuttgart. „Wenn Rüpeleien von Fußballstars in Großaufnahme im Fernsehen gezeigt werden, braucht man sich nicht zu wundern, wenn Jugendliche dieses negative Verhalten ihrer Idole nachahmen“, sagt Gerhard Brand, Vorsitzender des Verbandes Bildung und Erziehung (VBE) Baden-Württemberg anlässlich der am Freitag beginnenden Fußball-Europameisterschaft. Die Jugend sei immer ein Spiegel der Gesellschaft; und was man von Kindern und Jugendlichen an positivem Verhalten erwarte, sollte von Erwachsenen vorgelebt werden, und besonders, wenn sie als prominente Vorbilder gelten.
Kinder und Jugendliche orientieren sich an (vermeintlichen) Stars und Idolen, deren unsportliches Verhalten, deren Rüpeleien, Ausfälligkeiten und Ungezogenheiten sie als „vorbildlich“ ansehen und deshalb ohne Gewissensbisse nachmachen. Ob unfair zutretende, auf den Boden spuckende oder sich mit bloßen Fingern die Nase schnäuzende Fußballer, ob halbnackte Schlagersternchen, pöbelnde und lärmende Rockmusiker oder unflätig fluchende Schauspieler in TV-Gerichtsshows: solche ständig präsenten Negativbeispiele erschweren Eltern und Lehrern durch die falsche Vorbildfunktion die tägliche Erziehungsarbeit.
Die Gesellschaft fordert zu recht, wieder mehr auf gutes Benehmen und Höflichkeit zu achten, akzeptiert aber oder bejubelt sogar bei Showgrößen und Stars auf dem Rasen oder der Bühne ungehobelte und exzentrische Verhaltensweisen, die jedem Schüler einen Verweis durch den Schulleiter oder einen zusätzlichen Besinnungsaufsatz „Wie benehme ich mich richtig“ einbringen würden.
Fußball als schönste Nebensache der Welt hat auch eine erzieherische Funktion. Diese kann sich positiv oder negativ auf Kinder und Jugendliche auswirken. „Die Sportler sollen ihre ständige Vorbildfunktion auf dem Rasen und bei ihren Auftritten vor den Fernsehkameras nicht vergessen“, sagt VBE-Chef-Brand. Die Ballkünstler beeinflussen durch ihr Verhalten die Jugend mehr, als sie es oft selber wahrhaben wollen. „Was nützt es“, moniert Brand, „wenn der Sportlehrer in Schule und Verein Fairplay predigt, die großen Fußballstars aber mehr die hässlichen Seiten des Mannschaftssports zeigen. Nicht nur Eltern und Lehrer versuchen, Kinder und Jugendliche gut zu erziehen; große Vorbilder erreichen da unbewusst meist noch viel mehr, zum Positiven als auch zum Negativen.“
7. Juni 2012